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Erhitzte Gemüter, Sarkasmus und Polemik

Riesiger Andrang bei Informationsabend zu Deutschlands größtem Windpark in Emmerting

Mehr als 300 Stühle hatte die Gemeinde Emmerting in der Schulturnhalle aufgestellt, doch
sie reichten bei Weitem nicht für die Zahl der Interessierten. Unter ihnen waren auch zahlreiche
Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte, die ein erstes Mal konkrete Zahlen zu dem Projekt erfahren wollten.
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Mehr als 300 Stühle hatte die Gemeinde Emmerting in der Schulturnhalle aufgestellt, doch sie reichten bei Weitem nicht für die Zahl der Interessierten.

Am Donnerstagabend gab es in der Schulturnhalle Informationen zum geplanten Windpark im Staatsforst. Neben der ersten öffentlichen Präsentation von Zahlen und Plänen durch den französischen Stromerzeuger Qair und einem langen Vortrag von Windkraftgegner Dr.-Ing. Detlef Ahlborn aus Kassel, durfte auch Wacker-Werksleiter Peter von Zumbusch kurz sprechen.

Emmerting - Die vielen Gegner im Publikum warteten mehr als zwei Stunden, bis sie ihre Fragen stellen konnten. Doch es waren auch nicht Wenige in der Turnhalle, die das Mammut-Projekt nicht kategorisch ablehnen.

Wirtschaftlicher Betrieb möglich

Seit rund vier Wochen ist die Planungsgesellschaft Quair aus München mit der Konzeption des größten Windparks auf dem deutschen Festland befasst. Im Öttinger- und Burghauser Forst sollen bis zu vierzig Windräder der neuesten Generation entstehen, deren Nabenhöhe 199 Meter über dem Boden liegt. Der Radius der Rotoren erreicht sogar eine Höhe von 285 Metern. „Nach dem Bayerischen Energieatlas haben wir in dieser Höhe Windgeschwindigkeiten von 5-6 Metern pro Sekunde“, erklärte Patrick Ecker von der Firma Qair aus München, „das würde einen wirtschaftlichen Betrieb des Windparks erlauben“. Die konkreten Windmessungen laufen aktuell aber erst an und sollen noch bis Frühling des kommenden Jahres dauern.

Viele Skeptiker im Emmerting

Die Gemeinde Emmerting liegt im Alztal und ist vom Staatsforst umschlossen. Wohl nicht zuletzt deswegen gibt es gerade hier besonders viele Skeptiker: „Zum Vergleich: der Schornstein in Gendorf ist 188 Meter hoch“, erklärte Bürgermeister Stefan Kammergruber(parteilos) eingangs der Veranstaltung. Er befürchtet unzumutbaren Schatten- und Eiswurf sowie Lärmbelästigungen durch Infraschall. Umstände, die in seinen Augen auch einen Wertverlust der Emmertinger Immobilien nach sich ziehen. Auch Eiswurf sei bei Anlagen dieser Höhe zu befürchten, sagte der Bürgermeister: so kann sich auf den Rotoren bei Stillstand Eis bilden, das später wieder weggeschleudert wird. „Also fünf oder sieben Windräder würde ich mir ja noch eingehen lassen, aber 40!?“, meinte auch Bezirksrätin und Emmertings Dritte Bürgermeisterin Gisela Kriegl (CSU) zu innsalzach24.de.

Emmerting und Kastl dagegen

Emmerting lehnt das Projekt grundsätzlich ab, genau wie die Nachbargemeinde Kastl. Sabine Müller von der Firma Qair entschuldigte sich folgendermaßen für die bisher schlechte Kommunikation: „Wir beschäftigen uns selbst erst vier Wochen mit dem Projekt!“, sagte die Vertriebsleiterin des Münchner Unternehmens. Wie Bürgermeister Stefan Kammergruber erklärte, trage aber auch Landrat Erwin Schneider Schuld: zur Auftaktveranstaltung vor zwei Wochen im Wald, waren neben Ministerpräsident Markus Söder und Landwirtschaftsministerin Michela Kaniber lediglich die Bürgermeister der wohlgesonnenen Anliegerkommunen eingeladen. Die Planungsfirma versicherte, dass sie mit ähnlichen Veranstaltungen in allen Anrainergemeinden für mehr Transparenz sorgen will.

Gigantisches Investitionsvolumen

Das Projekt hat ein Investitionsvolumen von 400 Millionen Euro, bei dem auch verschiedene Arten von Bürgerbeteiligungen möglich sein sollen. Projektiert sind aktuell 40 Windräder außerhalb der Gemeindegebiete von Kastl und Emmerting mit einer Maximalleistung von je 7,2 Gigawatt. Bei rund 2000 Vollaststunden im Jahr soll der Windpark demzufolge 550 Millionen Kilowattstunden jährlich erzeugen. Damit könnten 10% des Strombedarfs des Chemiedreiecks gedeckt werden. Den Anrainergemeinden stehen per Gesetz Entschädigungen zu, die sich bei diesem Projekt auf eine Summe von 1,1 Millionen Euro jährlich belaufen, welche dann anteilig unter den Anliegerkommunen verteilt werden sollen. Von den 7000 Hektar Waldfläche müssen etwa 50 Hektar zur Errichtung der Windräder gerodet werden. Ein Teil davon kann nach dem Bau wieder aufgeforstet werden. Idealerweise ginge der Windpark bereits 2027 ans Netz.

„Gehen Sie heim!“

Windkraftgegner Dr. Detlef Ahlborn bekam mehr Redezeit, als die Planungsfirma. Neben einer Reihe ernstzunehmender Kritikpunkten, einerseits an der Art und Weise, wie die Energiewende in Deutschland vollzogen wird, andererseits an den erneuerbaren Energien selbst, enthielt der Vortrag aber auch viele polemische Spitzen, die das Publikum mit sarkastischen Lachern quittierte. Andererseits betrachteten einige im Publikum auch den Vortrag des Ingenieurs kritisch: so war von einem Zwischenrufer in der Fragerunde zu hören: „Ich habe in ihrem langen Vortrag nicht einen Alternativvorschlag gehört! Wollen Sie zurück zum Atomstrom? Immer nur dagegen. Gehen Sie heim!“.

Doch auch Wacker Werksleiter Peter von Zumbusch musste sich vielen kritischen Fragen aus dem Publikum stellen. In einem kurzen Statement hatte er zuvor erklärt, dass der Windpark in etwa so viel Strom liefern soll, wie das werksinterne Wasserkraftwerk am Ende des Alzkanals, das 1916 zum Ausgangspunkt für die sich ansiedelnde chemische Industrie wurde. So wollte jemand wissen, warum die Windräder nicht direkt auf dem Werksgelände von Wacker installiert würde. Bei dieser Frage sprang dann aber sogar Bürgermeister Stefan Kammergruber seinem Gastredner zur Seite: „Windräder brauchen einen Mindestabstand von 300 Metern zu Industrieanlagen!“. Auch Patrick Ecker musste im Zuge der Fragerunde so gut wie jede von ihm genannte Zahl auf Nachfragen hin verteidigen.

Pbj

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