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Schließung des Dyneon Standort im Chemiepark Gendorf

„Wenn uns die Leute weglaufen, wird die Produktion bald stehen“: Kanzler über Dyneon-Schließung informiert

Florian Brunn, SPD-Landtagsabgeordneter, vor den Mitarbeitern des Chemieparks Gendorf.
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Florian Brunn (1. v. r.), SPD-Landtagsabgeordneter, vor den Mitarbeitern des Chemieparks Gendorf.

Es gehe nicht nur um die Zukunft von Dyneon, sondern auch um die des Chemiedreiecks und ganz Europas: Arbeitsminister Heil, Gewerkschaft und Betriebsrat bitten die Mitarbeiter zu bleiben – Gespräche laufen.

Burgkirchen/Alz – Es stehen nicht nur 1000 Arbeitsplätze in Gendorf auf dem Spiel, sondern die Zukunft ganz Europas, denn wie Dr. Peter Engel, Betriebsratsvorsitzender der Dyneon formulierte: „Ohne die Produkte der Fluorchemie fährt kein Auto, fliegt kein Flugzeug, gibt es kein Handy und keinen Computer, keine Stents und Aorta-Bögen. Ohne Fluorpolymere aus Gendorf dreht sich auch kein Windrad.“

Sowohl Engel als auch Gewerkschaftsvorsitzender Michael Vassiliadis baten am 16. Februar die Mitarbeiter von Dyneon zu bleiben: „Wenn uns die Leute weglaufen, wird die Produktion bald stehen – und wenn wir stehen wird das Werk nicht mehr angefahren“, so Engel. Es gebe viel Unterstützung und Solidarität seitens umliegender Betriebsräte. In zwei Monaten sei so viel passiert. Mit von der Partie war auch Landtagsabgeordneter Florian von Brunn (SPD), welcher der Meinung war, dass Chemie und gute Umweltpolitik zusammengebracht werden könnten. Die Nachricht über die Dyneon-Schließung hat inzwischen sowohl den Bundeskanzler Olaf Scholz und auch die EU erreicht.

Peter Engel, Betriebsratsvorsitzender der Dyneon GmbH im Chemiepark Gendorf.

Bundesarbeitsminister Heil: „Regierung tut, was sie kann“

Bei seinem Besuch in Burghausen, kündigte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nach Gesprächen mit 3M-Vertretern und der hiesigen Industrie an, sich an die 3M-Konzernzentrale zu wenden: Mit der dringenden Bitte, den Dyneon Standort zu erhalten bzw. zu veräußern. Angesichts der oben genannten Hintergründe, dürfte dies wenig erfolgversprechend sein. Als zweiten Schritt müsse die Debatte auf europäischer Ebene vorangetrieben werden, denn die Produkte aus Gendorf seien entscheidend für Europa – vor allem in Bezug auf die Wasserstoff-Elektrolyse. Man dürfe sich nicht von chinesischen Importen abhängig machen. Heil kündigte an: „Ich werde alle zuständigen Ministerien der Regierung, das Bundeswirtschaftsministerum, das Bundesumweltministerium und das Kanzleramt informieren. Denn wir können nicht so tun, als wäre eine Industriegesellschaft risikolos. Wir müssen glaubwürdig bleiben.“ Doch wird sich Europa gegen die weltweite Ächtung dieser Chemikalien stemmen?

Hintergrund für Schließung: Mammutprozess in den USA

Laut dem amerikanischen 3M-Konzern seien strenge Regulatorien und Haftungsansprüche wegen Umwelt- und Gesundheitsschäden der Grund für den weltweit angekündigten Produktionsstopp von Fluorkunststoffen zum Ablauf des Jahres 2025. Neben anderen europäischen Behörden hat auch das deutsche Bundesumweltamt ein Verbot der Herstellung und des Imports von PFAS-Stoffen gefordert. Die Europäische Chemikalienagentur prüft dies und will darüber bis 2025 entscheiden. Tatsächlicher Hintergrund für die 3M-Entscheidung dürfe aber ein Mammutprozess von 18 amerikanischen Bundesstaaten gegen 3M sein, der ab Juni startet. Es könnte sich um die teuerste Klageserie in der Geschichte der USA handeln, denn es geht wohl um 40 Milliarden US-Dollar. Schon in der Vergangenheit hat der Konzern Milliardensummen Schadensersatzzahlungen leisten müssen.

Michael Vassialiadis, Vorsitzender der IG Bergbau, Chemie, Energie im Chemiepark Gendorf.

Kalkül hinter weltweitem Produktionsstop?

Gewerkschaftsvorsitzender Michael Vassiliadis ist von der Begründung von 3M für die Dyneon-Schließung nicht überzeugt: „Die Argumente sind schön designed aber wenig glaubwürdig.“ Er vermutet eine kalkulierte Kampagne des Konzerns, weiß aber: „3M will raus aus der Produktion, weil man Haftungsthemen befürchtet. Man möchte sich von Verantwortlichkeiten befreien.“ Vassiliadis, der auch in der „High Level Group“ des Verbands der Chemischen Industrie sitzt, schickt einen Gruß in die USA: „Wenn eine Industrie aus der Produktion dieser Stoffe aussteigt, dann werden wir verlieren.“ ChemDelta-Sprecher Bernhard Langhammer sagt, man müsse einen neuen Investor finden und brauche sichere Rechtsverhältnisse: „Die Chemikalien- und Stoffpolitik ist nicht mehr differenziert. In Gendorf gibt es die erste große Pilotanlage um diese Stoffe zu recyclen. Der Standort Gendorf ist ein weltweiter Leuchtturm für die Produktion von Fluorpolymeren.“

Mitarbeiter der Dyneon und des Chemiepark Gendorf bei der Kundgebung am 16. Februar.

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