„Lasst die Botsch‘n fliegen!“
Von der Studentenbude zur Legende: Das Botsch‘n-Turnier in Polling wird 25 Jahre alt
Es ist ein Vierteljahrhundert her, dass es zum ersten Mal ein Botsch‘n-Turnier gab. In einem Garten hinter einer Studentenbude in Mühldorf. Der TSV Polling hat die Tradition bis heute aufrechterhalten und lädt am 6. Juli wieder dazu ein. Aber: Was ist eigentlich ein Botsch‘n-Turnier?
Polling – „Lasst die Botsch‘n fliegen!“, skandierte an jenem Sommertag Eric Hagendorn und schon flogen die Hausschuhe durch die Lüfte. Sie waren das wichtigste Utensil an diesem Tag im Mai, an welchem Hagendorn, damals noch Student, einen sportlichen Wettbewerb erschaffen hat, der bis heute weiterlebt. Worum es geht? Zehn Bierzeltgarnituren werden als Bande genutzt und zu einer kleinen Arena angeordnet. An beiden Seiten ein kleines Tor, dazu ein Soft-Fußball. Und schon kann es losgehen: Jeweils zwei Spieler pro Team versuchen den Ball im Tor der anderen unterzubringen. Einziges Handicap: Die Spieler müssen Hausschuhe tragen!
Am Anfang musste der Flur herhalten
„Wir waren damals drei Studenten und wohnten in einer Bude am Bahnhofsplatz in Mühldorf, über dem Fernsehgeschäft von David und der Lottostelle. Die Wohnung hatte einen riesigen Gang. Und so kam es, dass wir abends, wenn uns langweilig war, einen kleinen Ball genommen haben und Fußball gespielt haben. Mit Hausschuhen!“, erinnert sich Hagendorn, der jetzt Lehrer an der Mittellschule in Mühldorf ist.
Aus einer Bierlaune heraus und weil sowieso die Feier seines 25. Geburtstages bevorstand, wurde dann die Idee geboren, ein Turnier im Freundeskreis auszurichten, und zwar im Garten hinter dem stattlichen Haus in der Bahnhofsstraße. „Die hieß von da an Agip-Arena“, sagt Hagendorn, „denn damals stand da noch die Agip-Tankstelle. Was praktisch war, denn immer, wenn die Getränke zur Neige gingen, konnten wir schnell Nachschub besorgen.“
Gewinnen war immer schon Nebensache
Schon damals stand der Spaßfaktor ganz oben, gewinnen war Nebensache. Und das Turnier wurde immer verrückter: Für Verkleidungen der Spieler wurde irgendwann ein Pokal eingeführt. Der Torschützenkönig wurde ebenso geehrt wie das betrunkenste Team – Studenten eben.
Anfangs waren es zwölf Teams, erinnert sich Hagendorn. „Zu den besten Zeiten hatten wir 32 Anmeldungen!“ Da hatte man das jährlich stattfindende Botsch‘n-Turnier schon nach Polling, auf den Fußballplatz verlegt. Und nichts wurde dabei dem Zufall überlassen: Bei der Auslosung der Teams orientierte man sich am Niveau der FIFA. Überraschungseier wurden in der Salatschüssel vermischt und daraus bedeutungsschwanger die Gruppengegner ermittelt. Dazu die Haus- und Hofband „Suspicious Guys“. Eskalation bis tief in die Nacht war garantiert.
Auch Asterix und Obelix kickten schon in Polling
Am Turniertag selbst überboten sich die Teilnehmer mit einfallsreichen Kostümen und Namen. Asterix und Obelix, Männer im Tutu, Spieler in Football-Outfit – der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt. „Und wir waren auch international“, ergänzt Hagendorn. Teams aus Österreich waren regelmäßig zu Gast. Einmal sogar ein Duo aus Finnland. Und stets gab es einen Einzug der Gladiatoren, mit Schildern und einem Schirmherrn, der die Begrüßungsrede hielt. Den obligatorischen „Botsch‘n-Eid“ von damals, den gibt es noch heute.
„Doch irgendwann sind wir zu alt geworden“, muss auch Hagendorn zugeben, der erst vor Kurzem seinen 50. Geburtstag gefeiert hat. Umso mehr freut es ihn, dass der TSV Polling die Tradition, die 1999 geboren wurde, weiterführt.
Die nächste Generation hat übernommen
Als das Turnier zum ersten Mal durchgeführt wurde, war der aktuelle Vorsitzende des TSV gerade mal acht Jahre alt. „Ich hab da noch in die Windeln gemacht“, lacht TSV-Chef Andi Selmeier, „aber mein Onkel hatte damals bereits mitgespielt“. Jetzt ist die nächste Generation an der Reihe, um die Tradition weiter am Leben zu halten.
Auch in diesem Jahr. Am Samstag, 6. Juli, ab 15 Uhr findet das Turnier, an dem sich Männer- und Frauen-Teams beteiligen können, wieder am Fußballplatz in Polling statt. „Der Spaß steht im Vordergrund. Der Sieg ist nebensächlich, es geht um das Spiel und die gemeinsame Zeit“, wirbt der TSV für die Veranstaltung.
Verkleidungen sind ausdrücklich erwünscht, ein lustiger Name sowieso, und der wichtigste Pokal ist der Lucky-Loser-Pokal. Wichtigste Teilnahmebedingung: Die Hausschuhe müssen hinten offen sein, Crocs sind nicht erlaubt. Jede Mannschaft besteht aus zwei Spielern, Klebebänder dürfen nicht verwendet werden.
Das müssen Damen tun, um an Tore zu kommen
Und noch was zu den Botsch‘n: Ein Treffer zählt nur, wenn der Torschütze mindestens einen Botsch‘n am Schussbein hatte. Sollte der Botsch‘n nach dem Schuss wegfliegen, zählt das Tor dennoch. Die Spielzeit beträgt vier Minuten im kleinen Stadion auf Minitore. Der letzte Spieler darf zur Abwehr der Torschüsse nicht mit den Knien auf den Boden gehen. Freistöße und Anstöße sind nur indirekt erlaubt. Verlässt der Ball das Stadion, wird er eingerollt.
Eine besondere Regel gilt für die weiblichen Teilnehmer: „Damenmannschaften haben automatisch zwei Tore Vorsprung. Sollten sie spätestens nach drei Minuten im Bikini spielen, erhalten sie ein weiteres Tor dazu“, heißt es in der Ausschreibung. Ein Vorteil, auf den auch Ramona Maier zurückgreifen könnte, die seit dem vergangenen Jahr im Organisationsteam mitwirkt und auch als Spielerin in die Arena treten wird.
Warum sie mit dabei ist? „Das Organisieren spornt total an, weil das Turnier immer schon sehr beliebt war. Teilweise sind die Mitspieler aus München gekommen. Es ist mir ein großes Anliegen, das beliebte Turnier wieder aufleben zu lassen. Vor allem, weil es auch mal etwas ganz anderes ist!“ Stimmt. Wo sonst würde man Hausschuhe einfach so mal in die Luft werfen?



