Windmessung soll im Herbst starten
„Wir können uns nicht gegen alles wehren“: Altöttinger Windpark erneut Thema im Kreistag
Ab September sollen die Windmessgeräte aufgestellt werden, etwas später starten die diversen Gutachter ihre Arbeit. Wenn alles glattgeht, soll der Windpark im Öttinger und Burghauser Forst ab 2027 am Netz sein.
Landkreis Altötting – Die Standortsicherungsverträge für den Windpark im Landkreis Altötting wurden Ende Mai unterzeichnet und Qair Deutschland GmbH hat sich gegenüber 30 weiteren Bewerbern als Projektierer durchgesetzt. Im Kreistag stellten sich nun Geschäftsführerin Heike von der Heyden und Projektleiter Peter Reidelbach vor. Sie gaben Einsicht in den aktuellen Stand des Projektes und präsentierten aktuell bekannte Möglichkeiten einer Bürgerbeteiligung. Außerdem wurde eine Website zum Windpark angekündigt, auf der künftig auch Visualisierungen des Windparks zu sehen sein werden.
„Für uns ist das Thema Austausch, Kommunikation und die Gemeinden kennenzulernen sehr wichtig“, begann von der Heyden ihre Präsentation. Seit Anfang Juni habe man sich mit Bürgermeistern verständigt und werde nun regelmäßige Informationsrunden zum Projektstand anbieten. „Ein Genehmigungsverfahren, das eine Weile dauern wird, muss sehr transparent aufgesetzt werden“, so von der Heyden. Aus diesem Grund habe Qair eine Projekt-Website erstellt, auf der sich Bürger zum aktuellen Stand informieren können. Für September sind dann weitere Informationsveranstaltungen in Altötting, Burghausen, Haiming und Marktl geplant, wo Gelegenheit für Fragen und Antworten gegeben werden soll.
1,1 Millionen Euro pro Jahr an die Kommunen möglich
„Wir wollen eine echte Bürgerbeteiligung anbieten, das haben wir von Anfang an so kommuniziert“, sagte von der Heyden im Kreistag. Das Konzept stehe noch nicht, denn es müsse noch auf die Bürger zugeschnitten werden. Das werde jetzt angegangen. Man wolle regional verortete Beteiligung in Form von Genossenschaften oder Sparbriefen, sei aber auf Wünsche und Feedback angewiesen. Auf der Homepage zum Projekt werden zwei Möglichkeiten zur Beteiligung vorgestellt: Zum einen die kommunale Beteiligung nach §6 EEG. Hierbei erhalten Gemeinden innerhalb eines Radius von 2,5 km einer Windenergieanlage 0,2 Cent pro produzierter kWh Strom. Diese Summe werde über einen Zeitraum von 20 Jahren ausgezahlt.
„An dem Standort werden 40 Windenergieanlagen jährlich rund 550 Millionen kWh Strom produzieren, womit sich die finanzielle Beteiligung der Kommunen auf etwa 1,1 Millionen Euro pro Jahr beläuft“, so die Angabe auf der Homepage. Als zweite Möglichkeit wird auf der Homepage eine Bürgergenossenschaft vorgeschlagen, die sich mit bis zu 49 Prozent an dem Projekt beteiligen könnten. „Erste Gespräche mit Genossenschaften sind bereits im Gange. Eine Festlegung auf die Konditionen kann allerdings erst erfolgen, wenn wir durch die BImSchG-Genehmigung die genaue Anlagenzahl und -positionen kennen sowie die Kosten für das Projekt beziffern können“, heißt es auf der Homepage.
Standorte erst nach Gutachten klar
Dann übernahm Projektleiter Peter Reidelbach. Man befinde sich noch in einem sehr frühen Stadium, begann er. „Wo die Anlagen genau platziert werden, können wir erst sagen, wenn die Windmessung stattgefunden hat und die naturschutzfachlichen Gutachten vorliegen. Deswegen zeigen wir nur die Fläche, denn wir müssen das noch flexibel halten“, so Reidelbach. „Wir wollen aber schauen, dass wir möglichst große Abstände halten können, damit die Einschränkungen für die Menschen nicht zu groß werden“ so der Projektleiter. Dies sei auch der Grund, weswegen gerade der Wald als Standort infrage käme. „Wenn wir Flächen roden müssen, werden wir gezielte Aufforstungsmaßnahmen vornehmen“, sagte Reidelbach. Außerdem werde man die Lagerflächen möglichst außerhalb des Forstes installieren, damit dem Projekt nicht mehr Bäume zum Opfer fallen müssten als nötig. Man wolle auch versuchen, Kurvenradien, Freiflächen und bestehende Wege zu nutzen.
Man plane Windräder mit einer Nabenhöhe von 199 Metern (Gesamthöhe 285m) aufzustellen, weil man dadurch einen besseren Windertrag habe. Der Rotor einer Anlage habe einen Durchmesser von 172 Metern, das Fundament dementsprechende 25 bis 30 Meter und müsse 2,5 bis 4 Meter tief in den Boden eingetragen werden. „Mithilfe dieses Anlagentyps ist es möglich, auch an einem Schwachwindstandort wie in Altötting jährlich 12 bis 16 Millionen kwh Strom zu erzeugen und somit wirtschaftlich sinnvoll zu agieren“, heißt es auf der Homepage. Man plane bislang mit 40 Anlagen, gehe aber davon aus, dass es eher weniger Windräder werden. Gewiss sei allerdings, dass der Windpark im Öttinger und Burghauser Forst überregional Schlagzeilen machen werde, da aktuell kein größeres Off-Shore Windpark-Projekt in Deutschland gebaut werde, so Reidelbach.
Kritik aus Emmerting
Nach dem Vortrag der Qair-Vertreter, äußerte sich der Emmertinger Bürgermeister Stefan Kammergruber (parteilos), und vertrat die Ansicht, dass sich der Windpark mehr und mehr zu einem Märchenpark entwickle. Er kritisierte, dass zu wenig Informationen geflossen seien. „Erst sollten alle neun Kommunen zustimmen, jetzt macht Emmerting und Kastl plötzlich das Kraut nicht mehr fett“, so Kammergruber. In Emmerting spreche man von 125 Hektar Wald, so der Bürgermeister, und bemängelte, dass inzwischen auch Wasserschutzgebiete der Klasse 3 überplant werden dürften. Auch die Flächen hätten sich geändert: „Von vorher angegebenen 4000 m2 Abholzungsfläche auf mittlerweile fast 10.000 m2 pro Windrad.“ Auch die Höhe der Windräder habe sich von knappen 200 Metern auf knappe 285 Meter erhöht. „Und dennoch wird das Thema mit einer Geschwindigkeit vorangetrieben nach dem Motto ‚Jetzt schick ma uns, vielleicht merkt‘s koana‘“, so Kammergruber. Als Alternative für den Standort Staatsforst schlug er die Flächen neben der Autobahn vor.
„Wir können uns nicht gegen alles wehren!“
Der Burghauser Altbürgermeister Hans Steindl (SPD) erinnerte daran, dass man 35 Jahre auf die Autobahn gewartet habe. Durch den Bau des Güterbahnhofs habe die Stadt Burghausen die abgeholzte Fichtenmonokultur durch Laubmischwald mit Tümpeln und Biotopbäumen ersetzten können. „Wir können uns nicht gegen alles wehren!“, so Steindl. Man müsse jetzt tun, was nur möglich ist, um den Wohlstand dieser Region zu sichern. „Ich fordere auch die Nachbargemeinden um Burghausen auf, einen Zusammenhang zu sehen. Wir brauchen Verständnis für den Chemiepark, der ein Prozent des gesamtdeutschen Stroms verbraucht.“ Auch MdL Martin Huber (CSU) betonte, dass man sich vor Augen halten müsse, dass sich Deutschland in der Rezession befinde. „Es geht um die Zukunftsfähigkeit unserer Region. Wir müssen uns bewusst machen, dass die chemische Industrie unter Druck steht. Es ist notwendig, richtig und wichtig, dass wir vorangehen!“
Landrat Erwin Schneider (CSU) ergänzte, dass bei der Windkraft noch ein Ausgleichsmechanismus dazukomme: „Bei solchen Anlagen ist auch die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes auszugleichen“, sagte er. Hierzu gebe es einen bundesweiten Fond, in den Geld als Ausgleich einzuzahlen ist. Wichtig sei Schneider aber, dass dieses auch im Landkreis ankomme. „Es macht keinen Spaß, wenn der Ausgleich in Hamburg landet“, so der Landrat. Außerdem wolle er, dass die Betreibergesellschaft des Windparks ihren Sitz im Landkreis hat. So profitiert der Kreis auch von der Gewerbesteuer.

