„Earth Hour“: Nicht alle im Kreis Mühldorf begeistert
Warum dunkle Straßen keine Bedrohung der Sicherheit sind: Paten der Nacht geben Auskunft
Am Samstagabend, 25. März, soll es weltweit für eine Stunde zappenduster werden. Die WWF-Aktion richtet sich an Städte und Unternehmen. Die Begeisterung ist nicht bei allen Adressaten im Landkreis gleich groß. Manche fürchten um ihre Sicherheit. Das ist ein Mythos, sagen die Paten der Nacht.
Mühldorf am Inn - Diese Aktion des WWF ist ganz genau terminiert: Am Samstag (25. März) sollen weltweit um 20.30 Uhr eine Stunde lang die Lichter ausgehen. Die Mühldorferin Margit Seifert und der Kraiburger Tom Hilger engagieren sich dafür.
Earth Day, Earth Night oder Earth Hour? Verliert man bei all diesen Aktionen langsam nicht den Überblick?
Tom Hilger: Die Namen sind so ähnlich, dass wir uns selber manchmal schwertun. Da gibt es sicher Abnutzungserscheinungen. Aber es bleiben wichtige Anliegen.
... also auch die Earth Hour?
Hilger: Eigentlich ist diese Aktion des WWF noch allumfassender als die Earth Night, weil es nicht nur um Licht geht, sondern ums Energiesparen. Jedoch einfach eine Stunde mitzumachen und sich zu sagen - „Jetzt bin ich safe!“ - reicht nicht.
Margit Seifert: Richtig! Man kann natürlich eine Stunde bei Kerzenschein sitzen. Will man aber langfristig auch was gegen Lichtverschmutzung tun, sollte man schauen, dass helles Innenlicht nicht nach draußen strahlt.
Spielt also zu viel Symbolik und weniger Nachhaltigkeit in die Aktion hinein?
Hilger: Die beteiligten Kommunen oder Unternehmen müssen ja nicht gleich um halb zehn Uhr wieder einschalten. Die interessierten Bürgermeister könnten die Earth Hour zur Earth Night erweitern. Das wäre doch eine Chance, um die Menschen langsam an das Thema Dunkelheit heranzuführen. Es steht und fällt damit, wie offen die Leute jeweils vor Ort sind.
Seifert: Nicht nur das: Für eine Nacht oder eine Stunde das Licht abzuschalten, ist ein wahnsinniger Aufwand. Und die Energielieferanten machen das natürlich nicht umsonst.
Natürlich könnte man auch argumentieren - unsere Gemeinde hat bereits auf LED umgerüstet, wir brauchen keine weiteren Aktionen. Sind wir dann bereits am Ende der Fahnenstange?
Hilger: Das wäre ja ideal, vor allem wenn es dadurch weniger Lichtverschmutzung gäbe. Dem ist aber leider nicht so. Wenn alle sparsam mit der Energie umgehen beziehungsweise wenig Lichtverschmutzung erzeugen, kann man zu besonderen Anlässen das Licht wieder einschalten. Natürlich ist das weit weg. Aber gedanklich müssten wir tatsächlich dahinkommen. Das wird dauern. Es hat ja auch Jahrzehnte gebraucht, um uns an die „aktuelle“ Lichtverschmutzung zu gewöhnen.
Seifert: Noch ein Wort zu den LEDs: Die sind Teil des Problems. Damit ist Licht so billig geworden, dass man sich oft über ein Abschalten gar keine Gedanken mehr macht.
Apropos Visionäre - gibt es die auch hier am Inn?
Seifert: Sie meinen, wie die Trostberger? Ja, so eine Nachtabschaltung wie bei denen, und sei’s nur von 1 bis 5, hätte ich gut gefunden. Schade, dass der Stadtrat Mühldorf die überholte Einstellung „Licht = Sicherheit“ und „Dunkelheit = Haftungsrisiko“ nicht verlassen hat. In einem halbstündigen Vortrag vor dem Gremium zu diesen Themen könnte ich etliche „Licht-Mythen“, die nur auf den ersten Blick stimmen, plausibel begründet aus dem Weg räumen. Eine differenziertere Betrachtung wäre wichtig, gerade in solchen Gremien. Ich glaube, viele Mühldorfer sind bereit, neue Wege auszuprobieren.
Abgesehen von dem Vorschlag der Nachtabschaltung in einigen Stadtteilen - welche Vorschläge sind auf dem Tisch?
Seifert: Auch die Unternehmen sollten in die Pflicht genommen werden. Denken Sie an unsere Aktion „22 Uhr – Licht aus“. Unter den rund 340 Unternehmen, die sich deutschland- und österreichweit beteiligen, also ihr Werbelicht freiwillig spätestens um 22 Uhr ausschalten, sind hier bei uns SMR, Getränkemarkt Lasner, FTZ und seit kurzem Byodo Vorreiter. Wenn nun auch bei uns Kommunen Lichtleitlinien erlassen würden, die Werbebeleuchtung in Dauer und Helligkeit begrenzen, wäre das „Wettrüsten“ mit einem Schlag beendet.
Wo bleibt dabei der Bürger?
Seifert: Viele Menschen lieben Deko-Lichter an Haus und Garten. Aber ich erlebe immer wieder, dass sie dies freiwillig einschränken, wenn sie über die negativen Folgen Bescheid wissen. Aufklärung wirkt viel nachhaltiger als Verbote.
Wie könnte die Earth Hour für die Menschen attraktiver werden?
Hilger: Machen wir eine ganz Nacht daraus. Beispielsweise einen Oldschool-Spieleabend mit Familie und Freunden. Da wird einem nichts weggenommen, sondern das Bewusstsein füreinander geschärft.
Seifert: Eine gute Idee! Wie viel Energie kann ich einsparen? Wo sind die Stromfresser? Wenn das mehrere in einem bestimmten Rahmen machen, kann man sehen, wie plötzlich der Verbrauch im Ganzen runtergeht.
Wo im Landkreis Mühldorf die Lichter ausgehen
Um für eine zusätzliche Stunde das Licht bei den Landkreis-Liegenschaften wie Schulen und Verwaltungsgebäuden auszuschalten, gebe es nur begrenzte Möglichkeiten. Da es sich bei der aktuellen Earth Hour um einen Samstagabend handelt, sollten „weitgehend alle Lichter ausgeschaltet sein“, heißt es aus dem Landratsamt. In Mühldorf ruft die Aktionsgemeinschaft der Händler zur Teilnahme auf, bestätigt Vorsitzender Christian Kühl. - Die Stadtverwaltung der Kreisstadt informiert via Social Media und Homepage über die Aktion, um die Bürger zur Teilnahme zu motivieren. Davon abgesehen habe man bereits seit Längerem zum Klima- und Naturschutz die Fassadenbeleuchtung dauerhaft abgeschaltet, heißt es vonseiten der Kreisstadt. - Einen Nachtspaziergang durch Mühldorf bieten Wilfried Bott und Tom Hilger (Paten der Nacht) pünktlich zur Earth Hour ab 20.30 Uhr an. Start ist am Münchner Tor. - In Waldkraiburg wird in diesem Jahr 60 Minuten lang die Beleuchtung am Rathaus, dem Dorfplatz Pürten und dem Dorfplatz in St. Erasmus angeschaltet, meldet die Stadt Waldkraiburg. - Außer mit der Rathausbeleuchtung wird sich Neumarkt-St. Veit aufgrund des großen Aufwands nicht beteiligen, informiert Bürgermeister Erwin Baumgartner. Man habe bereits durch die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen „unglaublich gespart“. Das sei viel mehr als die eine symbolische Stunde.

