Warum die Freude über ihren „Hit“ dennoch getrübt ist? „Ich habe ein Mühldorf Lied geschrieben, das in Mühldorf niemand hören will“, klagt die 79-Jährige. Sie und ihr Lebenspartner Hubert Bleier haben seit Veröffentlichung des Stücks im Sommer viele Stellen, darunter Bürgermeister und Kulturamt, Radio ISW sowie die Blaskapellen angeschrieben. Keine Reaktion.

Kein Stück für den Seniorennachmittag

Beim Seniorennachmittag, der im Juni im Haberkasten stattgefunden hat, habe Wehr eine Mitarbeiterin des Kulturamts auf das Lied aufmerksam gemacht. „Die Dame war sehr positiv und wollte sich melden. Gekommen ist nichts“, so Gitta Wehr, die sich erinnert, dass ein paar Tage danach der Mühldorf Song von Eva Luginger und Hans Kotter herausgekommen war. Ob es hier einen Zusammenhang gibt? Beschuldigen wolle sie keinen. Gitta Wehr gehe es nur um Antworten, warum ihr Lied gemieden wird. Bei älteren Werken wie etwa dem „Volksfestlied“ haben die Musikkapellen ihre Noten nicht verschmäht, so Wehr.

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Stattdessen präsentierte Luginger ihren Song „Mühldorf, des is in“ beim jüngsten Seniorennachmittag im Stadtsaal. „Ich habe gar nichts dagegen. Eva Luginger macht das gut“, findet Wehr. Ihr volkstümlicher Hit sei jedoch ihrer Ansicht nach für eine solche Veranstaltung die bessere Wahl. Daher habe sie im Stadtsaal die Chance ergriffen und Bürgermeister Michael Hetzl direkt auf ihr Lied angesprochen. Dieser meinte, er wisse von nichts. Also wieder Fehlanzeige. Auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen bei der Stadtverwaltung sei seitens des Kulturamts kommuniziert worden, dass die Kreisstadt zumindest keinen Einfluss darauf habe, dass das Lied auf dem Traditionsvolksfest gespielt wird. Das Musikprogramm obliege ausschließlich den Festwirten beziehungsweise den beauftragten Musikkapellen. So die Antwort der Stadt Mühldorf.

Kulturamt, Radio und Musikkapellen gefragt

Ganz schön enttäuschend bleibt die ganze Sache dennoch für die Rentnerin, da besonders nach dem OVB-Artikel viele Freunde und Verwandte auf sie zugekommen seien. „Du singst doch sicher beim Seniorennachmittag und sagst es mir einfach nicht, oder?“ Damit sei Gitta Wehr kürzlich von einer Freundin konfrontiert worden. „Ich weiß einfach nicht, wie ich da reagieren soll. Mir fehlen selbst die Antworten“, Gitta Wehr zuckt mit den Schultern.

Gleiches gilt für den lokalen Radiosender ISW. Wenn Freunde und Bekannte ihre Lieder bei den Moderatoren angefragt haben, wurden sie eigentlich auch gespielt. Seitdem der Mühldorf Song auf dem Markt ist – auch hier Fehlanzeige.

„Mit einer Rücksichtsnahme auf Eva Luginger hat unsere Zurückhaltung, Frau Wehrs Musik zu spielen, nichts zu tun“, betont ISW-Senior-Chef Hans Hausner auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen. Volkstümliche Musik sei allgemein weniger fürs Radio geeignet, erklärt Hausner weiter. Jedoch werde eigentlich bei den Wunschsendungen alles gespielt, was gewünscht wird, so auch Gitta Wehrs Lieder.

Viel weitere Kreise zieht der Volksmusik-Hit aus Mühldorf im Internet. Unter den vielen positiven Kommentaren, die auf Wehrs diversen Social-Media-Kanälen unter dem Video verewigt sind, seien auch welche aus Russland, Italien oder Japan. „Alle Welt hört das Lied, nur die Mühldorfer nicht“, so der trockene Kommentar von Hubert Bleier.

Anders vielleicht als beim Mühldorf Song gehe es ihm und seiner Lebensgefährtin nicht ums Geld. Tausende Euros habe das Paar in Wehrs Hobby gesteckt.

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„Mein Mühldorf Lied“ einfach zu spät erschienen?

Unentgeltlich organisiert und produziert sei allerdings auch der Song mit Luginger und Kotter worden, betont Christian Kühl von der Aktionsgemeinschaft auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen. „Wir haben Hans Kotters Idee zu dem Projekt gerne aufgenommen, weil die Leute hier vor Ort etwas brauchen, womit sie sich identifizieren können“, erklärt Kühl die „Herzensangelegenheit“ Mühldorf Song, der via Social Media, auf Konzerten oder Veranstaltungen wie der Musiknacht immer wieder aufgelegt werde. Kühl: „Wir sind kein Profi-Musik-Vermarkter, sondern ein nur auf Ehrenamtsbasis fungierender Verein.“

Dass Gitta Wehr weniger Resonanz für ihr Lied erhalte, bedauert Kühl. Ihr Lied sei einfach ein bis zwei Monate später herausgekommen. Angeschrieben habe sie die Aktionsgemeinschaft auch nie. Kühl schüttelt mit dem Kopf: „Wir können aber auch nichts mit dem Lied anfangen, weil wir unseren eigenen Song haben.“

Dafür, dass die Händler ihren eigenen Song vermarkten, hat Gitta Wehr Verständnis. Andererseits beharrt die Rentnerin auch auf ihrem Standpunkt, dass sie zumindest Hans Kotter im Frühjahr zufällig auf der Straße getroffen habe und ihn auf ihr Lied aufmerksam gemacht habe. „Das wäre doch etwas für Kotters Lachkeller gewesen“, so Wehr. Stattdessen sieht sie Monate später Kotter rappend zusammen mit Eva Luginger in einem eigenen Video-Clip. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt für sie.

Hans Kotter bietet Hilfestellung an

Ganz anders sieht das Hans Kotter auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen. „Gitta Wehr sollte stolz auf ihren Youtube-Erfolg sein“, so das Mühldorfer Urgestein. Begehrlichkeiten und Konkurrenz gebe es keine. Alles, was gut für Mühldorf ist, finde Hans Kotters Beifall. Bei Gitta Wehrs volkstümlicher Musik muss er allerdings passen. Das passe einfach nicht in seinen Lachkeller. „Vielleicht wäre der Ökonomiestadl ein guter Konzert-Rahmen“, regt Hans Kotter an, der Gitta Wehr sogar anbietet zu vermitteln.