Burghauser Punks starten mit Konzept durch
Sind Punks die besseren Veranstalter? Feiern ganz ohne Ausbeutung und Kommerz
Sie sind tätowiert, gepierct und hören Musik, die mancher nicht mag – das Auftreten von Punks und Hardcore-Fans könnte also durchaus Vorbehalte auslösen. Angesichts der Leistung des Burghauser Vereins „Lightning Bird“ sollten die aber gründlich hinterfragt werden, denn es handelt sich um echte Profis, wenn es um Respekt und Verantwortung geht. Sie bieten der Jugend „sicheren“ Spaß – ganz ohne ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Burghausen – Will man heute als Musikfan etwas erleben, dann hat man‘s nicht leicht: Hohe Kosten, weite Fahrstrecken und um international renommierte Bands live erleben zu können, braucht man eigentlich ein Auto. Denn vielmals bleibt nur der Weg nach München, Wien oder Berlin, wo man in einer Masser von hunderttausenden Besuchern untergeht, und Unmengen für Getränke und Essen zahlt. Sprechen wir von der Punk- und Hardcore Subkultur, dann wird es noch komplizierter. Und wer Kinder im Teenager-Alter hat, kennt die Momente der Panik, wenn die Sirenen am Wochenende ertönen und die Kinder noch nicht zu Hause sind.
Gemeinnützig und ohne goldene Nase
Diesen Sorgen zuvor kam der Verein Lightning Bird aus Burghausen. Sie wollten den Kids und der Szene was bieten: In einem sicheren Rahmen und ohne sich eine goldene Nase zu verdienen. Man möchte ehrliche und beste Qualität abliefern, aus ganzem Herzen und voller Überzeugung. Das sieht man auch an den liebevoll selbst gestalteten Flyern und Plakaten: Sie sind echte Raritäten, in einer KI-generierten Post-Covid-Welt. Ganz im Gegensatz zu kommerziellen Veranstaltern muss der Verein keine Gewinne erwirtschaften und muss bis auf die Künstlergagen auch kein Personal zahlen. So können sie für Getränke und Eintritte nur das Nötigste verlangen.
„Anständig“ feiern will gelernt sein
Eltern können ihre Teenager beruhigt in die Hände dieser Veranstalter geben: Viele der „Birds“ sind selbst Eltern und wollen auch, dass die Kinder „anständig“ feiern. Schnaps gibt es nicht bei den Konzerten und mit einem eigenen Awareness-Team beugen sie übergriffigem Verhalten und sexualisierter Gewalt vor. Ganz nebenbei lernt die Jugend, wie es geht, etwas auf die Beine zu stellen – eine Veranstaltung zu organisieren, Bands zu akquirieren oder sich um Gäste zu kümmern und nach einem Konzert wieder aufzuräumen. Einige der jugendlichen Konzertbesucher haben inzwischen übrigens eigene Bands gegründet. Das Netzwerk des Vereins reicht inzwischen weit über Burghausen hinaus. Man arbeitet zusammen mit anderen Vereinen – aus Pfarrkirchen und Altötting beispielsweise.
Unterschätztes Potenzial?
Das Potenzial von Lightning Bird scheint dennoch unterschätzt – angesichts der Tatsache, dass auch die IG Jazz einmal ein kleines Spartenpublikum bediente. Die beiden Vereine verstehen sich übrigens gut. Beide bringen internationale Größen ihrer Szene in die Musikstadt Burghausen. Musiker, die sich teils sogar in beiden Genres bewegen, wie der Gitarrist der finnischen Band „Foreseen“ aus Helsinki beispielsweise. Normalerweise kennen die Manager solcher Bands eine Stadt wie Burghausen nicht. Sie spielen meist nur in Städten wie Wien und Berlin. Inzwischen hat sich in der Szene aber herumgesprochen, dass es die Salzachstadt gibt.
Fazit: Wäre schön, wenn es mehr solche Vögel gäbe
Während die Ehrenamtlichen von Lightning Bird Raum für faires Feiern mit bescheidenen Mitteln und wenig Aufwand schaffen, verzichten sie auf große Worte. Natürlich ist die Aufmerksamkeit der Medien dementsprechend geringer, und Freitickets für die Publicity sind einfach nicht drin. Immerhin müssen die am Ende auf die Kosten der Gäste umgerechnet werden, und das entspricht nicht den Prinzipien der Birds. Aber was der Verein aus dem Boden stampft, scheint ein stabileres Fundament als so manch kommerzielle Veranstaltung zu bilden. Ganz ohne Megakosten, Sponsoring – allein mit Wertschätzung und Respekt für die Fans. Bravo!
Veranstaltungen 2023:
29. Juni Burgkeller-Bar: Friedemann
Eintritt gg. Spende
7. Juli JUZ: Urban Sprawl (USA); Prowl (Kanada), Vole (Prag), Dogbite (Leipzig), Spiritual Law (Burghausen)
Eintritt gg. Spende
14. Juli Jazzkeller: Bob Wayne (USA); Todd Day Wait (Nashville), Dead Wolf (Rosenheim)
VVK: 17€ billeto.eu; AK: 20€; U18: 5€
21. Juli Landgasthof Leonberg: CF98 (Polen), Four City Colony (Zwiesel), Farewell Mona Lisa (Erding)
Eintritt frei
8. August JUZ: Pulley (USA); The Rumperts (Wien), 7 Years Bad Luck (Innsbruck)
VVK: 20,90 € reservix.de; AK: 23€; U18 frei
2. September JUZ: Mutant Strain (USA), Bad Anxiety (USA), Hyacinth (Pilsen), Scoop (Prag), Bolzenschuss (Marburg) AK: 10 €, U18 frei



