Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Unrechtmäßige Gebühren für Überdachung in Niedertaufkirchen

Nach Verwaltungsgerichtsurteil: So können Gemeinden bei Terrassen dennoch abkassieren

Darum geht es: Gehört die Terrasse zum Haus oder nicht? Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes nicht. Somit seien auch keine Gebühren für Wasser und Abwasser fällig.
+
Darum geht es: Gehört die Terrasse zum Haus oder nicht? Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes nicht, das nun auch den Antrag auf Zulassung einer Berufung abgelehnt hat. Somit sind zukünftig auch keine Gebühren für Wasser und Abwasser mehr fällig, wenn dies die Gemeinde nicht ausdrücklich in der Beitragssatzung definiert.

Berufung abgelehnt, das Urteil gegen unrechtmäßig erhobene Gebühren für eine Terrassenüberdachung in Niedertaufkirchen ist damit rechtskräftig. In einem Rundschreiben hat der Bayerische Gemeindetag sogleich eine neue Handlungsempfehlung herausgegeben. Darin steht auch, wie Gemeinden dennoch an die Beiträge kommen können.

Niedertaufkirchen - Aus der Handlungsempfehlung geht eines klar hervor: Es gibt kein Gesetz, dass es einer Kommune nicht erlauben würde, Gebühren zu überdachten Terrassen und Balkonen zu erheben. Das Rundschreiben vom 17. April 2023 richtet sich an Städte, Märkte und Gemeinden sowie Verwaltungsgemeinschaften, Zweckverbände und kommunal beherrschte juristische Personen und geht noch einmal detailliert auf die „Herstellungsbeitragspflicht von fest überdachten Terrassen und Balkonen“ ein.

Wann sind die baurechtlichen Kriterien eines Gebäudes erfüllt?

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) habe mit seinem Beschluss vom 27. März 2023 nunmehr seine Rechtsauffassung hinsichtlich der Auslegung des Paragrafen offenbart, der die Einziehung von Herstellungsbeiträgen einfordert, heißt es in diesem Schreiben. Laut Mustersatzung seien auch fest überdachte Terrassen und Balkone, deren Überdachung also auf Pfosten oder ähnlichem ruht und die damit die baurechtlichen Kriterien eines Gebäudes erfüllen, von der Anwendung erfasst.

„Im Ergebnis obliegt es damit nach unserer Einschätzung zukünftig den Satzungsgebern, ob sie die Geschossflächen von fest überdachten Terrassen und Balkonen als beitragspflichtige Geschossflächen im Sinne des Maßstabs der vorhandenen/tatsächlichen Geschossfläche erfassen wollen oder eben nicht“, heißt es in diesem Schreiben, das Dr. Franz Dirnberger, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Gemeindetages, unterzeichnet hat.

Bisherige Veranlagungspraxis ist maßgeblich

Maßgeblich für die Entscheidung dürften nach Ansicht des Gemeindetags stets die bisherige Veranlagungspraxis sowie gegebenenfalls noch anhängige Widerspruchs- oder Klageverfahren sein.

Abrechnen oder nicht abrechnen - das ist die Frage

Satzungsrechtlich gibt es laut Gemeindetag zwei Möglichkeiten, Anpassungen vorzunehmen: Abrechnen oder nicht abrechnen. Wollte eine Gemeinde beziehungsweise ein Zweckverband fest überdachte Terrassen und Balkone nicht zur beitragspflichtigen Geschossfläche zählen, genüge es, in der jeweiligen Satzung zum Beitragsmaßstab den Passus aufzunehmen: „Balkone, Loggien und Terrassen bleiben außer Ansatz, wenn und soweit sie über die Gebäudefluchtlinie hinausragen.“

Dr. Dirnberger geht in dem Schreiben sogar noch weiter: „Dies dürfte folglich dann auch in Bezug auf Garagen und Carports gelten, sodass die noch vom VG Ansbach im Jahr 2014 geäußerten Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Herausnahme derselben von der Beitragspflicht - es sei denn diese verfügen über einen tatsächlichen Anschluss - im Lichte der nunmehr erfolgten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sich erledigt haben dürften.“

Ausdrückliche Bestimmung der Beiträge

Die wichtige Erkenntnis, die der Gemeindetag nun den Kommunen weitergibt: „Der Entscheidung des BayVGH vom 27. März 2023 ist nach unserem Dafürhalten nicht zu entnehmen, dass eine Beitragspflicht von fest überdachten Terrassen und Balkonen generell unzulässig sei.“ Gemeinden beziehungsweise Zweckverbände, die daher weiterhin oder zukünftig an der Festsetzung von Geschossflächenbeiträgen für diese Flächen festhalten wollen, sollten dies aber in ihrer Satzung nunmehr ausdrücklich bestimmen.

Kläger bekommt knapp 500 Euro zurück

Dies könne nach Auffassung des Gemeindetages am einfachsten durch die komplette Streichung des besagten Paragrafen erfolgen. Eine Alternative wäre die Beibehaltung dieser Regelung mit einem sinngemäßen Zusatz, dass Balkone, Loggien und Terrassen sehr wohl beitragspflichtig wären, wenn sie von „die baurechtlichen Kriterien eines Gebäudes erfüllen.“

Für den Niedertaufkirchener Roland Kirsch spielt das keine Rolle mehr. Er hat geklagt, recht bekommen. Und kann sich nun darüber freuen, dass er knapp 500 Euro zu viel entrichteter Beiträge zurückbezahlt bekommt.

Gemeinde Niedertaufkirchen korrigiert Aussagen von Kirsch

Roland Kirsch hatte nach der Ablehnung der Berufung in einem Zeitungsbericht festgestellt, dass jede Grundlage fehle, um im Nachhinein noch eine Beitragspflicht für überdachten Terrassen zu beschließen. Er behauptete, dass Winkler die Absicht geäußert habe, die Satzung entsprechend zu verändern. Dem widersprechen der Bürgermeister und die Gemeinde. „Der Erste Bürgermeister äußerte in der Bürgerversammlung und mit E-Mail vom 4. April 2023 an die Presse, dass aus Sicht der Gemeinde Niedertaufkirchen eine Rückzahlung der Beiträge oder eine Anpassung der Satzung denkbar seien und dass sich der Gemeinderat in einer seiner nächsten Sitzungen mit dem weiteren Vorgehen befassen wird. Insoweit wurde hier keine Absicht geäußert, die Satzung zu ändern, sondern die zu dem Zeitpunkt denkbaren Möglichkeiten dargestellt.“

Auf eine weitere Äußerung Kirschs bezieht die Gemeinde außerdem Stellung. Kirsch hatte vermisst, dass aus der Bevölkerung vorgebrachte Bedenken und Argumente genauer geprüft werden und sich die Gemeinde mit diesen ernsthaft auseinandersetzt, „bevor Widersprüche abgelehnt werden“. Kirsch habe nach eigener Darstellung in zahlreichen Gesprächen versucht, seine Bedenken darzulegen. Eine Antwort sei man ihm aber schuldig geblieben. Die Gemeinde widerspricht dieser Aussage. Wie die Verwaltungsgemeinschaft sowie Bürgermeister Winkler mitteilen, habe sich die Gemeinde mit den Bedenken im Rahmen des Widerspruchsverfahrens auseinandergesetzt und diese geprüft. „Hierbei wurde eine vom Bayerischen Gemeindetag empfohlene Kommentierung angewandt. Der Widerspruch wurde im Gemeinderat behandelt. Der Widerspruchsführer hat eine schriftliche Antwort mit der Beschlussabschrift aus der entsprechenden Gemeinderatssitzung erhalten.“ Im Anschluss habe auch das Landratsamt Mühldorf die Widersprüche zurückgewiesen.

Kommentare