Kein Wunsch, sondern Forderung
Lärmschutz bei A94 reicht nicht: Bürgermeister setzen Verkehrsminister unter Druck
Die anhaltende Lärmbelästigung ihrer Bürger wollen elf Bürgermeister der besonders geplagten Anlieger-Gemeinden der A94 nicht mehr länger hinnehmen. Mit der Forderung nach Verbesserungen jetzt wenden sie sich an die Verkehrsminister des Bundes und des Freistaats Bayern.
Schwindegg/Obertaufkirchen/ Rattenkirchen – Die A 94 sorgt weiter für Unmut. Jetzt haben sich die Bürgermeister der Gemeinden Rattenkirchen, Schwindegg und Obertaufkirchen an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer gewandt. Sie fordern zusammen mit acht weiteren Bürgermeistern aus dem Landkreis Erding die CSU-Politiker auf, nicht nur „auf eine baldige Absenkung“ der Lärmvorsorgewerte der 16. Bundes-Immissionsschutzverordnung hinzuwirken, sondern bereits jetzt sogenannte „überobligatorische Maßnahmen“ umzusetzen.
Ist-Zustand kann nicht akzeptiert werden
Dazu gehören „die nachträgliche Herstellung eines lärmmindernden Belages“, wo jetzt eine Waschbetonoberfläche ist, und die Einkapselung der Wartungsgänge unter den Übergangskonstruktionen der Großbrücken. Als weitere Maßnahmen führen sie die nachträgliche Erhöhung der Lärmschutzwände auf den Brücken und die Montage von Lärmspoilern oder alternativ das Ersetzen der bestehenden reflektierenden Lärmschutzwände durch absorbierende Wände an.
Dabei macht Schwindeggs Bürgermeister Roland Kamhuber deutlich: Dies sei kein Wunsch, sondern eine Forderung. Den jetzigen Zustand werde man „auf keinen Fall akzeptieren“. Er betont, dass hier über Gemeinde- und Landkreisgrenzen hinweg „alle an einem Strang ziehen“.
Bislang keine Lärmschutzmaßnahmen bei kleinen Weilern
Einer der weiteren Initiatoren dieser Initiative ist Rattenkirchens Bürgermeister Rainer Greilmeier. Auf dem Gemeindegebiet hat die Autobahn ausschließlich die viel kritisierte Waschbetondecke. Er macht auch darauf aufmerksam, dass es beispielsweise bei kleinen Weilern „gar keine Lärmschutzmaßnahmen gibt“. Hier müssen der Freistaat und der Bund „noch einmal in ihre Geldbeutel greifen und nachbessern“, fordert Greilmeier. Schließlich gehe es „um die Gesundheit der Bürger“.
Deshalb ärgert er sich auch, dass die Messwerte, die bei einem Messpunkt im Bereich Rattenkirchen ermittelt wurden, bereits jetzt nur ganz knapp unter dem Grenzwert sind und man von der Politik keinen Handlungsbedarf sieht. „Das kann ich nicht akzeptieren“.
Bundesverkehrsministerium ist das Anliegen bekannt
Vom Bundesverkehrsministerium war lediglich die Auskunft zu bekommen: „Dem BMVI sind Thema und Anliegen bekannt. Das Ministerium steht hierzu im Austausch mit der Autobahn GmbH und den zuständigen Landesbehörden.“
Obertaufkirchens Bürgermeister Franz Ehgartner regt an, die Lärmschutzmaßnahmen erst einmal als eine Art Pilotprojekt anzugehen, bei dem neue Techniken getestet werden können.
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Handlungsbedarf sehen die Kommunalpolitiker, weil Messungen an drei Messorten ergeben haben, dass sich der Lärmpegel bereits jetzt nur knapp unter den vorgegebenen Grenzwerten bewegt. Dabei liegen nach ihren Worten die Verkehrszahlen erst bei 60 bis 80 Prozent der Prognose für das Jahr 2025.
Einzelwerte bereits jetzt über den Grenzwerten
Bürgermeister Ehgartner ergänzt, dass bei einem Messpunkt im Bereich der Gemeinde Obertaufkirchen bei Ebering an 64 Tagen gemessen worden sei. Der Wert liege im Schnitt bei 53,7 Dezibel; erlaubt sind 54 Dezibel. Wenn man die Werte einzeln betrachte, liegen aber 30 Werte bereits über den erlaubten 54 Dezibel.
Die lärmgeplagten Bürger fühlen sich von der Politik im Stich gelassen, sagt Roland Kamhuber. Durch den Bau der Fahrbahnen mit Waschbeton und querliegenden Dehnungsfugen sei die A 94 einfach zu laut.
Verkehrsministerin will sich für Änderung der Verkehrslärmschutzverordung einsetzen
Aus dem bayerischen Verkehrsministerium heißt es dazu, dass auf Basis der Ergebnisse die geltenden gesetzlichen Regelungen eingehalten wurden. Dem Freistaat seien deswegen die Hände gebunden. Zuständig für die Bundesautobahnen ist seit Januar die neue Infrastrukturgesellschaft „Die Autobahn GmbH des Bundes“. Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer sagt: „Ich setze mich beim Bund dafür ein, die Verkehrslärmschutzverordnung zu ändern.“
Bürgermeister regt permanente Gewschwindigkeitsüberwachung an
Ein Vorhaben, zu dem Franz Ehgartner sagt: „Das ist ein dickes Brett, das so schnell nicht gebohrt werden kann.“ Weil für die Lärmbelastung in besonderem Maße Lastwagen verantwortlich seien, regt er als Sofortmaßnahme eine permanente Geschwindigkeitsüberwachung an.
Betroffene: Keine Einwände möglich
Die Bürgermeister kritisieren außerdem, dass die Lärmschutzwände und der Fahrbahnbelag in der jetzigen Form durch Planänderungen zustande gekommen seien, die „ohne Beteiligung der Kommunen und der Öffentlichkeit“ vorgenommen wurden. „Betroffene Anwohner hatten keinerlei Möglichkeit, Einwände zu erheben.“ Und sie erinnern daran, dass „die Autobahndirektion bereit war, bis zu 100 Millionen Euro für den Schutz von Fledermäusen auszugeben“.