Umstrittenes Baugebiet
„Prüfen uns zu Tode“: Scheitert der Haager Lerchenberg wieder an der Entwässerung?
Haag streitet wieder einmal um das Baugebiet „Südlich der Lerchenberger Straße II“. Und wieder geht es um die Entwässerung. Auch nach drei Jahren Planung scheint der Bauausschuss kaum vorangekommen zu sein. Jetzt liegen neue Ideen auf dem Tisch, die aber mehr als umstritten sind.
Haag – Und täglich grüßt das Murmeltier: Die Planung für das Haager Baugebiet „Südlich der Lerchenberger Straße II“ ist wieder einmal beinahe abgeschlossen, doch wieder einmal könnte es an der Entwässerung scheitern. Und das obwohl der Enthusiasmus für die neuen Konzepte doch anfangs so hoch war.
Doch von Beginn an: Haag will bauen, das ist bekannt. Seit mehr als drei Jahren diskutieren Bauausschuss und Gemeinderat über ein weiteres Baugebiet am Lerchenberg. Es gab viel Streit, viel Diskussion, manchmal auch über Kleinigkeiten wie die Breite der Ringstraße. Anfang vergangenen Jahres scheiterten die Pläne dann. Knackpunkt war die Entwässerung. Das Regenwasser, so der Plan damals, sollte mit einem Kanal in Richtung Altdorf abgeführt werden und anschließend mit Hilfe eines Pumpsystems nach der dortigen Bebauung in den Mühlbach eingespeist werden. Eine Entwässerung, die aber vielen Gemeinderatsmitgliedern sauer aufstieß. Einige sahen weiterhin Gefahr für die Altdorfer, sollte es zu einem Starkregenereignis kommen. Mitte des vergangenen Jahres wurde deshalb der Satzungsbeschluss abgelehnt, die Planung für das Baugebiet sollte komplett neu aufgerollt werden, so der Wunsch insbesondere der CSU-Fraktion.
Wasserwirtschaftsamt kippt Pläne
Ende vergangenen Jahres lagen dann die neuen Pläne auf dem Tisch und wurden mit viel Enthusiasmus begrüßt. Eine lockerere Bebauung mit mehr Grün sagte den Bauausschussmitgliedern zu. Und auch die neu geplante Entwässerung: In der Mitte des Baugebiets sollte eine Retentionsfläche entstehen, ein tiefer liegendes Areal, das als Überflutungsebene genutzt wird. Dort und in einem fünf Meter breiten Streifen auf der östlichen Seite des Baugebiets solle das Wasser versickern, so die Idee. Diese Pläne wurden aber, wie es scheint, ohne Rücksicht auf die problematische Bodenbeschaffenheit und die Einschätzungen des Wasserwirtschaftsamts gemacht. Denn beides hat der Idee nun einen Riegel vorgeschoben.
„Natürlich wäre es schön, wenn eine Versickerung im Gebiet erfolgen könnte“, erklärte Bürgermeisterin Sissi Schätz (SPD), doch der Boden im Baugebiet sei nicht dafür ausgelegt. Um das Regenwasser einspeisen zu können, hätte ein Rohr in bis zu 26 Metern Tiefe gegraben werden müssen. „Und das lehnt das Wasserwirtschaftsamt ab“, erklärt Schätz. „Die Behörde sagt: Die Bodendecke darf hier nicht durchbrochen werden. Das ist natürlich ein Totschlagargument.“ Die Alternativen nun: Doch wieder auf die Leitung nach Altdorf zu setzen oder zu prüfen, ob eine Versickerung außerhalb des Baugebiets möglich ist.
Bürgermeisterin skeptisch
Möglichkeit zwei sei vom Bauinvestor Weiß ins Spiel gebracht worden, erklärte Bürgermeisterin Schätz. „Er hat erklärt, dass er eine Fläche erwerben könnte, die eine Kiesschicht von 80 Zentimetern aufweisen und für eine Entwässerung wohl geeignet wäre.“ Doch hier gebe es, so die Überzeugung der Bürgermeisterin, gleich mehrere Probleme: Die Fläche befinde sich außerhalb des Bebauungsplans und es gebe noch keine Prüfung vom Wasserwirtschaftsamt, ob sie tatsächlich für die Entwässerung geeignet sei. „Den Umgriff des Bebauungsplans können wir nicht mehr ändern, aber die Tatsache, dass die Fläche außerhalb liegt, könnte rechtlich zu Schwierigkeiten führen“, erklärte Schätz. Zumal eine Prüfung eine Weile in Anspruch nehmen würde, „und langsam wird es zeitlich knapp.“ Außerdem gab sie zu bedenken, dass auf der angedachten Fläche auch Altlasten vorliegen könnten, die eine Entwässerung dort unmöglich machen würden. Die Bürgermeisterin plädierte deshalb dafür, die vollständig durchgeplante und überprüfte Leitung nach Altdorf weiterzuverfolgen. „Ansonsten prüfen wir uns zu Tode.“
Das sahen Teile des Bauausschusses jedoch anders. Insbesondere von der CSU und PWG kam Kritik. „Ich war schon immer gegen diesen Kanal“, erklärte Klaus Breitreiner (CSU). „Altdorf ist ein Überflutungsgebiet, das ist bekannt. Ich will nicht, dass noch mehr Wasser in den Mühlbach eingespeist wird.“ Auch Stefan Högenauer (CSU) sprach sich für die Versickerungsfläche aus. „Das was jetzt auf dem Tisch liegt, ist genau das, wonach wir seit drei, dreieinhalb Jahren ringen.“ Auch Josef Hederer (PWG) forderte eine weitere Prüfung der Alternative.
Expertise von Gutachtern infrage gestellt?
Eva Rehbein (SPD) konnte die Forderung jedoch nicht nachvollziehen. „Das Baugebiet wird zu einer Never-Ending-Story“, sagte sie und kritisierte die Vorgehensweise der anderen Ausschussmitglieder. „Was mich stört ist, dass ein Gutachter gesagt hat, die Leitung nach Altdorf ist in Ordnung und das wurde immer infrage gestellt.“ Stattdessen würden manche Gremiumsmitglieder ihre eigene Meinung über die Expertise von Gutachtern stellen. „Und jetzt haben wir hier eine Variante, die überhaupt nicht geprüft wurde und die nehmen wir jetzt, weil es euch in den Kram passt.“
Dr. Florian Haas (PWG) bestritt dies jedoch. „Ich stelle nicht das Gutachten infrage“, meinte er. „Ich finde jedoch, die Versickerungsfläche ist die bessere Lösung.“ Sie sei mit weniger technischem Aufwand und somit auch mit weniger Kosten auf lange Sicht, etwa für die Instandhaltung, verbunden.
Schließlich beschloss der Bauausschuss mehrheitlich, die Versickerungsfläche überprüfen zu lassen. Bürgermeisterin Schätz und Rehbein (beide SPD) sowie Egon Barlag (FWG) stimmten dagegen. Mit sechs zu vier wurde außerdem beschlossen, den Kanal nach Altdorf als Alternative weiter zu verfolgen.