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Überraschende Wende am Amtsgericht Mühldorf

Vermeintliche Geldwäscherin wird zum Opfer: Welche dubiose Rolle spielte ihr Sohn?

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So lustig man die Straftat auch darstellen kann: Geldwäsche zählt zu den Verbrechen, die der Staat hart bestraft. Eine solche Strafe drohte jetzt einer Frau vor dem Amtsgericht Mühldorf.

Eine Frau soll unterschlagenes Geld auf ihrem Konto gewaschen haben und musste sich jetzt vor dem Amtsgericht Mühldorf verantworten. Der Prozess nahm einen überraschenden Verlauf: Plötzlich stand der Sohn der Angeklagten im Mittelpunkt des Interesses.

Mühldorf - Nach dem Äußeren, so heißt es, soll man nie urteilen. Schon gar nicht vor Gericht. Und doch zieht Rechtsanwalt Andreas Knoll am Ende der Verhandlung vor dem Amtsgericht Mühldorf sogar diese Karte: „Schauen Sie sie an, sie ist gar nicht der Mensch dafür.“

Eine unscheinbare Angeklagte

Das sagt er über Helga T. (Namen aller Beschuldigten von der Redaktion geändert). Die 53-Jährige wirkt eher unscheinbar, wie sie vor Richter Jürgen Branz sitzt. Sie trägt Jeans, einen grauen Kapuzenpulli, die Daunenjacke liegt zusammengeknüllt über ihrem Stuhl. Sie ist klein, spricht äußerst leise. Bewegt sich kaum. Der Vorwurf gegen sie steht um so größer im Raum: Geldwäsche.

Es geht laut Anklageschrift um 5000 Euro, die im vergangenen Sommer auf dem Konto T.s bei der Sparkasse eingegangen sind. Einen Teil des Geldes, sagt Staatsanwältin Ines Vanselow, habe Helga T. auf das Konto ihres Sohnes Justin überwiesen, der es wiederum in Kryptowährungen umgetauscht habe. Einen anderen Teil soll sie in Lübeck bar abgehoben haben. Weitere 6500 Euro seien von den überweisenden Banken zurückgebucht worden, bevor die Angeklagte Zugriff darauf hatte.

Ist die unscheinbare Frau eine trickreiche Betrügerin und Geldwäscherin?

Bankdaten am Telefon geklaut

Die Geschichte dahinter ist tragisch und nimmt ihren Anfang in Stuttgart, wo eine Frau einen Anruf von ihrer Bank erhält. Der Mitarbeiter der Sicherheitsabteilung erzählt ihr etwas von einer Systemumstellung und davon, dass Lastschriften zurückgebucht werden müssten. Er überzeugt die Frau, ihm für einzelne Transaktionen sogenannte TAN-Nummern zu geben, mit denen er die Aufträge rückgängig machen kann. 5000 Euro kommen so zusammen, 30 bis 40 Minuten dauert die Aktion. Die Stuttgarterin bemerkt den Betrug erst, als ein echter Bankmitarbeiter sie Tage später anruft.

Da ist das Geld längst auf dem Konto von Helga T. gelandet.

Aus der Täterin wird ein Opfer

Doch die ist keine Täterin. Sie ist Opfer. Opfer ihres Sohnes Justin. Der hatte sich die Kontovollmachten seiner Mutter besorgt, als die nach dem Tod ihres Mannes in einer „psychischen Ausnahmesituation“ war, wie Staatsanwältin Vanselow später sagen wird. Helga T. schildert es so: „Er hat mich unter Druck gesetzt.“ Sie sagt das so leise, dass Richter Branz nachfragen muss. Justin T. ließ sie mehrere Konten eröffnen, beinahe ein Dutzend zählt der Richter auf. „Ich hatte mit den Überweisungen aber nichts zu tun“, sagt die Angeklagte. Keine Transaktion, keine Abhebung nichts. Das alles war ihr Sohn.

„Sie wissen schon, dass sie ihn belasten?“, fragt Richter Branz. „Das ist mir egal“, sagt Helga T. „Er hat auf mich auch keine Rücksicht genommen. Ich bin von ihm da rein gezogen worden.“ T. bemerkt zwar die 5000 Euro auf ihrem Konto, macht sich aber über die Herkunft oder das Verschwinden des Geldes keine Gedanken. „Das hat alles mein Sohn gemacht.“

Richter Branz sagt: „Wir müssen einen anderen Täter haben.“

Ermittlungen gegen den Sohn werden kommen

Das sieht auch Staatsanwältin Vanselow so. Sie notiert sich die Adresse von Justin T. Der lebt in Lübeck, ob es Ermittlungen gegen ihn gibt, weiß sie nicht. „Aber die werden kommen“, sagt sie.

Als Richter Branz urteilt: „Sie haben keine Straftat begangen“, freut sich Helga T. sichtlich. Sie strahlt, kiekst leise. Branz bleibt ernst: „Sie haben aber extrem leichtfertig gehandelt. Ich hoffe, sie haben gelernt, dass Kontodaten sehr sensible Daten sind, die gibt man nicht heraus.“

Leichtfertiger Umgang mit Bankdaten

Er bezieht die beiden Opfer des Betrugs in seine Überlegung ein: die Frau in Stuttgart und die angeklagte und freigesprochene Frau vor dem Amtsgericht Mühldorf. „Es ist erstaunlich, welche Daten manche Menschen herausgeben“, sagt Branz. Schnell, das zeigt das Beispiel von Helga T., gerät ein Mensch dann in den Verdacht der leichtfertigen Geldwäsche, wie es im Juristendeutsch heißt. Bestraft werden kann dies mit einer Geldstrafe und bis zu zwei Jahren Haft.

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