Die große zu kurze Party
Sting in Tüßling: Der Weltstar packt seine Superhits aus – doch leider viel zu wenige
Sting hat so viele Lieder, bei denen Menschen mitsingen, die sie begeistern. Einige von ihnen packte er auch zum Abschluss der Konzerte auf Schloss Tüßling aus. Leider viel zu wenig.
Tüßling – Es ist ein Hochamt der Popmusik: Mit Sting steht in Tüßling ein Musiker aus der ersten Liga auf der Bühne. Einer der Granden, der nicht nur die Vergangenheit zelebriert. Sting, der eigentlich Gordon Matthew Thomas Sumner heißt, ist 70 Jahre alt und noch immer aktuell, wie die neu aufgenommene Version seines Liedes „Russians“ zeigt, seines verzweifelt hoffnungsvollen Kommentars zum Einmarsch der Russen in der Ukraine.
Zum Auftakt ein Klassiker
Das Hochamt beginnt voller Schwung, voller Inbrunst: „Message in a Bottle“, für manche der größte Police-Hit, „Englishman in New York“, für manche der größte Solohit, „Every little thing she does is Magic“, 8.500 Menschen im ausverkauften Schlosspark singen.
Die Party beginnt. Die Musik der siebenköpfigen Begleitband ist klar, transparent, die Lautstärke Ort und Publikum angemessen. Stings Bassspiel nicht überbetont, es fügt sich harmonisch ein. Nur das rote T-Shirt lässt ihn aus seinen schwarz gekleideten Musikern herausstechen. Und die Menschen singen. Glücklich, wieder singen zu können, singen zu dürfen.
Sting nimmt wieder Dampf raus
Doch Sting nimmt den Dampf schnell wieder raus. Nach den drei Intro-Stücken lässt er es langsamer angehen, die Party verflacht. Stattdessen erhalten seine Musiker Raum. Allen voran der sehr junge Mundharmonikaspieler Shane Sager, der eine grandiose Soloshow abliefert. Oder Dominic Miller für sein perlendes Gitarrenspiel. Oder Background-Sänger Gene Noble, der mit dem Meister im Duett singen darf. Und auch sein Sohn Joe Sumner, der zuvor allein nur mit Gitarre das Publikum eingestimmt hatte, kehrt auf die Bühne zurück.
Über allem schwebt Stings gut gehaltene Stimme, die im Alter neben den treibenden Höhen auch füllige Tiefen entwickelt hat. Und sein filigranes Bassspiel auf dem schon arg ramponierten, von vielen Auftritten gezeichneten Fenderbass, das sich nicht vordrängt, obwohl es vor allem den Police-Stücken den Charakter gibt.
Starke Police-Nummern
Die Police-Nummern schließlich sind es dann wieder, die dem Hochamt mit zunehmendem Fortgang des Abends jede Schwere nehmen. „Walking on the moon“, „So lonely“ und schließlich „Every Breath you take“.
Am Ende fehlt etwas
Dann gehen Sting und seine Musiker, beenden das Fest beim Raiffeisen Kultursommer nach kaum eineinviertel Stunden, lassen sich nur für das unsterbliche „Roxanne“ noch einmal auf die Bühne bitten, bevor sie leise mit „Fragile“ und Sting an der Akustikgitarre schließen.
Und so fehlt am Ende vor allem das sinnstiftende „Russians“, mit dem Sting den Bogen von der Überwindung des kalten Krieges zum Feldzug gegen die Ukraine hätte schlagen können. Davor vielleicht noch „Don‘t stand so close to me“ oder „Wrapped around your finger“ und das Publikum wäre beseelt nach Hause gegangen.