Keine politische Bühne für Ideologien
Veranstalter sagt Nena-Konzert in Tüßling nach Querdenker-Clip mit QAnon-Anhängern ab
Nachdem am Montag ein Video viral gegangen ist, das den Popstar Nena auf einer Querdenker-Veranstaltung zeigt und einen Sturm der Entrüstung losgetreten hatte, hat der Veranstalter des Raiffeisen Kultursommers die Reißleine gezogen: Das für den 19. August angesetzte Konzert findet nicht statt.
Tüßling – Der Druck in den sozialen Netzwerken ist wohl zu groß geworden. Noch am Montagabend hat der Veranstalter reagiert und entschieden, dass Nena nicht in Tüßling auftreten wird. Man will ihr keine politische Bühne bieten, heißt es dazu in der Presseerklärung von CoFo-Entertainment.
Sympathien mit Querdenker-Gesinnung zunächst noch dementiert
Nachdem Sängerin Nena durch ihr Management zunächst in einem Statement vor ein paar Wochen noch betonen ließ, dass sie in keiner Weise mit der Querdenker-Gesinnung sympathisiere, hatten die Veranstalter an dem Konzert in Tüßling festgehalten.
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„Aufgrund der jüngsten Entwicklungen lässt sich allerdings nicht mehr leugnen, dass Nena augenscheinlich sehr wohl bestimmte Ideologien unterstützt, da es in den letzten Wochen immer mehr negative Schlagzeilen gegeben hatte“, teilt der Konzertveranstalter nun mit.
Mit Reichsbürgern, QAnon-Anhängern und Querdenkern
Nach den letzten Meldungen, denen zufolge sie an einer QAnon-Veranstaltung in Baden-Württemberg anwesend war, reagierten auch die Organisatoren des VR Musiksommers und sagten das für Donnerstag (19. August) geplante Konzert der 61-Jährigen ab.
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Der Clip zeigt Nena bei einer Veranstaltung, auf der unter anderem Verschwörungs-Erzähler und Arzt Bodo Schiffmann gewesen sein soll. Namen wie der des Reichsbürgers Andreas Heiko-Müller tauchen auf, Veranstalter des „Q-Sommernachtstraums“ war Friedemann Mack, der als glühender QAnon-Jünger gilt.
Darum geht‘s bei QAnon
Der Verschwörungs-Kult QAnon glaubt an die Existenz einer Welt-Elite, die aus dem Blut ermordeter Kinder ein Verjüngungs-Serum gewinnen will. QAnon gilt als eine der extremsten Verschwörungs-Bewegungen weltweit.
Die Querdenker-Szene steht der QAnon-Bewegung nahe. Das beweisen immer wieder Post in verschiedenen Telegram-Kanälen, digitale Foren, in denen man sich und seine Gesinnung austauschen kann.
Konzertveranstalter spricht von unumgänglichen Schritt
„Wir wollen mit unseren Konzerten Freude und positive Stimmung verbreiten. Das wäre mit den letzten Entwicklungen schwierig geworden, deshalb ist dieser Schritt unumgänglich“, so Oliver Forster, Geschäftsführer vom Veranstalter CoFo.
Gräfin Stephanie von Pfuel und Wolfgang Altmüller, Vorstandsvorsitzender des Hauptsponsors, betonten: „Wir bieten jedes Jahr gerne eine kulturelle, vielfältige Bühne – aber eine politische Bühne soll es nicht sein, bei uns geht es um Musik und Live-Erlebnisse, wir wollen keinerlei negative Gesinnungen zulassen.“
Politische Statements haben sehr wohl eine Bühne bekommen
Diese Aussage überrascht umso mehr, nachdem die Rapper-Formation „Dicht & Ergreifend“ gerade in Tüßling vor wenigen Tagen sehr wohl auch politische Botschaften von sich gegeben haben. Mehrmals wurde bei dem Konzert im Schlossgarten der Mittelfinger gestreckt. Ministerpräsident Markus Söder, die AfD im Besonderen und der Rassismus im Allgemeinen waren die Adressaten.
Bravo-Rufe auf der einen Seite
Die Absage des Nena-Konzertes hat Bravo-Rufe auf der einen Seite zur Folge. „Alles richtig gemacht. Die Kulturbranche hat genug gelitten, wer es bis heute nicht verstanden hat, dem sollte keine Bühne mehr gegeben werden.“, heißt es etwa unter dem Facebook-Account des Raiffeisen Kultursommers.
„Es gibt genug Künstler, die unter den geltenden Hygienebedingungen auftreten möchten. Nena sollte einen Psychiater aufsuchen“, tut ein anderer seine Meinung kund.
„Willkommen in der DDR!“
Der Verzicht auf den Auftritt Nenas bringt den Veranstaltern aber auch jede Menge Kritik ein. In den sozialen Netzwerken geht es dabei vorrangig um das Thema Meinungsfreiheit.
„Wenn man nicht der amtierenden Regierung folgt, wird man auf‘s Abstellgleis geschoben!“, lautet die Kritik an einer Stelle. „Willkommen in der DDR!“ „Wo ist die künstlerische Freiheit?“ oder „Schämt Euch!“, regen sich andere auf.
Kritik an Haltung der Gräfin
Auch die Haltung der Gräfin, die Gastgeberin des Kultursommers ist, wird kritisiert. Noch vor Wochen hatte die ehemalige Tüßlinger Bürgermeisterin ein Video von Nena geteilt, in welchem die Künstlerin auf einem Konzert die Zuhörer dazu animiert, die Hygieneregeln zu missachten und zu tanzen.
Medienwirksam hatte sie schon einige Zeit davor ihren Austritt aus der CSU verkündet, weil sie mit den Corona-Maßnahmen der Regierung nicht einverstanden war. „Und dann auf der Welle schwimmen“, wird ihr jetzt auf Facebook vorgeworfen. Etwas versöhnlicher klingt ein anderer Eintrag: „Ich komme mit einem Luftballon, suche noch 98, die mitsingen!“
Tickets für das Konzert von Nena können an den Vorverkaufsstellen zurückgegeben werden.