Am Rande notiert – eine Glosse
Glückliche Yvonne, trauriger Dibimbo: Vom Freiheitsdrang Mühldorfer Tiere
Der Sommer ist seit jeher die Zeit der auffälligen Tiere. Jetzt erinnert eine Schildkröte Autor Markus Honervogt an die Kuh Yvonne, die vor Jahren im Wald lebte. Zum Glück gab es damals noch kein Instagram. Eine Glosse.
Die Mühldorfer Familie hätte gewarnt sein können, war ihre Schildkröte doch als Rumtreiber schon höchst verdächtig. Ein Bekannter hatte sie gefunden, weitab jeder Zivilisation. Dann an die Mühldorfer weitergegeben, weil er keinen eigenen Garten hat.
Ab in die Freiheit
Das neue Zuhause galt als sicher: ein kleiner Teich, täglich frische Salatblätter und vor allem ein fast undurchlässiger Gartenzaun. Und ein neuer Name: Dibimbo hieß die Schildkröte ab sofort.
Durch welche Drehstützaufrichtbewegung sich Dibimbo nun trotzdem in die Lage versetzte, sich durch den Zaun zu quetschen und ihr neues Zuhause – sagen wir mal vorsichtig: fluchtartig – zu verlassen, ist nicht bekannt. Fest steht: Auf einmal war sie fort.
13 Jahre ist es jetzt her, dass ein deutlich größeres Tier den Landkreis in Atem hielt: Die Kuh Yvonne, die im Mai 2011 ausbüxte, und ihre Freiheit im Wald bei Zangberg über drei Monate genießen konnte. Trotz eines Großaufgebots an Jägern, Tierschützern und Fotografen. Erst als sie das Wildtier-Dasein satthatte, schloss sie sich aus freiem Willen einer Herde an.
Yvonne, das lässt sich sagen, hatte großes Glück, dass die sozialen Netzwerke, allen voran Instagram, noch ganz in den Kinderschuhen steckten. Denn mit analogen Mitteln wie Betäubungsgewehren war ihr nicht beizukommen.
Die familiäre Suchaktion nach Dibimbo, die umfassende Recherche in der Nachbarschaft: alles Fehlanzeige. Was also tun?
Irgendjemand schließlich fand das Tier und lieferte es im städtischen Fundbüro ab. Dort traf sie auf einen freundlichen Mitarbeiter, der offensichtlich so tier- wie internetlieb die Fundsache zwischen all den Schönheitstipps und Urlaub-Hot-Spots auf Instagram postete. Und kaum einen Tag später kaute Dibimbo wieder im vertrauten Garten am Salatblatt herum.
Ob die Schildkröte schon wieder neue Ausbruchspläne hegt, ist nicht bekannt. Die Gastgeberfamilie jedenfalls tüftelt an einer Verhinderungslösung ohne Zaun und Gehege, weil das den Rumtreiber bekanntlich eh nicht hält.
Und diese Lösung kann in einer digitalen Welt nur ein kleiner Tracker sein, ein 50-Cent-großer Chip, wie ihn Hunde oder Katzen häufig im Halsband tragen und der ständig über den Aufenthaltsort des Trägers Auskunft gibt.
Das Problem bei der Schildkröte: Wo befestigt man ihn? Informationen dazu gibt es sicherlich beim netten Mitarbeiter im Fundbüro. Und falls der es nicht weiß, wird er es auf Instagram posten. Eine Antwort ist sicher.


