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Tag der seelischen Gesundheit in Neumarkt-St. Veit

Die Folgen der Pandemie: Die Sucht wird in Zeiten von Corona zunehmend digital

Sucht bei Jugendlichen - darum ging es beim Tag der seelischen Gesundheit in Neumarkt-St. Veit.
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Sucht bei Jugendlichen - darum ging es beim Tag der seelischen Gesundheit in Neumarkt-St. Veit.

Alexandra Bohn von der Caritas-Suchtberatung über die Legalisierung von Cannabis und welche Folgen die Maßnahmen während der Corona-Pandemie haben.

Neumarkt-St. Veit – Alexandra Bohn von der Caritas-Suchtberatung erklärt im Interview, warum es so wichtig ist, dass bereits Kinder und Jugendliche aufgeklärt werden und welche Rolle die Einschränkungen durch Corona spielen.

Wie ist es denn im Landkreis Mühldorf um die Jugend bestellt? Müssen wir uns große Sorgen machen um die Heranwachsenden?

Alexandra Bohn: Sucht ist immer ein großes Problem, tatsächlich auch in den zwölf Jahren, in denen ich die Suchtfachambulanz in Mühldorf geleitet habe. Wir haben nie unter Arbeitsmangel gelitten. Ich denke, Corona beschert uns noch eine Welle, die noch nicht angekommen ist. Denn die fiesen Vorteile der Sucht sind, dass man Krisen mit Suchtmitteln überstehen kann und man einige Monate oder Jahre schafft, ohne dass man auffällig wird. Das ist das große Drama daran: Wir wissen schon jetzt, dass da was kommen wird.

Sie haben gerade Corona angesprochen. Lässt sich denn spezifizieren, welcher Art von Süchten sich die Menschen hingeben?

Bohn: Wir haben verschiedene Hypothesen. Zum einen die Vermutung, dass der Umgang mit Medien schwieriger wird. Das war ja eine Zeit lang die einzige Möglichkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten – vor allem für junge Menschen, die sich eigentlich andere Entwicklungsaufgaben stellen sollten und versucht haben, dies über PC und Smartphone zu lösen. Auch Essstörung ist nicht zu vernachlässigen. Wenn ich mich viel im Internet aufhalte, vergleiche ich mich mit anderen. Das Schönheitsideal spielt da eine Rolle. Und Corona hat natürlich bei jungen Menschen die Übung von Nähe und Distanz ausgehebelt. Wie nahe darf ich einem Menschen kommen? Wie fern muss ich jemandem bleiben? Sich nah zu kommen, war mit einer großen Gefahr verbunden: Stecke ich mich möglicherweise an, trage ich das Virus weiter zu meinen Großeltern? Ein Cut in der Entwicklungsaufgabe mit Folgen, die wir noch nicht abschätzen können. Corona ist aber nicht der einzige Auslöser. Bindungsstörung, getrennte Eltern oder ein Problem mit dem Selbstbewusstsein bergen immer Gefahren, labil zu werden. Psychisch gesunde Jugendliche sind vielleicht auch die ein oder andere Stunde zu viel im Internet, aber die werden da ziemlich unbeschadet rauskommen.

Welche Rollen spielen Suchtmittel im klassischen Sinne? Also Alkohol, Nikotin oder Marihuana, wenn nicht sogar schon synthetische Drogen?

Bohn: Das ist eine Sache der Präferenz. Menschen finden das Suchtmittel, das gut zur psychischen Problematik passt. Wenn ich ein sehr aufgeregter Mensch bin und unruhig, dann werde ich einen Joint rauchen. Wenn ich aber Probleme mit dem Antrieb habe, nehme ich etwas, was aufputscht. Wenn ich zum Beispiel auf die Volksfeste schaue: Da herrscht viel Verbundenheit, das Zusammensein und das Trinken. Viele Jugendliche, die einigermaßen stabil sind, die werden da durch kommen. Aber für die Jugendlichen, die schon Schwierigkeiten in ihrem Leben aufgrund anderer Dinge haben, ist die Gefahr um einiges größer.

Alexandra Bohn befürchtet, dass Corona viele Menschen in die Sucht treibt.

Wenn man aus der Suchtberatung kommt: Wie verfolgt man denn Diskussion um die Legalisierung von Marihuana?

Bohn: Der Prozess dauert schon sehr lange, aber das will auch gut überlegt sein. Aus meiner Erfahrung hätte ich mich für eine Entkriminalisierung eingesetzt. Denn die Verfolgung von kleinen Cannabis-Delikten bedeutet für einen jungen Menschen weitreichende Konsequenzen. Er kann keinen Führerschein machen, er hat Ärger an seinem Arbeitsplatz. Wir haben schon sehr große und weitreichende Folgen im Umgang mit Alkohol. Ob wir jetzt noch eine legale Droge brauchen, weiß ich jetzt nicht. Denn das geht ja noch weiter, wenn es etwa um einen Grenzwert für den Führerschein. Wie wird das geregelt, wenn Cannabis legalisiert ist, man als Fahrzeugführer aufgehalten wird und hat einen THC-Wert hat, der erlaubt ist, aber eben zum Führen eines Autos nicht? Da gibt es noch eine sehr große Grauzone. Einnahmen, die eine Legalisierung mit sich bringen, sollten in die Prävention fließen. Denn die, die mit Cannabiskonsum nicht kontrolliert umgehen können und eine Sucht entwickeln werden, wird es weiterhin geben.

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