Aus dem Amtsgericht Mühldorf
Schulhauseinbrüche im Landkreis Mühldorf - Darum geht der Verteidiger in Berufung
Eine Einbruchsserie beschäftigte 2021 den Landkreis Mühldorf. Dabei waren Schulen in Neumarkt-St. Veit, Mühldorf und Waldkraiburg betroffen. Jetzt stand einer der Angeklagten vor dem Amtsgericht Mühldorf.
Mühldorf/Neumarkt-St. Veit - Im Herbst 2021 sorgte eine Einbruchserie im Landkreis für Aufregung. Dabei waren Schulen in Neumarkt-St. Veit, Mühldorf und Waldkraiburg betroffen. Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Dr. Christoph Warga setzte jetzt den Prozess gegen einen 20-jährigen arbeitslosen Syrer, wohnhaft in Mühldorf, fort, der wegen dieser Einbrüchen bereits rechtskräftig verurteilt worden war und unter offener Bewährung stand.
Wenig Brauchbares bei der Befragung
Es war aber wenig Brauchbares bei seiner über eine Stunde dauernden Aussage dabei: „Ich kenne Sascha (den Anführer der Bande, Name von der Redaktion geändert), wir waren Freunde, jetzt sind wir das nicht mehr. Ich schaue auf meine eigene Zukunft und will mit Leuten wie ihm nichts mehr zu tun haben. Meine Familie und Allah sollen auf mich stolz sein“. Des Weiteren gab der Zeuge trotz intensiver und geduldiger Befragung von Amtsrichter Dr. Warga und Staatsanwältin Carolin Regensburger vor, sich weder an die begangenen Taten noch an die Beute zu erinnern.
Stattdessen lieferte der junge Syrer eine bühnenreife Vorstellung ab: Seufzen, schweigen, weinen und angebliches Übergeben gehörte zu seinem Repertoire. Die Ermahnung des Richters „Ziehen Sie hier keine Show ab“ fruchtete ebenso wenig wie die Androhung der Staatsanwältin, ihn vorübergehend festzunehmen. So wurde er, wie angedroht, vorläufig verhaftet und auf die Polizeiinspektion Mühldorf gebracht. Da der Zeuge, bei dem die Einbrecher während ihrer Taten zeitweilig Unterschlupf gefunden hatten, nicht zur Verhandlung erschienen war, wurde diese vertagt.
Drei Staatsanwältinnen wurden als Zeugen vernommen
Am dritten Verhandlungstag wurden zunächst die drei Staatsanwältinnen als Zeuginnen vernommen, die die Prozesse gegen die drei anderen Schulhauseinbrecher geführt hatten. Die Anklagevertretung hatte Staatsanwältin Karin Hahn übernommen. Pia Henke hatte die Anklage im Fall des 19-jährigen Afghanen vertreten. Dieser hatte umfassend ausgesagt und neun von zehn ihm zur Last gelegten Einbrüche gestanden. Der jetzt Angeklagte sei bei den Einbrüchen in Neumarkt-St. Veit und Wasserburg beteiligt gewesen.
Staatsanwältin Finsterwalder hatte den Prozess gegen einen 20-jährigen Syrer geführt. Sie sagte aus: „In meinem Prozess sagte der Syrer aus, dass er, Sascha, der 19-jährige Afghane und der heute Angeklagte bei den Einbrüchen in Neumarkt-St. Veit und Wasserburg mitgemacht haben“.
Zeuge kann sich kaum erinnern
Carolin Regensburger hatte gegen Sascha, den Bandenchef, verhandelt, einen 18-jährigen deutsch-russischen Schüler. Er sei die treibende Kraft bei den Einbrüchen gewesen. Der vierte Zeuge war ein 19-Jähriger aus Mühldorf, derzeit arbeitslos. In seiner Wohnung in Mühldorf hatte sich die Bande regelmäßig getroffen. Er sagte, dass der Angeklagte am Abend und in der Nacht der betreffenden Taten mit ihm in seiner Wohnung gewesen war.
Zeuge Nummer fünf war der 20-jährige Syrer. Nach einer Beratung mit Rechtsanwalt Erhard Frank aus Burghausen hatte er gebeten, in der Verhandlung seine Aussage revidieren zu dürfen. Dieses Mal beschuldigte er den Angeklagten, bei den beiden Einbrüchen in Wasserburg dabei gewesen zu sein. Die Beute habe aus 15 Laptops bestanden. Über den Einbruch in die Neumarkter Schule wisse er nichts, da sei er nicht beteiligt gewesen. Die Jugendgerichtshilfe, vertreten von Robert Hofmann, bescheinigte dem Angeklagten schädliche Neigungen, schlug aber die Ahndung der Taten nach dem – milderen – Jugendstrafrecht vor..
Freiheitsstrafe beantragt
In ihrem Schlusswort plädierte Staatsanwältin Hahn auf einen Freispruch im Falle des Neumarkter Einbruchs: „Hier ist kein Tatnachweis zu führen. Bei den Taten in Wasserburg ist der heute Angeklagte jedoch dabei gewesen. Ich beantrage eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten – ohne Bewährung. Außerdem verlange ich eine Werteinziehung in Höhe von 13.420 Euro“.
Verteidiger legt Berufung gegen Urteil ein
Verteidiger Axel Reiter beantragte für meinen Mandanten einen Freispruch. Von schwerem Bandendiebstahl könne, seiner Einschätzung nach, nicht die Rede sein, sein Mandant sei nur bei „einer“ Tat dabei gewesen. Schädliche Neigungen seien auch nicht nachzuweisen, sein Mandant habe erst ein Betriebspraktikum absolviert und mache jetzt eine Ausbildung als Maler und Lackierer.
Nach einer längeren Beratung verhängte das Schöffengericht eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. In der Urteilsbegründung erläuterte der Richter Warga: „Die Tatbeteiligung in Neumarkt ist dem Angeklagten nicht zu beweisen. Bei den beiden Einbrüchen in Wasserburg dagegen konnte ein Tatnachweis erbracht werden“. Axel Reiter will das Urteil nicht akzeptieren, er legte Berufung ein. Damit bleibt es seinem Mandanten – vorläufig - erspart, inhaftiert zu werden.