Es hat nichts mit Faulheit zu tun
Prokrastination: Wie Ihr die Aufschieberitis überwindet
Aufschieberitis ist den meisten ein Begriff. To-Dos aufschieben, so lange es geht und schließlich auf den letzten Drücker erledigen, macht jeder mal. Sollte dies jedoch zur Gewohnheit werden, handelt es sich um Prokrastination. Was hinter Prokrastination steckt und wie Ihr die Aufschieberitis in den Griff bekommen könnt, lest Ihr hier.
Fristen und Termine führen zu einem gewissen Zeitdruck, der in vielen von uns Stress auslösen kann. Der Stress entsteht oft aber nur, weil wir nicht rechtzeitig damit anfangen, unsere Aufgaben zu erledigen. Wir schieben sie lieber so lange wie möglich auf. Doch das Hinauszögern von To-Dos auf den letzten Moment löst in uns oft negative Gefühle aus. Diese sogenannte Prokrastination, auch Aufschieberitis genannt, ist ein weit verbreitetes Phänomen.
Was ist eigentlich Prokrastination?
Wer prokrastiniert, schiebt anstehende To-Dos immer wieder auf. Der ehemalige Leiter der Prokrastinationsambulanz der Universität Münster Fred Rist definiert Prokrastination wie folgt: „Prokrastination ist das gewohnheitsmäßige Aufschieben von geplanten Aufgaben, die für persönliche Ziele wichtig sind und die eigentlich in einer absehbaren Zeit zu Ende gebracht werden müssen“.
In der Zeit, in der prokrastiniert wird, also in der eigentlich die anstehende Aufgabe erledigt werden sollte, wird lieber einer anderen Tätigkeit nachgegangen. Bei diesen sogenannten Ersatztätigkeiten muss es sich aber nicht zwingend um angenehmere Aufgaben handeln. Für den Prokrastinierenden sind sie jedoch „besser“ als das eigentliche To-Do. Der chronische Aufschieber sucht jederzeit nach einer Alternative für die eigentlich anstehende Aufgabe. Dennoch beschäftigt die eigentlich geplante Aufgabe den Betroffenen und kann ihn unter Druck setzen. Es kann sogar dazu führen, dass die Person keine Freude mehr an ihrer Freizeit empfindet.
Der Begriff Prokrastination stammt vom lateinischen Wort „procrastinatio“ ab, welches sich wiederum aus den Wörtern „pro“ und „crastinum“ zusammensetzt. Übersetzt bedeutet es in etwa „Vertagung auf morgen“.
Prokrastination hat nichts mit Faulheit zu tun
Wer etwas aufschiebt, prokrastiniert nicht zwangsläufig, denn es gibt einen Unterschied zwischen Faulheit und Prokrastination. Ein Mensch, der etwas aus Faulheit auf die lange Bank schiebt, hat dabei kein schlechtes Gewissen und bleibt ganz entspannt. Bei einer Person, die prokrastiniert, ist das anders. Ihre Gedanken kreisen ständig um die eigentlich zu erledigende Aufgabe und sie fühlt sich unwohl.
Obwohl Prokrastination bisher keine offiziell anerkannte Krankheit ist, kann sie ernsthafte Folgen nach sich ziehen. Denn durch das regelmäßige Aufschieben sind Betroffene oft gestresst, erleben Angst, Frustration, Schuldgefühle und Selbstabwertung. Laut einer Untersuchung der Universität Mainz haben Prokrastinierende häufiger mit Depressionen, Angststörungen, Einsamkeit und Erschöpfung zu kämpfen. Neben den psychischen und physischen Beschwerden kann sich Prokrastination auch negativ auf das Berufs- und Privatleben der Betroffenen auswirken.
Der Grund für Prokrastination
Prokrastination kann mehrere Ursachen haben. Viele denken, dass man aus fehlender Selbstdisziplin handelt, doch daran liegt es nicht. Der häufigste Grund, warum Betroffene prokrastinieren, ist die Angst vor dem Scheitern. Sie wollen sich durch das notorische Aufschieben von bestimmten Aufgaben vor Misserfolg oder Ablehnung schützen. Zudem können auch Überforderung oder Stress zu Prokrastination führen. Denn ist die To-Do-Liste zu lang, kann dies oft ein Vermeidungsverhalten hervorrufen.
Ein weiterer Grund für Prokrastination kann aber durchaus auch ein mangelndes Zeitmanagement sein. Wer Probleme hat, Prioritäten zu setzen und seine Zeit effektiv einzuteilen, der hat auch Schwierigkeiten, Dinge rechtzeitig zu erledigen und sich auf Aufgaben zu fokussieren. Die Ersatzhandlungen, wie beispielsweise das Aufräumen der Wohnung, lösen hingegen kurzzeitig ein positives Gefühl aus.
Was Ihr dagegen tun könnt
- Einen Zeitplan erstellen
Auf diesem Plan werden alle Aufgaben notiert, die anstehen. Am besten ist es, wenn die To-Dos nach Priorität sortiert aufgelistet werden, damit man sofort erkennt, welche Aufgabe am wichtigsten ist. Anschließend wird ein Zeitplan für die To-Dos erstellt. Es kann helfen, die Aufgaben fokussierter zu erledigen. - Konkrete und realistische Ziele setzen
Um Überforderung zu vermeiden, sollte man darauf achten, seine Ziele nicht zu hoch zu stecken. Wichtig sind Zielvorgaben, die konkret und realistisch für einen selbst sind. Sollte eine Aufgabe zu anspruchsvoll erscheinen, kann es helfen, sie in mehrere kleine Schritte zu zerlegen und diese nach und nach abzuarbeiten. - Verhalten hinterfragen
Wer weiß, warum er prokrastiniert, kann versuchen, die Ursache zu bekämpfen und Aufgaben beim nächsten Mal anders anzugehen. - Positiv denken
Wer seine Aufgaben mit einem positiven Mindset angeht, dem wird es leichter fallen, diese zu bewältigen. Es kann helfen, sich mit positiven Affirmationen selbst einen Motivationsschub zu geben, anstatt mit sich selbst ins Gericht zu gehen. - Sofort beginnen
Wenn es an der Zeit ist, sich einer Aufgabe von der To-Do-Liste zu widmen, sollte man umgehend damit beginnen. Denn jede Minute, die nach der eigentlichen Startzeit vergeht, lässt die Wahrscheinlichkeit sinken, dass man die Aufgabe noch erledigen wird. Laut der 72-Stunden-Regel liegt die Chance, dass man ein To-Do angeht, wenn man nicht innerhalb von 72 Stunden damit beginnt, bei einem Prozent. - Ablenkung vermeiden
Während man an einer Aufgabe arbeitet, sollte man sich wirklich nur auf diese fokussieren und Ablenkungen, z.B. durch das Smartphone, vermeiden. Auch Multitasking ist keine gute Idee, da man sich nicht mehr auf die eine Aufgabe konzentrieren kann und noch dazu unnötiger Stress entsteht. - Sich belohnen
Egal ob es eine Pause, etwas Süßes oder eine Tätigkeit ist - wenn man sich auf etwas freuen kann, geht einem die Arbeit gleich viel leichter von der Hand und man ist von Anfang an motivierter. Wichtig: Die Belohnung wird vor Beginn der anstehenden Aufgabe festgelegt. - Professionelle Hilfe suchen
Wenn keiner der Tipps hilfreich ist und man allein nicht gegen die Prokrastination ankommt, sollte man sich nicht scheuen professionelle Hilfe zu suchen. Manchmal kann aber auch ein Gespräch mit Freunden oder der Familie helfen.
nz