Unliebsame Überraschungen
„Goldstandard“ Wärmepumpe bei der Heizung? Ein Leser erlebt die Tücken, Mega-Kosten und „Märchen“
Die Wärmepumpe wird bei der Umrüstung von Öl- oder Gasheizungen immer wieder empfohlen. Allerdings ist hier nicht alles Gold, was glänzt. Ein OVB-Leser berichtet von seinen Erfahrungen.
Neumarkt-St. Veit – Eigentlich wollte Georg Berger (Name von der Redaktion geändert) seine alte Heizung entsorgen und eine Wärmepumpe einbauen lassen, damit er es schön warm hat in seinem Eigenheim. Doch dabei erlebte er gleich zwei böse Überraschungen: Eine finanzielle und eine juristische.
Wärmepumpen können Umweltwärme effizient nutzen
„Um Treibhausgase zu verringern, muss mehr Energie gespart werden – besonders beim Heizen von Gebäuden. Dabei helfen energetische Sanierungen und neue Heiztechniken, wie zum Beispiel Wärmepumpen. Ab 2024 sollen pro Jahr 500.000 neue Wärmepumpen in Deutschland installiert werden“. So steht es auf der Homepage der Bundesregierung und weiter: „Wärmepumpen können Umweltwärme sehr effizient für die Wärmeversorgung nutzbar machen. Wärmepumpen entziehen der Luft oder dem Erdreich Energie und setzen diese dann wieder für die Beheizung von Gebäuden ein“.
Für Georg Berger ein Anreiz, sich für sein Einfamilienhaus ebenfalls mit dem Einbau einer Wärmepumpe zu beschäftigen. Er hatte bereits im Jahr 2012 in einem Zweifamilienhaus im Landkreis Erding, wo er ursprünglich wohnte, eine Wärmepumpe einbauen lassen, die damals rund 25.000 Euro gekostet hatte. Nach Recherchen im Internet und Aussagen von Politikern rechnete er damit, dass eine Wärmepumpe für sein jetziges Eigenheim in der Nähe von Neumarkt-St. Veit einen ähnlichen Betrag kosten werde.
Bestehendes Haus wurde aufwendig saniert
Dabei hat er in seinem Haus, das er 2008 gekauft und bis 2010 aufwendig renoviert hatte, bereits wichtige Vorarbeiten geleistet. „Mein Haus ist bestens isoliert“, erzählt er nicht ohne Stolz. Sowohl die Wände als auch das Dach sind isoliert. Zudem hat er eine Dreischeibenverglasung, sodass es lediglich einen Primärenergiebedarf von 52,6 hat. Das entspricht in etwa dem Wert eines Hauses mit KfW-55-Standard. Aktuell heizt Berger im Erdgeschoss mit einem Holzofen und einer Fußbodenheizung sowie im ersten Stock mit Nachtspeicheröfen. Außerdem hat er eine PV-Anlage auf dem Dach, die ihn mit Strom versorgt.
Doch als er das Komplettangebot einer Firma aus dem Landkreis öffnete, kam er aus dem Staunen nicht mehr heraus. Überraschung Nummer eins war, dass ihn die Umrüstung seiner Heizung auf eine Wärmepumpe beinahe 60.000 Euro kosten würde. Eine Zahl, die Innungsobermeister Josef Pflügl durchaus nachvollziehen kann. „Eine Standardwärmepumpe kostet etwa 20.000 Euro. Sie macht bei der Umrüstung aber nur rund ein Drittel der Kosten aus“, klärt er auf und sagt, dass beispielsweise oftmals auch neue Heizkörper und hocheffiziente Pumpen notwendig sind. Das bestätigt Georg Berger, gibt allerdings zu bedenken, dass seine Recherchen im Internet ergeben haben, dass die Heizkörper deutlich überteuert angeboten worden sind.
Steuern sorgen für hohe Kosten
Josef Pflügl führt weiter aus, dass, bevor die Maßnahme durchgeführt werden kann, zudem „ein hydraulischer Abgleich Teil B gemacht werden muss“. Der hydraulische Abgleich bewirkt, dass die Wärme über das Heizungssystem gleichmäßig im Haus verteilt wird. Teil B bedeutet, dass die genaue Heizlast einzelner Räume berechnet werden muss. Und dieser hydraulische Abgleich beschäftigt, so Pflügl, einen Mitarbeiter bis zu einem Tag. Dazu kommt, dass „bei den 60.000 Euro zwischen 38 und 40 Prozent Steuern drauf sind“.
In diesem Zusammenhang hat der Innungsobermeister ein anderes Beispiel parat, das ihn aktuell beschäftigt: Eine ältere Frau mit rund 800 Euro Rente aus Waldkraiburg braucht eine neue Toilette. Alles in allem wird sie eine Rechnung für Lieferung und Einbau in Höhe von rund 500 Euro bekommen. „Mir bleibt am Ende aber nur ein Gewinn von rund 30 Euro, da kann doch etwas nicht stimmen“, ärgert sich Pflügl.
70 Prozent Zuschuss sind für viele „ein Märchen“
Der Innungsobermeister macht auch keinen Hehl daraus, dass er „ziemlich frustriert über die aktuelle Situation“ ist. Er meint damit die von der Bundesregierung gepriesene Förderung für Wärmepumpen. „Die 70 Prozent Zuschuss sind ein Märchen. Nur ein Prozent aller Heizsysteme hat Anspruch auf die maximale Fördersumme“, macht er deutlich. Aktuell gebe es sowieso keine Zusagen, ob man Fördermittel überhaupt bekommt. „Erst im September wieder“, sagt Pflügl. „Ich kenne ganz viele Fälle, wo nicht klar ist, ob die Bauherren tatsächlich Fördermittel bekommen“. Es herrsche große Verunsicherung, was dazu führe, dass der „Einbau von Gas- und Ölheizungen auf Hochtouren läuft“.
Auch Peter Pospischil, der Vorstandsvorsitzende der Energieagentur Chiemgau-Inn-Salzach, der mit zwei Kollegen beim Landratsamt Mühldorf eine Energieberatung für alle Bürger anbietet, bestätigt, dass der Einbau einer Wärmepumpe im Normalfall deutlich teurer ist, da weitere Bauteile bei einem Komplettumbau dazukommen. Allerdings lässt er auch durchblicken, dass es „eine extreme Bandbreite bei den Angeboten gibt“.
In Sachen „Fördermittel“ sagt er, dass jede Umrüstung auf erneuerbare Energie förderfähig ist. Eine Neuerung gibt es seit Jahresbeginn. Für alle Heizungssysteme gibt es eine 30-prozentige Grundförderung. Allerdings sind die förderfähigen Kosten auf 30.000 Euro gesenkt worden. Darüber hinaus sind noch weitere Boni möglich, die von der Art der Umrüstung abhängen.
Ein Angebot mit unangenehmen Nebeneffekt
Überraschung Nummer zwei war für Georg Berger ganz am Ende des Angebotes zu lesen. Da stand ein Zusatz, dass er das Angebot an niemanden weitergeben beziehungsweise die Zahlen nirgends verwenden dürfe. Das hat den Frührentner ziemlich eingeschüchtert, deshalb haben die OVB Heimatzeitungen auch seinen Namen abgeändert. Für Georg Berger war es in erster Linie wichtig, dass er auf die wirklichen Kosten bei der Umrüstung auf eine Wärmepumpe aufmerksam macht.
Dazu sagt Peter Pospischil, dass solche Zusätze bei Angeboten „nicht ganz ungewöhnlich sind“. Handwerker wollen damit eine Art Urheberrecht auf ein Angebot geltend machen. „Sie haben viel Zeit und Arbeit investiert, um ein Angebot zu erstellen. Mit diesem Zusatz wollen sie sich selbst schützen“. In Zeiten von elektronischen Medien sei es schließlich ein leichtes, bei einem Angebot die Preise zu schwärzen und an zehn weitere Firmen zu schicken. Die brauchen dann nur ihre Preise einfügen und haben sich einiges an Arbeit gespart. Er persönlich sieht so einen Zusatz bei einem Angebot allerdings „mehr als Mittel der Abschreckung“.
Erst einmal wird auf die Wärmepumpe verzichtet
Berger wollte zudem ein weiteres Angebot von einem anderen Fachbetrieb im Landkreis bekommen, hat aber „nix bekommen“, was ihn durchaus verärgert hat. Die Konsequenz für ihn ist, dass er „jetzt erst einmal auf eine Wärmepumpe verzichtet“ und versucht, mit den bestehenden Heizmöglichkeiten klarzukommen.