Spezialisten klären viele Fragen bei
Botox gegen Migräne und was akut bei Attacken hilft: Veranstaltung im Innklinikum Altötting
Viele Personen leiden unter Migräne, doch was hilft wirklich dagegen? Diese Frage wurde im Rahmen einer Infoveranstaltung am 18. Januar im Innklinikum Altötting beantwortet, die auch Bezug auf die Versorgungsstrukturen in Altötting und Mühldorf nahm.
Altötting – Leiden Personen unter Migräne, vermindert sich in der Regel die Lebensqualität. In der Arbeit ist man weniger produktiv. Weiterhin können noch depressive Verstimmungen oder Schwindel hinzukommen. Was dagegen hilft und wie die Versorgungsstruktur in den Landkreisen Altötting und Mühldorf aussehen, war Thema einer Infoveranstaltung am 18. Januar im Innklinikum Altötting.
Akuttherapie – was hilft?
„Akuttherapie verbessert die Gesamtsituation“, sagte der Sektionsleiter Kopfschmerz, Schwindel und Neuroophthalmologie Prof. Dr. Holger Rambold vom Innklinikum Altötting und Mühldorf. Gegen Migräne gebe es unterschiedliche Therapieansätze. Darüber, dass Hausmittel wie Eisbeutel dagegen helfen würden, gebe es aber nur wenige Studien. Um Migräne zu behandeln, kämen unter anderem Analgetika wie Ibuprofen oder Aspirin zum Einsatz. „Die sind bei jedem etwas anders wirksam“, stellte Prof. Dr. Rambold fest. Solche dürften allerdings nicht mehr als zehn Tage im Monat eingenommen werden. Weiterhin sagte Prof. Dr. Rambold: „Wir wollen, dass Sie ausreichend dosieren.“ Wichtig sei es auch, die Schmerzmittel zu einem frühen Zeitpunkt einer Attacke einzunehmen. Neben Analgetika können Triptane gegen Migräne helfen. Dabei gebe es Triptane, die schnell wirken würden, und diejenigen, die langsamer ihre Wirkung entfalten würden.
„Die schnell wirksamen halten nicht so lange an“, sagte Prof. Dr. Rambold. Die schnell wirkenden mit den langsam wirkenden Triptanen zu kombinieren, sollte man nach seiner Aussage aber nicht. Im Vergleich zu Schmerzmitteln seien Triptane zwar nach zwei Stunden hinsichtlich der Schmerzfreiheit diesen überlegen. „Wenn man langfristig die Wirkung vergleicht, sind sie sehr ähnlich“, sagte Prof. Dr. Rambold. Triptane sollten möglichst nicht während der Auraphase eingenommen werden. Auch hier sei eine frühe Einnahme empfehlenswert. An maximal zehn Tagen im Monat sollte dieses Medikament eingesetzt werden. Ansonsten könnten zukünftige Kopfschmerzen auf einen Medikamentenübergebrauch zurückzuführen sein. „Das führt zu einem chronischen Kopfschmerz“, sagte Prof. Dr. Rambold. Die Behandlung gestalte sich dann schwierig. Ein Entzug von Kopfschmerzmittel sei in diesem Fall erforderlich.
Wenn Triptane und Schmerzmittel ihre Wirkung nicht zeigen würden, könnte man auf Ditane zurückgreifen. Entsprechend der Nebenwirkungen dürften dann keine Aktivitäten, die eine besondere Vorsicht erfordern, ausgeführt werden. „Sie müssten eigentlich nach deren Einnahme daheimbleiben“, sagte Prof. Dr. Rambold. Eine Alternative zur medikamentösen Behandlung sei noch die Neurostimulation, bei der die Nerven durch bestimmte Geräte stimuliert werden würden.
Botox gegen chronische Migräne
„Um die Migränehäufigkeit zu reduzieren, kann medikamentös oder nicht – medikamentös vorgegangen werden“, so Dr. Rachel – Maria Zwergal. „Beide sind gleichwertig“, stellte sie fest. Idealerweise sollten diese Behandlungsansätze kombiniert werden. Sinnvoll sei eine solche Therapie bei drei Attacken bzw. sechs Kopfschmerztagen pro Monat. Bei der sogenannten Prophylaxe sei es das Ziel, die Häufigkeit, Dauer und Intensität der Migräne um fünfzig Prozent zu reduzieren. Hierbei könnten Medikament aus unterschiedlichen Klassen wie Blutdrucktherapeutika, Antiepileptika oder Antidepressiva eingesetzt werden. Da die Antidepressiva eine entspannungsfördernde Wirkung zeigen würden, seien diese besonders beliebt. Solche Medikamente müssten aber täglich eingenommen werden, um den entsprechenden Effekt zu erhalten.
„Bei chronischer Migräne haben wir Botox“, stellte Dr. Zwergal fest. An etwa dreißig Stellen würde Botox injiziert werden. Die Wirkung stelle sich dann für drei Monate ein. Als Nebenwirkung könnte ein hängendes Lid auftreten. „Das Gute ist, es geht nach drei Monaten wieder weg“, sagte Prof. Dr. Rambold. „Gegen Kopfschmerz hilft ein perfektes, ideales Leben, wie es eigentlich bei jeder Erkrankung propagiert wird“, sagte Dr. Zwergal. Zu diesem würden unter anderem ausreichend Ruhe, ein regelmäßiger Tag-Nacht-Rhythmus und eine gesunde Ernährung gehören. „Wir wissen, dass Schwankungen des Blutzuckers eine Migräneattacke triggern können“, stellte Dr. Zwergal fest. Auch Magnesium könne gegen Kopfschmerz helfen. Die dafür nötige Dosis sei nach Prof. Dr. Rambold aber stark an der Durchfallsgrenze. Zudem ist regelmäßige Bewegung und Sport wichtig. „Man kann machen, was man möchte“, sagte Dr. Zwergal. Jede beliebige Sportart könne also gewählt werden.
Die Versorgungsstrukturen
„Deutschland ist bei der Versorgung von Migräne wirklich schlecht“, sagte Prof. Dr. Rambold. Krankenhäuser mit Schmerztherapie seien auf Migränepatienten nicht wirklich zugeschnitten. Neben Hausärzten und Neurologen sind auch DMRK zertifizierte Ärzte, DMK zertifizierte Zentren und Krankenhäuser Teil der Versorgungsstruktur. Während es in Mühldorf das MVZ gibt, gibt es im Innklinikum eine Sektion für Kopfschmerz, Schwindel und Neuroophthalmologie. „In Ostbayern sind wir in der Diaspora. Da muss man lauter schreien“, resümierte Prof. Dr. Rambold.
So wurde 1993 der gemeinnützige Verein MigräneLiga ins Leben gerufen, der inzwischen über 5000 Mitglieder hat. Nach Aussage von SHG – Koordinatorin des Vereins Lucia Baumann sei es das Ziel des Vereins, unter anderem die Betroffenen zu informieren, deren Interessen zu vertreten, Selbsthilfegruppen zu gründen und zu unterstützen. Die Teilnahme an einer solchen ist freiwillig und kostenfrei sowie vor Ort oder in Präsenz möglich. Im Rahmen der Veranstaltung sollte nun neben der bereits bestehenden Selbsthilfegruppe in Mühldorf eine in Altötting gegründet werden. „Es soll ein zusätzliches Angebot hier in Altötting geschaffen werden“, stellte Lucia Baumann fest.
