„Wir alle müssen krisenfester werden“
Für den Notfall bereit? So will sich der Landkreis Mühldorf beim Katastrophenschutz neu aufstellen
Die Frage nach dem „Was wäre wenn ...“ bestimmte die letzten Sitzungsminuten des jüngsten Kreistags. Was passiert im Fall von Überschwemmung und Starkregen, Unfall mit Giftstoffen, Atomunfall, Amokläufen etc.? Landrat Max Heimerl erklärt auf Nachfrage, dass sich der Landkreis gerade „strategisch, personell und organisatorisch“ neu aufstelle.
Mühldorf – Gibt es eigentlich Pläne für ein „Brutalereignis“? Ampfings Bürgermeister Josef Grundner steht auf und richtet sich nachdrücklich an die versammelten Kreisräte in der Turnhalle des BSZ Mühldorf, wo der jüngste Kreistag abgehalten wurde.
Die Frage nach dem „Was wäre wenn ...“ bestimmte die letzten Sitzungsminuten, in denen über einen Prüfungsantrag der CSU-Fraktion zum Klimaschutz informiert wurde. Bereits in seinem Schreiben an Landrat Max Heimerl vom Mai hat Grundner als Fraktionschef hier Druck gemacht: Was passiert im Fall von Überschwemmung und Starkregen, Unfall mit Giftstoffen, Atomunfall, Amokläufen etc.? Die Liste scheint nicht abzureißen.
Besorgniserregende Entwicklung
„Es geht darum, einen Plan B in der Schublade zu haben“, betont Ampfings Bürgermeister, der in dem Zusammenhang aber auch den großen Einsatz der ehrenamtlichen Helfer der Feuerwehren, aber auch des THW lobte. An fehlender Manpower liege es nicht. Dennoch: Der Landkreis habe in den letzten Jahrzehnten die Einheiten abgebaut, die für verschiedenste Katastrophenszenarien zuständig waren. Vor 20 Jahren war noch keine Rede von Cyberangriffen oder gar einem Atomschlag.
Auch der Landkreis hat das Thema auf dem Schirm, die Ausführungen von Dr. Benedikt Burkardt, im Landratsamt für Öffentliche Sicherheit und Ordnung und damit auch für Katastrophenschutz zuständig, sind ausführlich.
Weltkrisen geben Anlass zur Sorge
Die Strom und Energie betreffenden Punkte Blackout und längerfristige Störung der Gasversorgung wurden unter anderem genannt, die mit Blick auf das Weltgeschehen Anlass zur besonderen Sorge geben. In diesem Zusammenhang wäre auch daran zu denken, sogenannte „Katastrophenschutz-Leuchttürme“ zu benennen, die als Anlaufstellen in den Gemeinden in Sachen medizinische Erstversorgung, Kommunikation, Strom etc. installiert werden könnten. Berlin sei hier Vorreiter.
„Coronalastig“ mit Blick etwa auf Test- und Impfzentren, Schnelltestungen sei die aktuelle Katastrophenschutzpolitik, so Burkardt. Jetzt soll auch anderes verstärkt ins Blickfeld, was seit Ende des Kalten Kriegs immer mehr ins Hintertreffen kam.
Aktuell sind noch drei Personen, davon zwei in Teilzeit, für den Brand- und Katastrophenschutz abgestellt. Derzeit werde jedoch darüber hinaus eine neue Stelle „technischer Leiter“ installiert, heißt es vonseiten des Landratsamts.
Landkreis aktualisiert Einsatzpläne
Nicht nur das: Abgesehen von einem laufenden Projekt, im Zuge dessen eine Schaden-Ausmaß-Analyse bei flächendeckendem Stromausfall erstellt wird, werden derzeit auch Notfallfallpläne mit Blick auf Gasknappheit erstellt bzw. aktualisiert. Es sei zu erwarten, dass auch von Bund und Land weitere Anforderungen auf den Landkreis zukommen, heißt es weiter. „Gerade stellen wir uns im Landkreis strategisch, personell und organisatorisch neu auf“, erklärt Landrat Max Heimerl auf Nachfrage. Und weiter: Ressortübergreifendes Handeln aller staatlichen Stellen, Kommunen und Hilfsorganisationen sei gefordert. „Wir alle müssen krisenfester werden, denn wir stehen vor enormen Herausforderungen“, betont der Landrat.
Speziell organisierte Katastrophenschutzeinheiten in einer festen Struktur gibt es in Bayern nicht, Hilfspotenzial kommt über einzelne Behörden des Freistaats, Gemeinden, Feuerwehren, Freiwillige Hilfsorganisationen, aber auch durch das THW oder Bundespolizei. Das Landratsamt hat als vorbereitende Maßnahme die Aufgabe, Katastrophenschutz sowie Alarm- und Einsatzpläne aufzustellen, die Katastropheneinsatzleitung zu regeln, eine rasche Alarmierung der Beteiligten sicherzustellen, die notwendige Ausstattung für den Einsatz bereitzuhalten sowie Katastrophenschutzübungen durchzuführen.
Auch die Hitze ein Thema
Katastrophenschutz ist eines der Themen, die Sandra Bubendorfer-Licht besonders umtreiben; im Kreistag gab die Kreisrätin und Bundestagsabgeordnete als Obfrau des Ausschusses Inneres und Heimat dazu einen aktuellen Abriss aus der Bundespolitik.
Nicht nur mit Blick auf die Energieversorgung und nicht erst nach der Flut-Katastrophe vom Ahrtal 2021 mache sich Berlin sehr wohl verstärkt Gedanken. Die Auswirkungen des Klimawandels könne man aktuell schon an dem Plus von mehreren Prozent an Hitzetoten nachspüren. Nicht nur die Flut, sondern auch die Hitze sei ein Thema für den Katastrophenschutz, betont Bubendorfer-Licht.