Endlich wieder reisen
„Vom Leben weggesperrt“ - Schausteller froh über Volksfestauftakt in Neumarkt-St. Veit
„Endlich geht es wieder los.“ Dieser Spruch ging in den vergangenen Tagen allen Schaustellern über die Lippen, denn diese Berufsgruppe trafen die Corona-Vorschriften in besonderer Weise. Sie fühlten sich nämlich vom Leben ausgeschlossen.
Neumarkt-St. Veit - Die ersten Schausteller, die ihre Wohnwägen und Geschäfte nach zweijähriger Zwangspause am Neumarkter Volksfestplatz wieder aufgestellt hatten, waren die Familien Thalkofer. Ihr Autoscooter, der Spickerwagen und die Mandelrösterei werden noch bis zum 12. Juni zur Unterhaltung beitragen.
„Es kann sich wohl keiner vorstellen, wie sehr wir auf den Beginn der Reisezeit gewartet haben“, erklärt Mutter Mona Thalkofer (45) und fährt fort: „Im Jahr 2021 habe ich das erste Mal in meinem Leben meinen Sommergarten daheim erlebt. Das war zwar auch mal schön, aber es war nichts gegen unser Leben unterwegs auf Volksfesten. Hier bin ich wieder glücklich.“
Die meisten Schausteller werden ja in dieses Leben hineingeboren und wachsen damit auf. „Wir kennen das gar nicht anders.“, ergänzt Sohn Richard. „Und wir wollen es auch gar nicht anders haben.“
Mit 90 Jahren immer noch im Wohnwagen dabei
Wie zum Beweis seiner Worte schaut Oma Thalkofer aus dem Fenster ihres Wagens. Mit ihren 90 Jahren sitzt sie nicht daheim im Häuschen, sondern begleitet ihre Kinder im eigenen Wohnwagen, wo sie wohl gerade ihre Lieblingsserie im Fernsehen anschaut.
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Während die Männer schon fleißig beim Aufbauen sind, erklärt Vater Robert: „In erster Linie fühlten wir uns wie vom Leben weggesperrt. Freilich hat uns das Finanzielle auch sehr belastet. Die kleine spontane Soforthilfe war schnell aufgebraucht, da wir ja schon im Jahr 2020 noch 21 abgeschlossene Verträge kündigen mussten. Im Jahr darauf gab es gar keine Hilfe. Da gingen wir Männer (er hat zwei Söhne) auf den Bau zum Arbeiten. Geld musste ja herkommen. Auch von der Bank lebten wir.“ Er meint damit, er musste ans Ersparte.
Sohn Richard will mit den Fahrgeschäften weitermachen
Was Robert Thalkofer nicht sagt, ist die Tatsache, dass rund ein Drittel der Schausteller ihr Geschäft aufgeben musste. Besonders die Jüngeren haben nach dem Verlust ihrer Reserven etwas Anderes angefangen und bleiben erst einmal dabei.
Sohn Richard (24) wird aber weitermachen. Er sagt, er sei das Arbeiten gewohnt. Mit dem Vater ist er in den vergangenen zwei Jahren frühmorgens und spätabends viele Kilometer zur Arbeit geradelt. Damit konnte er sich seinen Geschäftswagen erhalten können. „Ich will so leben wie meine Eltern und Großeltern. Das bin ich von Geburt an so gewohnt. Und das soll so bleiben“, meint er.