Halbbruder seit 36 Jahren aus den Augen verloren
Suche nach dem Bruder: Allgäuerin durchlebt in Burghausen emotionale Berg- und Talfahrt
Alle guten Dinge sind drei: Bereits zwei Mal hat Melanie F. Versuche gestartet, ihren Halbbruder zu finden. Ihr dritter und letzter Anlauf wurde nun mit Erfolg gekrönt: Beim Urlaub in Burghausen lernte sie nach fast 40 Jahren endlich ihren Halbbruder kennen.
Burghausen – „Ich bin Melanie und 1984 in Burghausen geboren“, schrieb Anfang April eine Allgäuerin in einer Burghauser Facebook-Gruppe. „Ich habe schon einige Versuche gestartet, um dich zu finden“, schreibt sie weiter und geht dann näher ins Detail. Die Resonanz auf Melanie F.s Aufruf ist groß und schon mit den ersten Kommentaren erhält sie Hinweise für ihre Spurensuche. Aber nicht alle Mitteilungen sind positiv: In einer privaten Nachricht erhält die 38-Jährige den Hinweis, dass ihr Bruder bereits verstorben sei.
„Habe mich schon am Ende meiner Suche gesehen“
Die schlechte Nachricht traf Melanie wie ein Schlag und in der folgenden Nacht konnte sie kaum ein Auge zu tun: „Da geht einem alles durch den Kopf“, sagt die Allgäuerin zwei Tage später. „Ich habe mich am Ende meiner Suche gesehen: vor einem Grab auf dem Friedhof.“ Am nächsten Morgen wendete sich jedoch das Blatt und ein weiterer Hinweis konnte aufklären, dass es sich bei der „Todesnachricht“ um eine Fehlinformation handelte. Und obwohl Melanie ihren Halbbruder nie kennenlernen konnte, fiel ihr ein Stein vom Herzen. Ihr Durchhaltevermögen wurde dann am selben Tag mit Erfolg gekrönt, denn schon wenige Stunden später kam der entscheidende Hinweis. Melanies Bruder solle in ganz in der Nähe von Burghausen wohnen und Mitglied in einem bestimmten Verein sein. Nach diesem Tipp ging alles ganz schnell.
Erstes Telefonat mit dem Halbbruder
Noch während eines Treffens mit der Verfasserin dieses Artikels, welche Melanies Suche nach ihrem Bruder unterstützen wollte, erreicht die Allgäuerin ein Telefonanruf: Es ist ihr Halbbruder. Die Reporterin wird somit Zeugin des ersten Gesprächs zwischen den Halbgeschwistern. Melanie ist sichtlich aufgeregt und die beiden vereinbaren für den gleichen Tag noch ein Treffen in Burghausen.„Dass es so schnell geht, hab ich nicht erwartet“, sagt Melanie. Mehr als 36 Jahre hat die 38-Jährige ihren Halbbruder bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gesehen.
Zwei Suchaktionen waren erfolglos geblieben
Als Zweijähriger war Melanie mit ihren Eltern von Burghausen nach Landsberg am Lech umzogen. Damals verlor sich der Kontakt zur Familie ihres Halbbruders. Zwar hatten die Kinder einen gemeinsamen Vater, doch der kümmerte sich wenig darum, den Kontakt zu seinem Sohn aufrechtzuerhalten. Es war ihre Mutter Heidi, die Melanie gelegentlich von ihrem Halbbruder erzählte. Jahre später unternahm sie über Facebook einen ersten Versuch den verlorenen Bruder zu finden. Dieser blieb aber genauso erfolglos wie ein weiterer Anlauf über eine Aktion von Antenne Bayern. Auf ihre Anfrage bei „Such mich“ erhielt die Allgäuerin aber nie eine Antwort.
Zeitreise in die Vergangenheit
Dieses Mal ist aber alles anders, denn in Burghausen kam es schließlich zu dem ersehnten Wiedersehen. „Ich war ganz unwahrscheinlich aufgeregt“, sagt Melanie im Rückblick. „Es war ein sehr schönes Treffen und wir haben über zwei Stunden miteinander verbracht.“ Nachdem ihr Halbbruder sie von ihrem abgeholt hatte, sprachen die Geschwister in einem Café über ganz vieles. „Mein Bruder erzählte mir, dass unsere Mütter schon mehrere Anläufe für ein Treffen unternommen haben. Wegen der weiten Entfernung kam es aber am Ende nie zustande“, so die Allgäuerin. Besonders schön fand Melanie, dass ihr Halbbruder ihr nach dem Aufenthalt im Café noch die früheren Wohnorte in Burghausen zeigte. Auch ihr Bruder war sehr neugierig auf das Treffen gewesen – hatte aber nie aktiv nach Geschwistern gesucht.
Weiteres Treffen in Aussicht
Dass es am Ende zu dem Treffen kam, war eine Sache, die über fünf Ecken zustande kam. „Eine Bekannte seiner Frau muss mitbekommen haben, dass ich nach ihm suche. Über sie kam er am Ende an meine Telefonnummer“, sagt Melanie. Auf die Frage, wie es jetzt weitergehen soll, meint sie: „Wir wollen uns ganz locker und zwanglos kennenlernen. Mein Halbbruder hat darüber gesprochen, vielleicht mit seiner Familie ins Allgäu zu kommen. Dann könnten sich die Familien gegenseitig bei einem Grillfest beschnuppern.“ Über den Erfolg ihrer Suche ist Melanie sehr glücklich und möchte auch anderen Mut machen, nach verlorenen Familienmitgliedern zu suchen: „Gerade die anfängliche Nachricht, dass mein Halbbruder bereits verstorben sei, hat mir klar gemacht, wie wichtig es für mich ist, ihn zumindest einmal zu treffen.“
