Aus der Stadtratssitzung in Burghausen
Rettung für Burghauser Notaufnahme in Sicht: Chef der Schlossklinik Abtsee soll kommen
Ab 1. August soll die Burghauser Notaufnahme schließen, und das gefällt niemanden: Weder den Mitarbeitern, noch den Bürgern oder dem Bürgermeister. Nun scheint eine Lösung für den Erhalt in Sicht, denn eine gefäßchirurgische Klinik soll mit an Bord.
Burghausen – „Uns ist daran gelegen, dass wir die Notfallversorgung an sieben Tagen von 8 bis 18 Uhr hinbekommen“, startete der Burghauser Bürgermeister, Florian Schneider (SPD), am 21. Juni in die Stadtratssitzung in Burghausen. „Der Standort muss lebendig bleiben und gestärkt werden, und dazu gibt es als neuen Baustein eine Gesellschaft der Stadt Burghausen, des Landkreises Altötting und des Dr. Gerstorfer, die gerade am Entstehen ist“, kündigte er an. Dr. Michael Gerstorfer, der 15 Jahre lang ärztlicher Direktor der Schlossklinik Abtsee war, will wegen deren Schließung seine Spezialklinik nach Burghausen überführen, und dafür als Mieter einsteigen. Dafür soll sein Klinik-Team die Notfallversorgung am Wochenende von 8 bis 18 Uhr im chirurgischen Bereich übernehmen.
Burghausen soll sich finanziell engagieren
„Eventuell ist es notwendig, dass die Stadt Burghausen sich dazu nochmal finanziell engagiert“, so Schneider. Und grundsätzlich sei die Stadt dazu bereit. „Wichtig ist aber, dass damit am Wochenende das Notfallversorgungskonzept abgedeckt werden kann. An den anderen fünf Tagen werden Notfälle über die Struktur des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) des Innklinkums versorgt“, so der Bürgermeister. Grundsätzlich sei es aber so, dass Fälle wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle mit dem Rettungswägen nach Altötting gebracht würden, während „kleinere“ Notfälle wie Schnitt- und Platzwunden in Burghausen blieben.
Vertragliches wird noch weiter ausgearbeitet
Rund 2000 Operationen im Bereich der Gefäßchirurgie sollen dann ab 1. Oktober 2023 den Burghauser Klinikstandort beleben, sagte Schneider. Die Patienten der Spezialklinik könnten nach den ambulanten OPs nötigenfalls für einen stationären Aufenthalt an das Burghauser Innklinikum überwiesen werden – so könnten beide Gesellschafter profitieren. Grundsätzlich bestehe seitens der drei Gesellschafter, der Stadt Burghausen, dem Landkreis und Dr. Gerstorfer, gemeinsames Interesse – die vertraglichen Angelegenheiten müssten noch weiter ausgearbeitet werden, so Schneider. Dr. Michaels Gersorfer ist CSU-Kreisrat und Verwaltungsratsmitglied des Innklinikums Altötting-Mühldorf. In seiner Gemeinde Burgkirchen an der Alz ist er Mitglied im Bau- und Umweltausschuss.
„Wartezeiten müssen kürzer werden“
Zwei Appelle hat der Burghauser Bürgermeister aber an die Leitung des Innklinikums: „Die Notaufnahme in Altötting ist dringend organisatorisch und räumlich zu verbessern, damit die Wartezeiten kürzer werden“, so Schneider. Dies sei ein wichtiger Punkt für die Akzeptanz in der Bevölkerung. In seinem zweiten Appell an das Innklinikum bat der Bürgermeister um einen Erhalt der Notaufnahme bis 30. September: „Es ist eine schöne Chance, jetzt die Notaufnahme weiterzubetreiben, sodass eine nahtlose Übernahme klappen könnte – und so auch die Altöttinger Notaufnahme zu entlasten, damit diese sich auf den Weg machen kann.“
Große Regulatorik, immer mehr Fallzahlen nötig
Das weitere Konzept des Innklinikums beruhe auf drei Leitplanken. „Die Medizin unterliegt dem technischen Fortschritt, die zu einer zunehmenden Ambulantisierung und Spezialisierung führt“, so Schneider. Durch die Bundespolitik gewollt, sei es zu einer großen Regulatorik gekommen, was die Vorgaben für gewisse Eingriffe und den Betrieb der Notaufnahmen betrifft. Dies habe wiederum dazu geführt, dass man immer mehr Fallzahlen vorhalten müsse. Die zweite Leitplanke sei der Fachkräftemangel und der demografische Wandel: „Es ist eine Randbedingung, die alle Branchen betrifft und mit der das Innklinikum umgehen muss“, so der Bürgermeister.
„20 Millionen Verlust sind keine Gewinnmaximierung“
Auch das Geld ist eine der Leitplanken und dabei ginge es nicht darum, Gewinn zu machen. „Es geht darum, Verluste von 20 Millionen Euro und für heuer eine deutlich darüber liegende Summe – gering zu halten. 20 Millionen Verlust sind keine Gewinnmaximierung“, so Schneider. Ziel sei es, dass die Gemeinden weiter atmen können, und die Kreisumlagen vernünftige Größenordnungen annähmen, sodass Investitionen – wie beispielsweise in die Berufsschule – wieder möglich werden. „Ich kann mir das ambulante Operieren in Burghausen gut vorstellen, ebenso die Kurzzeitpflege“, so Schneider. Jeder kenne das Problem, wenn ein Familienmitglied nach der OP nach Hause könnte, sich dort aber noch nicht selbstständig versorgen kann. „Mit 20 bis 30 Kurzzeitpflegeplätzen wäre das Angebot am Burghauser Standort einzigartig in der Region“, sagte der Bürgermeister.
Appell an die Mitarbeiter des Klinikums
Für die Kurzzeitpflege brauche man aber auch Personal. Aus diesem Grund richtete sich in einem letzten Appell auch an die Innklinikum-Mitarbeiter am Standort Burghausen: „Das ist eine Einrichtung, von der ich überzeugt bin. Es ist ein langfristig sicherer Arbeitsplatz an diesem Standort. Räumlich und von der Lage her ein ideales Haus für so ein Konzept. Überlegen Sie sich, ob die Kurzzeitpflege nicht auch für Sie ein Betätigungsfeld sein könnte. Man kann damit seinen Beitrag leisten, am Standort Burghausen langfristig an dem Gesamtkonzept mitzuwirken und eine sinnstiftende Arbeit machen. Es wäre ein wirklich gutes und einzigartiges Modell, das das Haus auch gut auslastet, und wo wir dann vom Kinderarzt bis hin zur Notfallversorgung das Haus mit Leben füllen.“
„Völlig klar, dass es die Leute umtreibt“
Schneider betont aber, dass man trotzdem so ehrlich sein müsse, dass der Wandel unumgänglich sei. „Man kann jetzt aber auf diesen Trend aufspringen“, sagte er und versprach, dass sich die Stadt Burghausen immer Verantwortung übernehmen und sich engagieren werde. „Mir ist völlig klar, dass die Notfallversorgung die Leute umtreibt – sie treibt auch mich um. Ich möchte aber nicht derjenige sein, der die Dinge nur ankündigt, sondern der, der die Dinge zum Laufen bringt. Jetzt ist nur ein erster Schritt getan – und ich bin froh, wenn ich meinen Beitrag leisten kann.“ Noch diese Woche stehe ein weiterer Termin bezüglich des ambulanten Operierens an, kündigte Schneider an. In 14 Tagen gebe es noch einen Termin zum Gesamtkonzept des Innklinikums. „Ich glaube es ist das Thema, das Burghausen und den Landkreis derzeit am meisten beschäftigt“, schloss Schneider.