Neues Konzept für geschlossene Klinik
Krankenhaus Haag bleibt erhalten - erlebt aber gewaltige Veränderungen für Patienten und Personal
Das Krankenhaus in Haag soll erhalten bleiben. Das teilten Klinikleitung und Verwaltungsrat jetzt mit. Es erlebt allerdings einen totalen Umbau. Mit gravierenden Auswirkungen auf Patienten, Personal und die Marktgemeinde Haag.
Mühldorf/Haag - Von einer tiefgreifenden Krise des Krankenhaussystems sprach Mühldorfs Landrat Max Heimerl bei der Vorstellung des neuen Konzepts. Bundesweit litten besonders kleinere Krankenhäuser unter veränderten Vorgaben. „Der Zwang zur Konzentration nimmt zu“, sagte Heimerl, der auch Vorsitzender des Verwaltungsrats des „InnKlinikums“ ist.
Bundesweiter Fachkräftemangel, höhere gesetzliche Anforderungen an Personalausstattung und Behandlungszahlen, dazu eine chronische Unterfinanzierung erhöhten den Druck auf alle Kliniken in Deutschland. Vor allem die kleineren und kommunal geführten Klinikgesellschaften müssten ums Überleben kämpfen.
Standort bleibt erhalten
Vor diesem Hintergrund freute es Heimerl, dass das „InnKlinikum“ das Krankenhaus in Haag weiterbetreiben will. „Das ist die wichtigste Botschaft“, sagte er: „Wir haben einen Weg gefunden, den Standort Haag zu erhalten.“ Im Oktober hatte das „InnKlinikum“ das Krankenhaus zugesperrt, weil die Mitarbeiter in Mühldorf gebraucht wurden. Es wird künftig als „Ambulant-stationäres Krankenhaus mit integriertem Medizinischen Versorgungszentrum“ geführt.
Gewaltige Veränderungen
Jetzt soll es wie damals angekündigt weitergehen, allerdings mit gewaltigen Veränderungen. „Umbauen statt abbauen“, nannte es Heimerl und sprach von einem, „ambulant-stationären Krankenhaus.“ Es solle die haus- und fachärztliche Versorgung in Haag sicherstellen, eine 24-Stunden-Betreuung garantieren und helfen, das Defizit an Pflegemöglichkeiten zu mindern. „Wir überwinden mit diesem Konzept dauerhaft die Unsicherheit für die Zukunft.“
Klinikenvorstand Thomas Ewald zeichnete ein genaues Bild, wie das bestehende Gebäude genutzt werden soll. In ihm soll es nach seinen Angaben eine Physio-, Logo- und Ergotherapie geben, ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) und Praxen für Fach- und Hausärzte, eine Pflegestation und eine Tagespflegeeinrichtung mit 15 Plätzen, die Schmerztherapie und das Schlaflabor.
Die einschneidendste Veränderung trifft die Altersmedizin und Parkinsonbehandlung, beides bisher Aushängeschilder in Haag: Eine geriatrische Reha wird es im Landkreis künftig nicht mehr geben, das „InnKlinikum“ bietet sie nur noch in Burghausen an. Die Akutgeriatrie wandert nach Mühldorf, die Parkinsonbehandlung nach Altötting.
Vorteile für Patienten
Klinikenvorstand Ewald geht davon aus, dass die Veränderungen Vorteile für Patienten bringen. „Patienten der Akutgeriatrie sind in Mühldorf besser versorgt, weil dort alle notwendigen Spezialisten zusammen sind.“ Patienten müssten künftig weder nach der Behandlung in Mühldorf in die Akutgeriatrie verlegt, noch bei Nachbehandlungen zurück nach Mühldorf gefahren werden. „Die Qualität der Patientenversorgung verbessert sich auf jeden Fall.“
Dazu komme das Angebot der Pflege für Menschen, die nach einem Krankenhausaufenthalt aus sozialen Gründen nicht entlassen werden könnten, und die Einrichtung einer Tagespflege. Zusammen mit Arztpraxen, einer Anlaufstelle für kleinere akute Notfälle und dem Schlaflabor ist nach Ansicht von Landrat Heimerl eine Lösung gefunden worden, die auch in der derzeitigen Krise mit dem hohen Defizit zukunftsfähig ist. „Wir haben ein sehr fortschrittliches Konzept.“
200 Mitarbeiter betroffen
Wann die Umsetzung beginnt, ist noch offen. Klinikleitung und Verwaltungsrat hätten bewusst jetzt und damit sehr früh über die Veränderungen informiert, damit die etwa 200 betroffenen Mitarbeiter Zeit hätten, sich Gedanken zu machen, wo sie künftig arbeiten wollen. Im Februar will das „InnKlinikum“ mit der Umsetzung beginnen, laut Ewald sind Umbaumaßnahmen erforderlich. Wie viele Mitarbeiter in Haag gebraucht werden, konnte Ewald noch nicht sagen.
Der Vorstandsvorsitzende hofft, dass Mitarbeiter aus dem Haager Krankenhaus künftig auch bereit sein werden, in Mühldorf zu arbeiten. Die 210 Betten seien voll belegt, es würden dringend Pflegerinnen und Pfleger benötigt. Diese Situation hatte im Oktober den Ausschlag gegeben, das Krankenhaus Haag zu schließen und die Mitarbeiter in Mühldorf einzusetzen.. Etwa zehn Prozent von ihnen waren nach Angaben Ewalds nicht bereit, diesen Weg mitzugehen und haben gekündigt.
Flexibiltät gefordert
„Wir brauchen die Flexibilität der Mitarbeiter und die Unterstützung und Solidarität der Gemeinde, Parteien und Vereine“, betonte Heimerl. Die Veränderungen machen auch vor den anderen drei Standorten nicht Halt. Laut Ewald sind der allgemeine Fachkräftemangel - durch die Coronapandemie verschärft -, der große Geldmangel in der Krankenhausfinanzierung und die neuen Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach der Zwang, unter dem sich auch die vier Häuser des „InnKlinikums“ verändern müssen. Zentralisierung, der Abbau von doppelten medizinischen Angeboten und der Verzicht auf Leistungen werden alle Häuser treffen, auch die in Mühldorf, Altötting und Burghausen. Alle vier Krankenhäuser des „InnKlinikums“, das machte Landrat Heimerl deutlich, sollen erhalten bleiben. Welche Angebote es dort aber künftig geben werde, stehe im Gegensatz zu Haag noch nicht fest und müsse erst erarbeitet werden.
Klinikendefizit bei über 20 Millionen Euro
In diesem Jahr ist das Defizit des „InnKlinikums“ auf 20,7 Millionen Euro gestiegen, die beiden Landkreise Altötting und Mühldorf müssen es ausgleichen. Aus deren Sicht, das machten die beiden Kreistage zuletzt klar, gehe an Einsparmaßnahmen kein Weg vorbei. Dass das nicht zum Nachteil der Patienten sein muss, betonte Mühldorfs Medizinvorstand Dr. Wolfgang Richter. Er sprach von einer klaren medizinischen Aufwertung der Akutgeriatrie durch die Verlegung nach Mühldorf. „Und wir stärken die fach- und hausärztliche Versorgung in Haag.“
Bereits im Vorfeld der Vorstellung des neuen Konzepts hatte das „InnKlinikum“ die Mitarbeiter und Gemeinde- und Kreisräte über das Konzept informiert. Es sei auch mit dem Personalrat abgestimmt.
