Bund will Schutzräume schaffen
Kein Schutz im Ernstfall? Nur fünf von 1000 Bürgern haben Platz in öffentlichen Bunkern
Sollte der Ernstfall eintreten, dann steht es schlecht um den Zivilschutz in Deutschland. Ein Beispiel für die prekäre Lage ist der Landkreis Altötting – wo es gar keinen öffentlichen Schutzraum für die Bevölkerung mehr gibt. Warum das so ist und was für mehr Zivilschutz wann unternommen werden soll.
Bayern – Dass es in Deutschland zu wenig Bunker gibt, ist spätestens seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs bekannt. So gibt es laut dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) lediglich 579 öffentliche Schutzräume (ÖSR) in Deutschland und 150 davon in Bayern. Im Ernstfall werden von eintausend Menschen also nur fünf einen Platz im Bunker haben – in Bayern sieben. Pendler, Durchreisende und Urlauber nicht mit eingerechnet. Was das BBK angesichts dieses massiven Defizits unternehmen will? Innsalzach24.de hat nachgefragt.
| Schutzräume | Schutzplätze | Einwohner | Geschützte Bevölkerung | |
| Bayern | 150 | 96.458 | 13.248.928 | 0,73 % |
| Deutschland | 579 | 478.000 | 83.456.045 | 0,57 % |
Neues Schutzraumkonzept in Arbeit
Tatsächlich sind Schutzräume wohl wieder Teil der politischen Agenda: Wie das BBK mitteilt, haben sich Bund und Länder im Rahmen der Innenministerkonferenz auf die Entwicklung eines neuen Schutzraumkonzepts verständigt. Derzeit werde eine gemeinsame Unterarbeitsgruppe gebildet, in der unter anderem das Bundesinnenministerium, das Verteidigungsministerium und die Länder zusammenarbeiten. Ziel sei es, sowohl die aktuelle Bedrohungslage als auch bauliche Voraussetzungen in Deutschland zu berücksichtigen.
Laut BBK ist geplant, geeignete öffentliche Gebäude und private Immobilien, die im Ernstfall als Zufluchtsorte dienen könnten, systematisch zu erfassen. Dazu zählen etwa Tiefgaragen, U-Bahnhöfe und Kellerräume. Auf Basis dieser Daten soll ein digitales Verzeichnis entstehen, das über Warn- und Kartendienste verfügbar ist. Bürger sollen damit Schutzorte in ihrer Umgebung auf dem Smartphone schnell finden können. Zudem sollen einfache Handlungsempfehlungen zur Herrichtung von privaten Schutzräumen entstehen.
„Derzeit werden Kriterien öffentlicher Zufluchtsorte abgestimmt, um eine Identifikation geeigneter Bausubstanz zu ermöglichen“, so das BBK. „Anschließend soll die bundesweite Erfassung zügig angestoßen werden.“ Das BBK führe bereits erste Gespräche mit den App-Entwicklern zur Integration des digitalen Schutzraum-Verzeichnisses. Zudem sollen Informationsprodukte zu Schutzmöglichkeiten oder zu einfach umzusetzenden Maßnahmen, mit denen private Kellerräume zu schutzbietenden Räumen hergerichtet werden können, noch in diesem Jahr veröffentlicht werden.
Förderung für bis zu eine Million Schutzplätze beantragt
In die Ausarbeitung des Konzepts fließen laut dem BBK neben Experten-Stimmen auch Erfahrungen aus dem Ausland, wie der Ukraine, ein. „So wurde deutlich, dass es im Einzelfall notwendig sein kann, dass sich Bürger über mehrere Stunden hinweg in öffentlichen Zufluchtsorten aufhalten müssen“, teilt das BBK mit. Um dies gewährleisten zu können, wird auch an die konkrete Ausstattung der Schutzräume gedacht: Beispielsweise mit Feldbetten, sanitären Anlagen und der Bereitstellung von Wasser und Lebensmitteln.
Im Bundeshaushalt für 2026 wurde bereits eine Pilotförderung für bis zu einer Million Schutzplätze beantragt. „In einem solchen Pilotverfahren soll gelernt werden, was Menschen in Zufluchtsorten tatsächlich über welchen Zeitraum benötigen – und welche Ausstattung dabei gegebenenfalls zu viel oder zu wenig ist“, erläutert die Pressesprecherin des BBK. Anschließend soll die Fördermaßnahme evaluiert und geplante Fördersummen für die Umsetzung in den Kommunen entsprechend angepasst werden. „Ebenfalls soll der Gesamtbedarf an Schutzplätzen in öffentlichen Zufluchtsorten auf Basis der konkreten Sicherheitsbedarfe der Bundesrepublik geprüft werden.“
Zuletzt soll auf Basis der neuen Erkenntnisse die Förderung zur Schutzraum-Ausstattung in den Jahren 2027 bis 2029 entsprechend hoch skaliert werden. Dies betrifft jedoch ausschließlich öffentliche Zufluchtsorte. „Für andere Schutzraumarten – wie etwa für private schutzbietende Räume – werden gesonderte konzeptionelle Ansätze verfolgt“, erklärt die Sprecherin des BBK.