Krisen-Infotag für Unternehmen im Landkreis
Das wird das teuerste Strom- und Gasjahr - Vielen Mühldorfer Firmen droht eine weit größere Gefahr
Über die hohen Gas- und Strompreise sind viele Mühldorfer Unternehmen informiert. Manche haben reagiert, andere sollten schnellstens handeln. Denn ihnen droht eine weit größere Gefahr als ein hoher Preis.
Mühldorf – Ein bis auf den letzten Platz besetzter Saal, Unternehmer aus der gesamten Region, viele von ihnen mit besorgten Gesichtern – die Brisanz des Themas war fast schon greifbar bei der gemeinsamen Veranstaltung zum Thema „Energiemarkt“ der IHK und des Industrieverbunds Mühldorf (IVM). Die Referenten konnten nicht mit vielen positiven Perspektiven aufwarten.
Die Verwerfungen auf den Energiemärkten bringen immer mehr Unternehmen in existenzielle Schwierigkeiten. „Im Gegensatz zu privaten Strom- und Gasverbrauchern treibt sie dabei nicht nur die Sorge vor den steigenden Preisen um, sondern es sind die ständig wachsenden Probleme, auf die Unternehmen stoßen, wenn sie einen Anschlussvertrag brauchen für bestehende Gas- oder Stromverträge“, sagte Herbert Prost, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Mühldorf.
Stromversorgung nicht gesichert
Denn Gewerbekunden sind, so Prost, nicht durch die Versorgungspflicht der Stromversorger geschützt. „Wer als Unternehmer jetzt noch nicht gehandelt hat, der muss das jetzt tun, Abwarten oder hoffen, das ist der falsche Weg.“
In dieses Horn stießen auch Dr. Kurt Woelfl vom IVM und Geschäftsführer von ODU, und Dr. Norbert Amann von der IHK München-Oberbayern: Zum Abwarten sei jetzt nicht die richtige Zeit, die Unternehmen müssten tätig werden.
Verlässliche Partner der Strom- und Gaskunden sind bislang vor allem die Stadtwerke – auf sie verlassen sich viele Kunden. Und man tue auch alles dafür, dass dies so bleibt, unterstrich Alfred Lehmann, Geschäftsführer der Stadtwerke Mühldorf. Doch er man dürfe sich der Realität nicht verweigern: „Auch Stadtwerke können pleitegehen.“
Auf jeden Fall Preiserhöhungen
Noch sei die Situation überschaubar, doch dies könne sich schnell ändern. Auch Stadtwerke müssten sich auf den Märkten mit der Energie versorgen, die sie an ihre Kunden ausliefern – und dies werde immer schwieriger und vor allem teurer. „Die Risiken sind nicht genau zu beziffern, aber derzeit gehen die Preise, zu denen wir die Energie beziehen, beständig nach oben.“ Wichtig sei für die Stadtwerke vor allem auch Planungssicherheit durch die Politik, mit denen Bürger und Unternehmer entlastet werden sollen. Lehmann stellte aber auch klar, dass es auch bei Stadtwerken zu Preiserhöhungen kommen müsse.
Anton Erb, Geschäftsführer der Energieversorgung Inn-Salzach (EVIS) machte ebenfalls deutlich, dass die höheren Preise für Strom und Gas bei vielen Kunden noch gar nicht angekommen sind. „80 Prozent unserer Kunden haben noch relativ günstige Festpreise, das wird sich ab dem Jahreswechsel ändern. „Für den Endverbraucher ist das ganz sicher nicht mehr lustig, hier wird es böse Überraschungen geben.“
Lehmann hatte noch eine Zahl parat: 57 Prozent seiner Kunden seien geschützte Kunden, die auf aufgrund rechtlicher Vorgaben mit Energie versorgt werden müssten – aber 43 Prozent der Kunden hätten dieses Privileg nicht. Und die könnten Probleme bekomme. Wie man diese Kunden dann tatsächlich von der Versorgung ausnehmen würde, das sei noch nicht geregelt, „der Netzbetreiber darf aber sogar mit der Polizei anrücken.“
Hohes Niveau wird bleiben
Klare und wenig erfreuliche Worte fand Dirk Vogt, Leiter der Münchner Geschäftsstelle des Bundesverbandes der Energieabnehmer. Er machte klar, dass viele Unternehmen derzeit noch den günstigsten Strom seit Jahren beziehen. Natürlich hebe es auch in den vergangenen Jahren immer wieder Spitzen gegeben, aber da bewahrheitete sich oft auch der Gedanke: „Das wird schon wieder“.
Preise bleiben auf hohem Niveau
Von diesem Gedanken sollte man sich aber verabschieden, denn „Die Preise bleiben wohl auf hohem Niveau, mittelfristig werden wir keine niedrigen Preise mehr sehen“, betonte Vogt, der eine unangenehme Prognose in den Raum stellte: „Das nächste Jahr wird beim Gas wohl das teuerste Jahr werden, das wir bisher erlebt haben.“ Viele Unternehmen hätten die Hoffnung, dass sich die Welt bis Ende des Jahres bessert – vergeblich: „Immer mehr Versorger machen die Türen zu, sie wollen keine Risiken mehr eingehen.“ Den Unternehmen riet er, sich sofort um die Verträge zu kümmern und Energie zu sparen, wo dies möglich sei.
Einigen wird es an den Kragen gehen
In der Diskussion nach den Statements stellte sich heraus, wie groß die Sorgen und manchmal auch die Wut der Unternehmer sind. „Es wird wohl einigen an den Kragen gehen“, dieser Satz brachte vieles von dem, was den Zuhörern durch den Kopf ging, auf den Punkt.
Heftige Kritik wurde geübt am „Merit-Order-System“, das derzeit den Erzeugern alternativer Energien wie Wind oder Biomasse „die Taschen füllt“, bekommen sie doch für ihre preiswert erzeugten Strom denselben Preis wie die Gaswerke, die unter hohen Kosten Strom erzeugen. „Da gibt es Leute, die machen jetzt den großen Reibach. Und wir können schauen, wo wir bleiben“, war zu hören.
krb