Richter: „Kein Dealer mit Porsche und Goldkette“
Hasch im Sonderangebot, Ecstasy ab 2 Euro: Familienvater aus Kreis Altötting muss hinter Gitter
Ein Familienvater aus dem Landkreis Altötting wollte mit Drogenhandel sein Gehalt aufbessern. Doch der Schuss ging nach hinten los: Seine Schulden sind jetzt höher denn je und er muss knappe drei Jahre hinter Gitter.
Altötting – Ein 28-jähriger Lagerist aus dem Landkreis Altötting wurde am 12. Juli wegen Besitzes, Erwerbs und Handels mit Marihuana am Amtsgericht Altötting zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die erwirtschafteten Erlöse aus seinen Drogengeschäften in Höhe von 43.442,64 Euro muss er abtreten und die Kosten für das Verfahren und seinen Rechtsanwalt sind auch noch fällig. Für das anwesende Publikum, die neunte Klasse der Herzog-Ludwig Realschule in Altötting, war es ein lehrreicher Schultag, der eindrücklich zeigte, wie man es NICHT machen sollte.
„Ein teurer Spaß“
Er habe sich ursprünglich selbständig machen wollen, so der Angeklagte – doch das habe nicht geklappt und ihm am Ende Schulden eingebracht. Die Miete für die Familienwohnung habe bereits die Hälfte seines Gehalts gekostet. Weil aber seine Lebensgefährtin und Mutter seiner Tochter schon länger an einer Krankheit leide und in dem Jahr lange Zeit in einer Klinik war, habe er den größten Teil für den Lebensunterhalt allein aufbringen müssen. Der Angeklagte gab an seit seiner Jugend an Depressionen zu leiden, weswegen er sich Marihuana ärztlich verschreiben ließ. Das sei aber ein teurer Spaß gewesen. „Das Gramm kostet 25 Euro, wenn man es in der Apotheke holt, und die Kosten werden nicht durch die Kasse ersetzt. Man muss das selbst bezahlen“, so der Angeklagte. „Das hat meinen finanziellen Rahmen gesprengt. Das war einfach nicht mehr drin.“
Blühender Handel auf Telegram-Kanal
Der 28-Jährige erzählte gefasst und behielt – wie es schien – nichts für sich. Er sagt, er habe mit 15 Jahren angefangen Hasch zu rauchen und auch mal was anderes ausprobiert, aber nicht regelmäßig. „Es langt schon, dass ich mit Cannabis solche Probleme hatte“, so der Angeklagte. Weil er mit dem Geld solche Probleme hatte und auch seinen Eigenkonsum finanzieren musste, kam er auf die Idee, zu dealen. Schon Anfang des Jahres 2021 war er wegen Dealerei verurteilt worden, doch das hielt ihn nicht auf, weiterzumachen. So unterhielt er einen Kanal auf Telegram unter dem Namen „Ikonengift“, und machte dort Werbung für seine Betäubungsmittel: Marihuana für 7,50 bis 9 Euro pro Gramm, Amphetamin für 2 bis 4,50 Euro pro Gramm und Ecstasy für 2 bis 4,50 Euro pro Tablette. Kokain bot er für 80 bis 90 Euro pro Gramm. Die Zahlung sollte per Kryptowährung erfolgen und die Lieferung erfolgte per DHL.
„Das war schon gescheites Zeug!“
Ein durchaus professioneller Handel – wie der Vorsitzende Richter Günther Hammerdinger bemerkte, und die Geschäfte liefen wohl gut: Zwischen dem 15. November 2021 und dem 28. Juli 2023 kaufte der Angeklagte den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge um die fünf Kilogramm Hasch und Marihuana für rund 30.000 Euro von einem anderweitig verfolgten Großhändler. Das Wirkstoffgutachten bescheinigte eine recht gute Qualität, was Staatsanwalt Nils Wewer in seinem Plädoyer zum Nachteil des Angeklagten vorbrachte. „Das war schon gescheites Zeug“, sagte er. „Und bei der Verkaufsmenge muss man beachten, dass es sich nicht um geringe Mengen handelte. Es haben sich 6000 Leute damit bekiffen können.“ Der anschauliche Vortrag des Staatsanwaltes war auch zum Teil an das Publikum gerichtet, denn Mengen und Wirkstoffgehalt sagten den Schülern der 9. Klasse natürlich wenig.
Lehrreiche Erklärungen vom Staatsanwalt
Schon während vorhergegangener Unterbrechen hatte der Staatsanwalt dem jungen Publikum sympathisch erklärt, was im Gericht passiert und auch zum Thema „Legalisierung“ ein paar Sätze gesagt. In den Augen der Exekutive ist das Gesetz ein weiteres Bürokratiemonster, das für die Ermittler und Gerichte zu noch mehr Arbeit führen wird. Die Depression des Angeklagten sei übrigens ein typisches Krankheitsbild der Marihuana-Konsumenten. Und es ist zutreffend, dass Angeklagte und Zeugen bei vielen Gerichtsverhandlungen wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz über Depressionen oder Angstattacken nach dem Konsum von Haschisch oder Marihuana berichten. Auch Polizeihauptkommissar Peter Spiegelsberger aus Burghausen hatte sich diesbezüglich bei der Vorstellung seines Sicherheitsreports für die PI Burghausen schon besorgt geäußert.
Aus Vorstrafe nichts gelernt
Bei der Begründung des Urteils sagte Richter Hammerdinger, dass der Angeklagte aus seiner ersten Strafe wegen Dealerei nichts gelernt habe. Zwar handele es sich um eine weiche Droge und der 28-Jährige habe unter einem gewissen Suchtdruck gestanden, dennoch sei es kein minderschwerer Fall. Nach einer Gesamtabwägung der Umstände komme auch keine Bewährungsstrafe mehr infrage. So wurde der Mann wegen unerlaubten Handels, Erwerbs und Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und neun Monaten Haft und zur Zahlung von über 43.000 Euro verurteilt.