Genehmigung ist kaum zu verhindern
Kies aus dem Grundwasser fördern: Warum der Widerstand Mühldorfs gegen den Abbau scheitert
Zähneknirschend ist die Stadt bereit, einen Grundstücksstreifen im Bereich der Freudlsperger Kiesgrube dem Unternehmen „Innkies“ zu überlassen. Denn der Widerstand gegen den Abbau von Kies im Grundwasser scheint sinnlos.
Mühldorf – Mit der Weigerung, das Grundstück in der Freudelsberger Kiesgrube an der Mühldorfer Nordtangente zu verkaufen, wollte der Stadtrat bislang den Betrieb einer Kiesgrube im Grundwasser verhindern.
Da das Landratsamt den Kiesabbau im Grundwasser nach Ansicht von Bürgermeister Michael Hetzl (UM) voraussichtlich genehmigen muss, zeigte sich der Stadtrat jetzt kompromissbereit.
Grundsätzliche Ablehnung bleibt
An seiner grundsätzlichen Ablehnung des Kiesabbaus im Grundwasser hält er aber fest.
Die Firma „Innkies“ will in ihrer Kiesgrube an der Nordtangente den laufenden Abbau im Grundwasser fortsetzen. Dem stellte sich die Stadtratsmehrheit bislang entgegen, um Eingriffe ins Grundwasser und eine Gefährdung zu verhindern.
Rechtlich wohl nicht zu verhindern
Bürgermeister Michael Hetzl (UM) verwies bei der jüngsten Sitzung auf die zu erwartende rechtliche Situation: „Für das Landratsamt stehen aktuell keine rechtlichen Punkte entgegen“, sagte Hetzl unter Berufung aus Aussagen aus der Genehmigungsbehörde. „Das Landratsamt wird die Nassauskiesung voraussichtlich genehmigen, weil sie dem Antragssteller rechtlich zusteht.“
Regierung von Oberbayern hat keine Bedenken
Nach Angeben der Stadtverwaltung haben auch die Regierung von Oberbayern und des Wasserwirtschaftsamt. So fasst die Stadtverwaltung die Aussage der Regierung zusammen, dass „der vollständige Abbau des Bodenschatzes in diesem Bereich dem Regionalplanziel Abbau von Bodenschätzen in in Vorrang und Vorhaltgebieten entspricht“.
Einzig der Grundstücksstreifen in dem Bereich, der der Stadt gehöre, stellt laut Hetzl ein Hindernis dar. Er verläuft mitten durch das geplante Abbaugebiet. Durch ein Nein zum Verkauf wollte die Stadt den Abbau verhindern.
Vor dem Stadtrat ließ Hetzl keinen Zweifel daran, dass die „Innkies“ bei einem Nein der Stadt die Planung ändern und zwei Kiesgruben planen würde, die den städtischen Streifen aussparen würden. Mit dieser Planung könnte das Neuöttinger Unternehmen dann den Kiesabbau im Grundwasser beantragen.
Das aber hätte laut Hetzl gravierende Auswirkungen auf die Rekultivierung der Kiesgrube nach dem Ende des Abbaus. „Damit muss man sich mit einem anderen Punkt auseinandersetzen“, warnte Hetzl. „Wir bekämen nicht das Naherhohlungsgebiet, das wir wollen.“ Eine Renaturierung werde es zwar geben, aber kein öffentliches Freizeitgebiet, dass die Innbau freiwillig herrichten würde.
Stadt soll Naherholungsgebiet erhalten
Hetzls Vorschlag: „Wir lehnen den Kiesnassabbau weiter ab. Wenn das Landratsamt aber den Kiesabbau genehmigen muss, geben wir unseren Grund ab und bekommen vertraglich die Gestaltung eines Naherholungsgebiets garantiert.“
Stadtbaumeisterin Birgit Weichselgartner wies darauf hin, dass die Renaturierung der Grundwasserkiesgrube ökologisch sehr hochwertig sei. Nach einer langen Diskussion (siehe Artikel unten) stimmte der Stadtrat mit 20 zu acht Stimmen für den Vorschlag Hetzls. Damit lehnt die Stadt den Abbau im Grundwasser weiter ab. Im Falle einer Genehmigung will sie aber ihren Grundstücksstreifen zur Verfügung stellen, wenn das Unternehmen Innkies im Gegenzug nach dem Ende des Kiesabbaus ein Naherholungsgebiet schafft.
Der Freistaat hat im Landesentwicklungsplan Bereiche als Vorranggebiete für die Kiesgewinnung festgelegt. In ihnen gibt es weitgehende Möglichkeiten zum Kiesabbau.
Neues Verfahren nötig
Grünenfraktionssprecher Matthias Kraft sagte: „Ich gehe mit, dass wir das meiste rausholen sollten, wenn wir die Nassauskiesung nicht verhindern können.“ Er widersprach dem Bürgermeister aber zugleich: „Wenn wir auch nur eine bedingte Zustimmung geben, ist es eine Zustimmung.“ Das Verfahren liefe sofort weiter, sobald die Stadt diese Zustimmung signalisiere. „Sollten wir das nicht machen, muss das Verfahren komplett neu gemacht werden.“
Kraft berief sich bei dieser Einschätzung auf Gespräche bei der Regierung und im Landratsamt. Dabei habe er erfahren, dass keine Behörde bisher berücksichtigt habe, dass im Landesentwicklungsplan der Abbau der Kiesgrube im Grundwasser nur in Ausnahmefällen möglich sein solle. „Das käme bei einem neuen Verfahren auf den Tisch.“
Rechtsgutachten der Stadt verlangt
Er und Katrin Enzinger (Grüne) forderten ein Rechtsgutachten der Stadt, um die juristischen Auskünfte des Landratsamts zu überprüfen und so den Rechtsweg zur Verhinderung auszuschöpfen.
Dem stimmte Angelika Kölbl für die SPD zu. Claudia Hungerhuber (SPD) nannte den Preis für ein Naherholungsgebiet zu hoch. Den Kiesabbau grundsätzlich stellte Stephan Schinko (Grüne) infrage. 84 Prozent der Fläche stünden für den Trockenabbau zur Verfügung, das würde noch Jahre reichen. Stattdessen werde ein Bau in großer Tiefe direkt vor der Stadt entstehen. Er kritisierte die Regierung von Oberbayern massiv, dass sie diese Argumente nicht berücksichtige.
Fläche für Kiesabbau verkleinern
Er forderte eine Verkleinerung der potenziellen Fläche für den Kiesabbau, der sechs Prozent der Stadtfläche ausmache. „Die Flächen sind auf Generationen verloren“, sagte Schinko. „Ich frage mich, ob es uns zusteht, solche Entscheidungen für die nächsten Generationen zu treffen, die nur einer Privatfirma zugute kommen.“
Rechtliche Möglichkeiten ausschöpfen
Karin Zieglgänsberger (UM) kritisierte, dass die Stadt keine rechtlichen Möglichkeiten habe, obwohl die Genehmigung sie unmittelbar betreffe. Trotz ihrer grundsätzlichen Ablehnung nannten Schinko und Zieglgänsberger Hetzls Vorschlag den richtigen Weg. Das tat auch UM-Sprecher Markus Saller . Er verwies darauf, dass die Stadt mit der eigentlichen Genehmigung nichts zu tun habe. „Die Stadt sollte deshalb stattdessen darauf achten, dass unsere Bürger ein Naherholungsgebiet erhalten.“ Von einem Dilemma sprach Claus Debnar (Linke). Er wollte den Handlungsspielraum der Stadt erhalten und sprach sich für das Vorgehen Hetzls aus.
Die CSU ist nach Aussage ihres Fraktionsvorsitzenden Stefan Lasner gespalten. Er forderte, mit der Wasserwirtschaft vorab zu klären, wie es zur Renaturierung und Erstellung eines Erholungsgebiets stehe.
Sinnvolles Gebietzur Naherholung?
Für Ulrich Niederschweiberer (CSU) ist nicht nur der Kiesabbau im Grundwasser bedenklich. Auch das Naherholungsgebiet sei ökologisch nicht sinnvoll. Niederschweiberer befürchtete eine Verschmutzung der offenen Wasserflächen in einem Naherholungsgebiet.
Seine Parteikollegin Ilse Preisinger-Sontag betonte dagegen die wirtschaftliche Notwendigkeit des Kiesabbaus, damit Bauvorhaben möglich seien. Er gehöre zur Stadt, eine Genehmigung sei damit notwendig und zu begrüßen.
Vorranggebiet zum Kiesabbau
Der Freistaat hat im Landesentwicklungsplan Bereiche als Vorranggebiete für die Kiesgewinnung festgelegt. In ihnen gibt es weitgehende Möglichkeiten zum Kiesabbau.
Landratsamt bezieht noch keine Stellung
Keine offizielle Auskunft zum Verfahren gibt das Landratsamt. Es bestätigt auf Anfrage zwar den Eingang der Stellungnahmen von Fachbehörden. „Aufgrund der offenen Grundstücksfragen zwischen dem Antragsteller und der Stadt Mühldorf hat das Verfahren bis dato geruht“, erklärt Sprecher Wolfgang Haserer. „Nach Rückmeldung der Stadt Mühldorf wird nun geprüft, ob das Verfahren wie beantragt weitergeführt werden kann oder ob seitens des Antragstellers umgeplant werden soll beziehungsweise muss.“ Erst danach könne es seitens des Landratsamts einer Bewertung und Entscheidung kommen, ob das Verfahren mit geltendem Recht vereinbar ist.
