Initiative erhebt Vorwürfe - Behörden kontern
Disput nach schwerem Unfall: Wie gefährlich ist Radfahren in Mühldorf wirklich?
Für zu gefährlich hält die Initiative Verkehrswende das Rad fahren in Mühldorf. Sie fordert deshalb verschiedene Maßnahmen. Polizei, Stadt und Landkreis sehen dagegen keinen Bedarf.
Mühldorf – Der Verein „Verkehrswende Mühldorf“ und die Kreisgruppe des „Verkehrsclubs Deutschland“ fordern nach dem schweren Radunfall an der Innkanalbrücke in Mühldorf Konsequenzen. Ende Juni übersah dort ein Lastwagenfahrer beim Rechtsabbiegen eine Radlerin und verletzte sie schwer.
Initiative sieht Politiker in der Verantwortung
Neben der Forderung, Abbiegeassistenten für Lastwagen gesetzlich vorzuschreiben, wenden sich die Initiativen vor allem an die örtliche Politik. Sie solle dafür sorgen, dass die gefährliche Kreuzung am Innkanal sicherer werde. „Der Radfahrstreifen an der betreffenden Stelle ist mit 90 Zentimeter viel zu schmal und bietet keinerlei Pufferzone zwischen Auto- und Radverkehr“, sagt Adelheid Kückelhaus, Sprecherin der „Verkehrswende“.
Bessere Schilder und breitere Wege
Zwar seien die Markierungen an dieser Stelle erst kürzlich erneuert worden. „Es fehlen aber die vorschriftsmäßigen Fahrrad-Symbole in der notwendigen Größe, sodass dem Autofahrer möglicherweise gar nicht bewusst wird, dass hier ein Radweg ist“, sagt Jürgen Kindler von der Initiative. „Auch könnte ein Schild an der Ampel helfen, das Autofahrer vor dem Zusammenstoß mit geradeausfahrenden Radlern warnt.“
Radfahren in Mühldorf werde von der Mehrheit der Radfahrer als gefährlich empfunden, sagen die Sprecher und berufen sich auf eine eigene Umfrage aus dem vergangenen Jahr.
2020 habe es in Mühldorf laut Unfallatlas 15 Unfälle zwischen Autos und Radfahrern, bei denen Menschen verletzt wurden. Gerade die Strecke über die Innkanalkreuzung bis zum Kollerkreisel sei eine neuralgische Achse: Rad- und Fußverkehr kämen sich auf den schmalen Wegen oft ins Gehege.
Besonders gefährlich zum Schulbeginn
„Daneben entstehen Gefahren durch schnell fahrende Lastwagen und Autos. Besonders kritisch ist die Situation zu Schulbeginn oder nach Schulschluss“, sagt Kückelhaus.
Wirklich entschärfen lasse sich die Lage aber nur durch eine Absenkung der Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde und eine Verbreiterung der Rad- und Fußwege, die angesichts der Fahrbahnbreite denkbar sei.
Anders als die beiden Sprecher des Vereins „Verkehrswende“, hält das Landratsamt die Kreuzung an der Innkanalbrücke nicht für besonders gefährlich.
„Der Knotenpunkt an der Innkanalbrücke ist für alle Verkehrsteilnehmer präzise mit einer Lichtsignalanlage geregelt“, teilt Behördensprecher Wolfgang Haserer auf Anfrage mit. „Wenn jeder Verkehrsteilnehmer die gebotene Sorgfaltspflicht walten lässt, ist die sichere Nutzung dieses Knotenpunktes für alle Verkehrsteilnehmer prinzipiell möglich.“
Landratsamt: Kein Unfallschwerpunkt
Dem Landratsamt lägen keine Informationen über eine Unfallhäufung unter Beteiligung von Radfahrern vor. Diese Einschätzung bestätigt die Polizei. Sie hat in den vergangenen zwölf Monaten an dieser Stelle vier Unfälle gezählt. Ein Betrunkener, der gegen die Brückenpfeiler fuhr und sich leicht verletzte, zwei Auffahrunfälle und der schwere Unfall mit der Radfahrerin. „Das ist auch unserer Sicht kein Unfallschwerpunkt“, sagt Sprecher Uwe Schindler. „Auch für Radler würde ich sie nicht als gefährlich einstufen“, sagt der Polizist, „dort ist alles klar geregelt.“
Verbreiterung der Radwege nicht möglich
Eine Verbreiterung der Radwege an der Inneren Neumarkter Straße ist laut Landratsamt nicht möglich, dazu sei der Platz nicht vorhanden. Das Landratsamt will die Situation aber beobachten. „Wir stehen mit der Kreisstadt, der Polizei und dem Straßenbaulastträger in ständigem Austausch und besprechen, ob eine weitere Gefahrenreduktion an dieser Stelle notwendig und möglich ist.“
Bürgermeister sieht keinen Spielraum
Auch Mühldorfs Bürgermeister Michael Hetzl sieht wenig Chancen für eine Verbreiterung des Radstreifens auf der Mößlinger Straße.
„Im hinteren Bereich ist eine Verbreitung nicht möglich, da hier bereits teilweise kein beidseitiger Gehsteig vorhanden ist und beide Fahrspuren nur noch eingeschränkt vorhanden sind“, schildert er die Situation. „Aber auch im vorderen Bereich ist eine weitere Verbreiterung eher unmöglich.“ Zu beachten sei, dass die Straße durch Rettungsdienst und Feuerwehr zu befahren sein müsse. „Dies wird in der Diskussion leider oft außer Acht gelassen.“
Factbox: Das sind VCD und Verkehrswende
Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) setzt sich für eine Verkehrswende im Sinne einer sozial- und umweltverträglichen Mobilität aller Verkehrsteilnehmer ein (www.vcd.org). Die Bürgerinitiative „Verkehrswende Mühldorf“ hat sich zum Ziel gesetzt, die Verkehrssituation in Mühldorf sicherer und umweltfreundlicher zu gestalten (https://verkehrswende-muehldorf.de)