Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Im Interview

Stöhr fürchtet „heftigen Corona-Winter“ – Virologe spricht auch über ungewöhnliche Pirola-Symptome

Der erste Corona-Herbst ohne Auflagen, doch laut Klaus Stöhr könnte es in Kliniken erneut knifflig werden. Mit IPPEN.MEDIA spricht der Virologe über die Lage in Deutschland.

Frankfurt – Im Herbst nehmen die Atemwegserkrankungen in Deutschland wieder zu, auch Corona-Fälle werden vermehrt gemeldet. Nach aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) wurde die Corona-Untervariante Eris (EG.5) bei der Hälfte der Infektionen (53 Prozent) nachgewiesen. Die Pirola-Untervariante (BA.2.86) hingegen macht lediglich einen Anteil von zehn Prozent aus, in der Woche zuvor waren es noch sieben Prozent.

Breitet sich Pirola also allmählich immer weiter in Deutschland aus? Für den Epidemiologen und Virologen Klaus Stöhr ist die Diskussion um Corona-Varianten aus medizinischer Sicht wenig bedeutsam, da die Impfstoffe nach wie vor gegen schwere Verläufe wirken. In Deutschland würden Dutzende Varianten zirkulieren, erklärte Stöhr gegenüber FR.de von IPPEN.MEDIA. Bei Krankheitsverläufen gebe es aber keine signifikanten Unterschiede: die meisten Menschen erkranken leicht, lediglich bei einem kleinen Anteil würden schwere Verläufe auftreten. Das sei bei Sars-CoV-2 sehr ähnlich wie bei anderen endemischen Atemwegserkrankungen.

Corona-Experte Stöhr im Interview: Sind die neuen Pirola-Symptome besorgniserregend?

Ob eine Variante als besorgniserregend gilt, muss an einem Problem festgemacht werden, so Stöhr – etwa ob andere Altersgruppen betroffen sind, Impfstoffe nicht mehr wirken, schwere Krankheitsverläufe oder andere Symptome auftreten oder die Variante ansteckender ist als ihre Vorgänger. Bei Pirola sei das nicht der Fall. Zwar würden einige Facetten des klinischen Bildes bei der Corona-Variante etwas anders aussehen und sich unter anderem mit Durchfall und Hautveränderungen äußern. Diese seien aber vorübergehend und nicht lebensbedrohlich sowie bei der Behandlung der Infektion irrelevant.

Klaus Stöhr, Virologe und Epidemiologe, blickt hinsichtlich des Corona-Virus auf den Winter.

„Die respiratorischen Symptome bleiben dominant“ so Stöhr. Das heißt: Die meisten Symptome betreffen vor allem die Atemwege. Vor allem in Großbritannien gibt es Berichte über außergewöhnliche Symptome der Pirola-Variante. Die würden sich Stöhr zufolge auf medizinische Begleituntersuchungen stützen.

Grundsätzlich ähneln sich Eris und Pirola, sagte Virologe Hendrik Streeck der Welt. „Es gibt aber erste Hinweise darauf, dass BA.2.86 womöglich etwas ansteckender ist.“ Charité-Chef Christian Drosten bereitet Pirola derzeit keine Sorgen. Hinweise auf schwere Krankheitsverläufe gebe es nicht: „Ich kann vorerst Entwarnung geben“, sagte er der Zeit.

Impfmüdigkeit nach Corona in Deutschland riesig: „Größten Kollateralschäden der Pandemie“

Dennoch ist Stöhr zufolge die Diskussion und Beobachtung um Varianten wichtig, um gegebenenfalls Impfstoffe anzupassen. Auch müsse die Krankheitslast dringend in diesem Winter durch Studien eingeschätzt werden. Denn: Im kommenden Jahr muss die Ständige Impfkommission (Stiko) entscheiden, ob es noch verhältnismäßig ist, Corona-Impfungen für Menschen ab 60 Jahren sowie Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko weiterhin zu empfehlen.

„Für besonders gefährdete Gruppen ohne einen entsprechenden Impfschutz kann Corona nach wie vor eine schwere Erkrankung sein“, erklärte Markus Beier, der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, gegenüber Welt. Auch Stöhr lässt sich impfen, wie er gegenüber unserer Redaktion mitteilte.

Diese Viren und Bakterien machen uns krank

Eine mit Coronaviren befallene Zelle
Ende 2019 wurde zum ersten Mal über das Coronavirus Sars-CoV-2 berichtet. Zuerst nur in China diagnostiziert, breitete sich die durch Coronaviren ausgelöste Krankheit Covid-19 weltweit aus. Die Pandemie hat im Jahr 2020 weltweit etwa 1.900.000 Todesopfer gefordert. Auf der Darstellung oben ist eine menschliche Zelle (grün) zu sehen, die mit Coronaviren (gelb) infiziert ist.  © Niaid/dpa
HIV-Virus: Das Virus löst die Immunschwäche Aids aus. Rund 20 Jahre nach seiner Entdeckung ist Aids die verheerendste Infektionskrankheit, die die Menschheit seit der Pest im 14. Jahrhundert herausgefordert hat.
HIV-Virus: Das Virus löst die Immunschwäche Aids aus. Rund 20 Jahre nach seiner Entdeckung ist Aids die verheerendste Infektionskrankheit, die die Menschheit seit der Pest im 14. Jahrhundert herausgefordert hat. © dpa
Pest Erreger Yersinia pestis: Die Infektionserkrankung wird erstmals im 6. Jahrhundert im Mittelmeerraum nachgewiesen. 1894 wird das Bakterium entdeckt. Heutzutage sind bei früher Diagnose die Heilungschancen durch Antibiotika hoch.
Pest Erreger Yersinia pestis: Die Infektionserkrankung wird erstmals im 6. Jahrhundert im Mittelmeerraum nachgewiesen. 1894 wird das Bakterium entdeckt. Heutzutage sind bei früher Diagnose die Heilungschancen durch Antibiotika hoch. © dpa
Ebola Virus: Das Virus verursacht mit inneren Blutungen einhergehendes Fieber. In bis zu 90 Prozent der Fälle verläuft die Krankheit tödlich. Wissenschaftler arbeiten mit Hochdruck an einem Impfstoff.
Ebola Virus: Das Virus verursacht mit inneren Blutungen einhergehendes Fieber. In bis zu 90 Prozent der Fälle verläuft die Krankheit tödlich. Wissenschaftler arbeiten mit Hochdruck an einem Impfstoff. © dpa
Grippe Virus
Grippe Virus: Antigene (gelbe und blaue Antennen) sitzen auf einer doppelten Fettschicht, die sich um die Erbsubstanz im Inneren schließt. Mit der Vermischung verschiedener Virentypen entstehen neue Erbsubstanzen und damit auch Antigene. © dpa
Herpes Virus: Herpes simplex-Viren sind weltweit verbreitet. Nach einer Erstinfektion verbleibt das Virus in einem Ruhezustand lebenslang im Organismus.
Herpes Virus: Herpes simplex-Viren sind weltweit verbreitet. Nach einer Erstinfektion verbleibt das Virus in einem Ruhezustand lebenslang im Organismus. © dpa
Rhinovirus Human rhinovirus 16 (HRV16)
Rhinovirus Human rhinovirus 16 (HRV16): Schnupfen verbreitet sich weltweit durch Rhinoviren. © dpa
Schweinegrippe Virus 1976: Die klassische Schweinegrippe ist ein Influenza-A-Virus vom Subtyp H1N1, der 1930 erstmals isoliert wurde. Daneben sind auch die drei Subtypen H1N2, H3N2 und H3N1 von Bedeutung.
Schweinegrippe Virus 1976: Die klassische Schweinegrippe ist ein Influenza-A-Virus vom Subtyp H1N1, der 1930 erstmals isoliert wurde. Daneben sind auch die drei Subtypen H1N2, H3N2 und H3N1 von Bedeutung. © dpa
Schweinegrippe Virus unter einem Transmissionselektronenmikroskop: 2009 brach die Schweinegrippe in Mexiko aus. Dabei handelt es sich um ein mutiertes Schweinegrippevirus vom Subtyp H1N1, das anders als gewöhnlich auch von Mensch zu Mensch übertragen werden kann.
Schweinegrippe Virus unter einem Transmissionselektronenmikroskop: 2009 brach die Schweinegrippe in Mexiko aus. Dabei handelt es sich um ein mutiertes Schweinegrippevirus vom Subtyp H1N1, das anders als gewöhnlich auch von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. © dpa
Spanische Grippe Virus: Die Spanische Grippe (1918) gilt als die schlimmste Grippe-Pandemie aller Zeiten. Bei der Spanischen Grippe handelt es sich um den Virenstrang H1N1, der besonders junge Menschen dahin raffte. Experten schätzen die Zahl der Opfer auf 40 bis 50 Millionen.
Spanische Grippe Virus: Die Spanische Grippe (1918) gilt als die schlimmste Grippe-Pandemie aller Zeiten. Bei der Spanischen Grippe handelt es sich um den Virenstrang H1N1, der besonders junge Menschen dahin raffte. Experten schätzen die Zahl der Opfer auf 40 bis 50 Millionen. © dpa
Auslöser der Tuberkulose sind Bakterien (Mycobacterium tuberculosis)
Tuberkulosebakterium Mycobacterium tuberculosis: Die auch als Schwindsucht bekannte Krankheit ist, obwohl sie heutzutage als heilbar gilt, eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten der Welt. © dpa
Vogelgrippe Influenza-A: Schema des Influenza-A-Virus (Computer-Darstellung von Januar 2006). Der aggressive Vogelgrippe-Virus des Subtyps H5N1 gehört zur Gruppe der Influenza-A-Viren, ebenso wie die zahlreichen menschlichen Grippeviren. Das Virus ist kugelrund, sein Durchmesser beträgt nur 0,1 tausendstel Millimeter. In seinem Inneren ist lediglich Platz für ein paar Proteine und die Erbsubstanz.
Vogelgrippe Influenza-A: Schema des Influenza-A-Virus (Computer-Darstellung von Januar 2006). Der aggressive Vogelgrippe-Virus des Subtyps H5N1 gehört zur Gruppe der Influenza-A-Viren, ebenso wie die zahlreichen menschlichen Grippeviren. Das Virus ist kugelrund, sein Durchmesser beträgt nur 0,1 tausendstel Millimeter. In seinem Inneren ist lediglich Platz für ein paar Proteine und die Erbsubstanz. © dpa

Doch offenbar lassen sich immer weniger Menschen impfen. Die Impfmüdigkeit in Deutschland und den USA war „noch nie so groß wie jetzt“, sagte Stöhr. „Die Impfraten haben bei wichtigen Kinderimpfungen wie Polio und Masern nachgelassen.“ Das sei einer der „größten Kollateralschäden der Pandemie“. Wichtige Impfungen seien negativ konnotiert. Das habe auch langfristig Einfluss auf das Gesundheitssystem.

Corona-Winter in Deutschland: Stöhr über mögliche Infektionswelle

Doch wie wird sich die Corona-Situation in den kommenden Monaten entwickeln? In der 45. Kalenderwoche wurden dem RKI 21.764 Covid-19-Fälle übermittelt, 6114 Fälle wurden im Krankenhaus behandelt. Nach RKI-Angaben habe sich damit der Anstieg fortgesetzt. Zwei Wochen (43. Kalenderwoche) zuvor wurden noch 17.222 Fälle gemeldet und 5325 Personen im Krankenhaus behandelt. Die Dunkelziffer dürfte höher sein.

Vor allem im Winter nehmen die für diese Jahreszeit typischen Atemwegserkrankungen zu. Der Druck auf Krankenhäuser und Intensivstationen sei dadurch teilweise extrem, so Stöhr. „Ich glaube, dass es in diesem Winter heftiger sein wird“, schilderte der Virologe mit Blick auf eine mögliche Sars-Infektionswelle. Ein Immunstatus wie nach vielen Jahren endemischer Durchseuchung bei anderen Atemwegserregern sei nach drei Jahren Pandemie in Deutschland noch nicht erreicht. Besonders ältere Menschen mit Vorerkrankungen seien gefährdet.

Sich mit Blick auf die aktuelle Lage mit einer FFP2-Maske zu schützen, sei dem Virologen zufolge nicht sinnvoll. Auch eine Corona-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Masken in der Pandemie eher wirkungslos waren. „Wer noch nie gehört hat, dass es fünf verschiedene an den Kopf anzupassende FFP2-Markengrößen gibt und auch keine entsprechende Schulung mitgemacht hat, sollte lieber bei der medizinischen Maske bleiben“, steht für Stöhr fest. Sitzt eine Maske nicht richtig, sei die Schutzwirkung nicht gegeben. Der Vorteil einer Maske, sich weniger zu infizieren, sei zwar da, wie erfolgreich das ist, lasse sich aber nur schwer beziffern. Stöhr betonte zudem, dass Kranke bei einer Infektion lieber zu Hause zu bleiben sollten. (kas)

Rubriklistenbild: © Sven Hoppe/dpa

Kommentare