Wahlkreis Altötting-Mühldorf
Bundestagswahl 2025: Martin Antwerpen (ÖDP) im Steckbrief und zu den wichtigsten Fragen
Bei der Bundestagswahl stehen im Wahlkreis Altötting-Mühldorf neun Erststimmenkandidaten zur Wahl. Wir stellen alle Bewerber für das Direktmandat einzeln vor. Dieses Mal: Martin Antwerpen (ÖDP).
Mühldorf – Bei der Wahl am 23. Februar 2025 wollen im Wahlkreis Altötting-Mühldorf neun Kandidatinnen und Kandidaten direkt nach Berlin – sieben Männer und zwei Frauen. Wer die meisten Erststimmen für sich verbucht, ist „drin“. rosenheim24 stellt die Kandidaten einzeln im Steckbrief vor und hat sie mit einigen Kernfragen konfrontiert. Hier sehen Sie die Antworten von Martin Antwerpen (ÖDP).
Steckbrief und politische Schwerpunkte
Martin Antwerpen, 63 Jahre, Altötting, verheiratet, drei erwachsene Kinder; seit 2004 arbeite ich als Religionslehrer an einer kirchlichen Realschule. Außerdem arbeite ich in der Erzdiözese München-Freising im KiS (Krisenintervention an Schulen) und am schulpastoralen Zentrum Traunstein mit. Von 1997 bis 2000 habe ich in einer Großstadtpfarrei in Lima, Perú, eine Teilgemeinde leiten dürfen.
Ehrenamtlich tätig bin ich als Stadtrat der ÖDP in Altötting, Kreisrat im Landkreis Altötting, Kreisvorsitzender der ÖDP, Ortsvorsitzender der KAB (Katholische Arbeitnehmerbewegung); Mitarbeit auf Kreis- und Diözesanebene der KAB, Mitglied im Weltladenteam in Altötting und im Diözesanausschuss Mission und Entwicklung der Diözese Passau, Mitglied im AOK-Beirat der AOK Mühldorf/Altötting; Naturschutzreferent der DAV-Sektion Neu-/Altötting.
Gerne halte ich mich in meiner Freizeit in der Natur auf, ich wandere gerne und mache im Winter Skitouren.
Ich kandidiere für die ÖDP, weil diese Partei meiner Ansicht nach auf die wichtigen Zukunftsthemen – wie Klimawandel, Umbau der Energiegewinnung zu regenerativen Energien, gemeinwohlorientiertes Wirtschaften, Stärkung der Familien, Erhalt der kleinbäuerlichen Landwirtschaft – vernünftige und glaubwürdige Antworten hat. Gerade als Religionslehrer und Christ ist mir der Erhalt unserer Schöpfung ein besonderes Anliegen.
Der Resignation muss man durch politisches Engagement, durch persönliches öffentliches Auftreten und auch durch persönliche Veränderungsbereitschaft entgegentreten. Das mache ich. Auch die technische Entwicklung ermutigt mich: Die Wind-, Sonnen- und Speichertechnik macht gerade riesige Fortschritte, sodass Öl, Gas und Atomspaltung (samt ihren Fans aus der Politik) den Wettkampf zumindest am Markt verlieren werden. Das ist meine Vision.
Klimawandel und Extremwetter
Klimawandel und Extremwetter mit katastrophalen Folgen für Mensch und Natur sind ein globales Problem. Was können Sie als Abgeordnete bzw. Abgeordneter tun?
Antwort: Der Klimawandel als Folge der Verbrennung von Öl, Kohle und Gas ist die Mutter aller Herausforderungen an die Politik. Das ist wissenschaftlicher Konsens und keine Ideologie. Die ÖDP tritt seit ihrer Gründung für eine Steuerreform für Arbeit und Umwelt ein. Fossiler Energieverbrauch muss schrittweise höher besteuert werden.
Im Gegenzug müssen die Sozialabgaben auf die Arbeitsstunde gesenkt werden. Klimaschutz muss sich lohnen und sozial gerecht sein. Deswegen werde ich mich für das Konzept des Klimageldes einsetzen. Es soll die Klimaschutzpolitik sozial verträglicher und gerechter gestalten. Das Klimageld – finanziert durch staatliche Einnahmen aus CO₂-Preisen – wird gleichmäßig an alle Bürger und Bürgerinnen gezahlt. Je umweltschonender jemand lebt, desto mehr bleibt ihm vom Klimageld.
Darüber hinaus brauchen wir günstige und attraktive öffentliche Verkehrsmittel, auch im ländlichen Raum. Zum Entzug von CO₂ aus der Atmosphäre und zur Kohlenstoffbindung werde ich mich für den gezielten Humusaufbau, den Erhalt von Grünland, den Aufbau und Schutz klimaresilienter Wälder, die Pflanzung von Hecken an Ackerrändern sowie die Stabilisierung von Mooren und deren Wiedervernässung einsetzen. Wir brauchen einen Masterplan zum Ausstieg aus der Nutzung aller fossilen Energieträger.
Migration und Integration
Der Zustrom von Flüchtlingen ist ein großes Thema in Deutschland. Was kann aus Ihrer Sicht bei der Migration und der Integration der Menschen verbessert werden?
Antwort: Die Festung Europa ist keine Perspektive. Migration ist keine Erscheinung unserer Tage. Kein Mensch verlässt ohne Not seine Heimat. Die Tatsache, dass Menschen ihre Heimat verlassen und sich unter Lebensgefahr auf den Weg nach Europa machen, ist eine Realität. Ursache sind oft Kriege, ungerechte Handelsbeziehungen und mangelnde Perspektiven für ein Leben in Freiheit und Sicherheit.
Unser Wohlstand gründet sich in erheblichem Maße auf billige Rohstoffe aus solchen Ländern. Wir müssen uns somit nicht wundern, wenn die Armut in Gestalt von Flüchtenden aus diesen Ländern an unsere Tore klopft und um Einlass bittet.
Gleichzeitig müssen wir aber wissen, wer diese Menschen sind, um groben Missbrauch unserer sozialen Errungenschaften zu vermeiden. Es müssen deshalb alle technischen Möglichkeiten genutzt werden, um Neuankömmlinge an den EU-Außengrenzen erkennungsdienstlich mit Fingerabdruck zu registrieren und zentral zu erfassen. Danach gilt es, sie solidarisch innerhalb der EU zu verteilen.
Zur schnelleren Integration müssen die zeitlichen und formalen Hürden auf dem Weg in den Arbeitsmarkt gesenkt werden. Die Sprachbarriere lässt sich am schnellsten im täglichen Umgang mit Mitarbeitern abbauen. Schulen und Kitas müssen personell in die Lage versetzt werden, Kinder aus zugewanderten Familien in die Klassen und Gruppen zu integrieren, damit diese entsprechend gefördert werden können.
Unter diesen Bedingungen kann Vielfalt als Bereicherung für alle gelebt und erlebt werden. Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen sind oft auch Brücken zu deren Eltern, die aktiv ins Leben der Einrichtungen eingebunden werden müssen.
Inflation und Wohlstandsverlust
Ob Heizungsrechnung, Miete oder frisches Gemüse – alles wird teurer. Immer mehr Menschen können sich das nicht mehr leisten. Wie lassen sich Inflation und Wohlstandsverlust stoppen?
Antwort: Die bisherige Wirtschaftspolitik zerstört unsere natürliche und soziale Umwelt. Klimawandel, Flächenversiegelung und Bodenerosion, Schadstoff- und Lärmemissionen, Artenschwund, überfischte Meere, aber auch die zunehmende Einkommens- und Vermögensspreizung, halten es uns tagtäglich vor Augen.
Nur eine Wirtschaftsweise, die zu einer ökologischen Gleichgewichts- und Kreislaufwirtschaft führt und sich in die Kreisläufe der Natur einfügt, kann auf Dauer bestehen. Besonderes Augenmerk ist diesbezüglich auf die Nutzung der Gemeingüter (Grund und Boden, Wasser, Luft, Bodenschätze und so fort) zu legen. Ebenso müssen wir auf die Rahmenbedingungen der menschlichen Arbeit und auf die Finanz- und Kapitalmarktordnung achten.
Als ÖDP wollen wir die negativen Auswirkungen unseres Wirtschaftens verhindern und die Wirtschaft zu ihrem eigentlichen gemeinwohlorientierten und lebensdienlichen Sinn bringen. Nachhaltige und soziale Kriterien können nicht mehr berücksichtigt werden, wenn dem Markt absolute Freiheit zugesprochen wird. Daher streben wir eine faire Gestaltung des Steuerrechts an. Kleine und mittlere Erwerbseinkommen müssen von Steuern und Abgaben entlastet werden. Im Gegenzug müssen hohe Einkommen, Kapitalerträge, große Vermögen und Erbschaften höher besteuert werden. Und Produkte müssen entsprechend ihrem Rohstoffverbrauch und ihrer Umweltbelastung besteuert werden. Wir brauchen Preise, die die ökologische und soziale Wahrheit sagen.
Wirtschaft und Arbeitsplätze
Der Status Deutschlands als Exportweltmeister, Wirtschaftsmacht und Industrienation scheint zu wackeln. Was muss man tun, damit Deutschlands Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt und attraktive Arbeitsplätze erhalten bzw. schaffen kann?
Antwort: Die aktuellen Schwierigkeiten der deutschen Automobilkonzerne macht die Versäumnisse der Wirtschaftspolitik vergangener Jahre deutlich: Der Weg in die E-Mobilität wurde insbesondere durch CDU/CSU sowie die FDP blockiert und ausgebremst. Unter dem Deckmantel der Technologiefreiheit hielt und hält man stur am Verbrennungsmotor und den teuren SUVs fest.
Währenddessen investierten insbesondere China und andere Länder konsequent in die Entwicklung preisgünstiger und moderner strombetriebenener „Volkswagen“. Genauso hat man den Bereich der technischen Errungenschaften bei den erneuerbaren Energien vernachlässigt und überließ den Markt Produzenten aus dem Ausland. Das rächt sich jetzt.
Deswegen sehe ich die Zukunft unserer Wirtschaft in der Orientierung an nachhaltigen Techniken. Der konsequente Weg in die Erzeugung regional und regenerativ erzeugter Energie auf der Basis von Sonne und Wind ist der Schlüssel für günstige Energie und damit für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Darüber hinaus wird der CO2-Ausstoß gesenkt, die Wertschöpfung bleibt im Land und die Unabhängigkeit von Öl- und Gasimporten steigt.
Alles Wirtschaften muss sich im „Ring der begrenzten Biosphäre“ abspielen. Wir haben nur diesen einen Planeten. Ziel muss eine nachhaltige und sparsame Kreislaufwirtschaft sein. Das macht uns überdies unabhängiger von globalen Lieferketten. Was wir vor Ort recyclen können, müssen wir nicht unter großen Abhängigkeiten importieren.
Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) darf nicht mehr Ziel aller Wirtschaftspolitik sein. In einer ehrlichen Gesamtrechnung müssen die ökologische Stabilität und das soziale Gemeinwohl bewertet werden. Der Erfolg muss künftig daran gemessen werden, ob sie sich mit den natürlichen Kreisläufen im Einklang befindet und ob sie sich am sozialen Gemeinwohl ausrichtet. Blindes Wachstum der Mengen ist weder erstrebenswert noch möglich.
Kein Geld für Rente und Medizin
Jahrzehntelang ist Deutschland für sein Renten- und Gesundheitssystem beneidet worden. Nun sind die Kassen leer und viele Krankenhäuser pleite. Halten Sie an der Krankenhausreform von Karl Lauterbach fest? Welche Änderungen sind notwendig?
Antwort: Die Situation der Krankenhäuser muss grundlegend verbessert werden: Dass die Reform von Herrn Lauterbach Risiken enthält, ist richtig, aber den Krankenhäusern im Freistaat geht es auch wegen der fehlenden Krankenhausplanung in Bayern schlecht. Immer wenn’s konkret wird, duckt sich die CSU weg und zeigt mit dem Finger auf andere!
Die 2023 im Wahlkampf von Ministerpräsident Söder versprochene Erhöhung der Investitionsmittel für Krankenhäuser auf eine Milliarde Euro muss unbedingt allein aus Mitteln des Freistaates Bayern geschultert werden – ohne zusätzliche Belastung der Kommunen. Der Hintergrund: Bislang müssen die Landkreise und kreisfreien Städte 50 Prozent des Investitionsbudgets über die sogenannte Krankenhausumlage aufbringen. So wie es bis jetzt ausschaut, wird das auch bei Söders Aufstockung der Mittel so bleiben. Die kreisfreien Städte und Landkreise müssen über die Umlage 50 Prozent davon bezahlen. Das vollmundige Versprechen ist also keine echte Entlastung, sondern ein faules Ei. Damit kommen weder die Krankenhäuser noch die Kommunen aus der Krise.
In Bezug auf die Defizite der Kliniken wird immer mehr der Fokus auf die Wirtschaftlichkeit gerichtet und immer weniger auf die Genesung der Patienten. Deshalb ist die Abschaffung der Fallpauschalen unbedingt notwendig. Die Gesundheit der Patienten sollte das Wichtigste sein und nicht das Monetäre.
In diesem Zusammenhang ist es für die Mitarbeiter der Kliniken auch nicht motivierend, wenn immer nur über die Defizite in den Kliniken gesprochen wird und nicht mehr über die wichtige und auch gute Arbeit. Deshalb sollte die Wertschätzung und Anerkennung der sozialen Berufe wieder mehr im Fokus sein – so wie dies zum Beispiel zu Beginn der Corona-Pandemie der Fall war.
Zudem setzt sich die ÖDP für eine gesetzliche Krankenversicherung als Bürgerversicherung ein, womit die Einnahmen- und Ausgabensituation wesentlich verbessert würde. Denn dann würden Versicherungsnehmer mit höheren Einkommen – wie Selbstständige, Angestellte oberhalb der Bemessungsgrenze und Beamte – ebenfalls in ein solidarisches System einzahlen.
Ihr Thema
Es gibt ein Thema, das hier zu kurz kommt oder in der Liste gänzlich fehlt? Ein Thema, das für Sie jedoch eine große Bedeutung hat? Dann nur zu. Nehmen Sie Stellung zu einem Thema Ihrer Wahl.
Landwirtschaft für Mensch und Natur.
Die bisherige Landwirtschaftspolitik und die Logik des EU-Subventionssystems haben zu Überschüssen und Preisverfall bei landwirtschaftlichen Produkten sowie einem fortschreitenden Höfesterben geführt. Die Landwirtschaftsbetriebe in Europa werden immer mehr in eine Abhängigkeit von Saatgut-, Futter- und Düngemittelkonzernen getrieben.
Es wird immer deutlicher, dass der eingeschlagene Weg ein Irrweg ist, der schleunigst verlassen werden muss. Bei dem so ausgelösten Konkurrenzkampf bleiben vor allem kleinere, traditionell wirtschaftende bäuerliche Familienbetriebe auf der Strecke. Sie sind Opfer einer Landwirtschaftspolitik, die auf „Wachsen oder Weichen“ ausgerichtet ist, weil die heutige Agrarordnung große, intensiv wirtschaftende und hochspezialisierte Betriebe begünstigt.
Dadurch hält das Höfesterben seit Jahrzehnten ungebremst an. Der gesamte Bereich Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Vermarktung wird zunehmend zum Geschäft von wenigen global wirtschaftenden Großkonzernen, wobei die Einführung gentechnisch veränderter Nutzpflanzen und -tiere diese Entwicklung weiter vorantreibt.
Die Landwirtschaft kann einen entscheidenden Beitrag leisten, um den Klimawandel zu bremsen. Dazu muss die Landwirtschaft hin zu regenerativen Systemen umgebaut werden. Nur wenn es gelingt, schädliche Treibhausgase aus der Atmosphäre zu entfernen und in der Humusschicht der Böden zu speichern, können die angestrebten Klimaziele erreicht und lebenswichtige Ressourcen erhalten bleiben.
Falsche Bewirtschaftung wie zum Beispiel Überdüngung und massenhafter Einsatz von Pestiziden gefährden die natürliche Fruchtbarkeit der Böden, erodieren den Mutterboden und wirken sich vor allem über die Belastung mit Nitrat verheerend auf Grund- und Oberflächenwasser aus. Entwässerung von Feuchtgebieten, Begradigung von Bachläufen und Rodung von Hecken zerstören natürliche Lebensgemeinschaften und Landschaften. Die Tier- und Pflanzenwelt verarmt.
Langfristiges Ziel der ÖDP ist eine nachhaltige Landwirtschaft mit einer ressourcenschonenden Bewirtschaftungsweise. Der ökologische Landbau ist die nachhaltigste Form bäuerlicher Landwirtschaft, da diese Bewirtschaftungsweise mit der Natur und nicht gegen sie arbeitet.
Anmerkung der Redaktion: Die Antworten des Kandidaten/der Kandidatin wurden 1:1 von der Redaktion übernommen, inhaltlich nicht überarbeitet und müssen deswegen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.