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„Sind zum Erfolg verdammt“: Startschuss für Milliardenprojekt, das Baden-Württemberg mit Strom versorgen soll
Am 11. September 2023 fiel der Startschuss für den Bau des Suedlinks, der Strom von Norddeutschland in den Süden transportieren soll. Ein Milliarden-Unternehmen, das zum Erfolg verdammt ist.
Stuttgart - Mit dem Hochlauf der E-Mobilität und dem Fokus auf Wärmepumpen wird der Strombedarf in Deutschland in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Ein Projekt der EnBW-Tochter NetzeBW in Wangen zeigte, dass E-Autos durchaus einen Einfluss auf das lokale Stromnetz haben. Um auch den wirtschaftsstarken Süden der Bundesrepublik zuverlässig und sicher mit Strom zu versorgen, wurde bereits im Zuge des Netzentwicklungsplans Strom im Jahr 2012 über eine Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung vom Norden in den Süden Deutschlands nachgedacht.
Bis zum Baustart des Korridors zwischen Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg beziehungsweise Bayern sollten allerdings noch mehr als zehn Jahre vergehen. Am Montag, dem 11. September 2023, fiel mit dem offiziellen Baustart des ersten Leitungsabschnitts schließlich der Startschuss für das gemeinsame Projekt der Übertragungsbetreiber Tennet TSO aus Bayreuth und TransnetBW, einer Tochter des Energieversorgers EnBW, mit Sitz in Stuttgart. Dem Baustart gingen jedoch deutliche Komplikationen und auch heftige Auseinandersetzungen mit Bürgerinitiativen und Verbänden voraus.
Baubeginn für Strom-Korridor Suedlink: Strom vom Norden bis nach Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg wurden in vergangenen Jahren zwar einige neue Windkraftanlagen errichtet und an Rhein und Neckar betreibt auch die EnBW mehrere Kraftwerke für die Stromerzeugung, angesichts des steigenden Bedarfs wird das auf lange Sicht aber wohl nicht ausreichen. Deshalb soll Baden-Württemberg nach Fertigstellung des Suedlinks vom Strom aus den windreichen Regionen Deutschlands profitieren können. „Damit stärken wir die Versorgungssicherheit in Deutschland und auch die unserer Nachbarländer“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der beim Baustart in Wewelsfleth (Schleswig-Holstein) vor Ort war, in einer Pressemitteilung seines Ministeriums. „Dies ist eine gute Nachricht für die Energiewende und für Deutschland und zeigt, dass wir beim Netzausbau vorankommen.“
Der Suedlink-Korridor ist in eine Nord- und eine Südhälfte eingeteilt. Die Trasse von Brünsbüttel in Schleswig-Holstein bis nach Großgartach im Landkreis Heilbronn wird dabei von TransnetBW verantwortet und ist mit einer Gesamtlänge von 702 Kilometern in insgesamt fünf Abschnitte unterteilt:
| Abschnitt | Bundesländer | Länge |
|---|---|---|
| Brunsbüttel – Scheeßel | Schleswig-Holstein – Niedersachsen | 102 Kilometer |
| Scheeßel – Bad Gandersheim | Niedersachsen | 184 Kilometer |
| Bad Gandersheim – Gerstungen | Niedersachsen – Hessen – Thüringen | 114 Kilometer |
| Gerstungen – Arnstein | Thüringen – Hessen – Bayern | 136 Kilometer |
| Arnstein – Großgartach | Bayern – Baden-Württemberg | 137 Kilometer |
(Quelle: suedlink.com)
Der Korridor mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen soll im Jahr 2028 in Betrieb gehen und mit einer Übertragungskapazität von 4 Gigawatt rund 10 Millionen Haushalte mit Strom versorgen können. Eigentlich hätte das Projekt, dessen Kosten mit etwa 10 Milliarden Euro veranschlagt werden, bereits 2022 fertiggestellt werden sollen. Dass es sich nun um rund sechs Jahre verzögert, liegt auch an dem deutlichen Widerstand von Naturschützern und anderen Verbänden.
Widerstand gegen Stromtrasse verzögert Großprojekt – und macht es deutlich teurer
Suedlink ist das größte Infrastrukturprojekt der Energiewende in Deutschland und deshalb für das Gelingen dieser notwendig, weil die Bundesregierung zum einen bis 2030 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien beziehen will und zum anderen das bestehende Netz drastisch veraltet ist. „Wir sind zum Erfolg verdammt“, hatte Robert Habeck deshalb auch beim Baubeginn deutlich gemacht. Wie das Manager Magazin berichtet, gab es bis zum Startschuss allerdings heftige Proteste gegen das Projekt von TransnetBW und Tennet TSO. Dass die Trasse nun unterirdisch statt wie geplant oberirdisch verlaufen wird, sei ein Kompromiss und mache den Ausbau zum einen deutlich teurer als auch zeitintensiver.
Neben Entscheidungsfreigaben auf allen EU-Ebenen – von Brüssel bis zur Naturschutzbehörde der betroffenen Gemeinden – musste auch eine Lösung für die Landwirte gefunden werden, auf deren Grundstücken der Korridor verlaufen wird. Die Verhandlungen zwischen TransnetBW und dem Bauernverband in Baden-Württemberg und den anderen betroffenen Bundesländern dauerten laut Manager Magazin ganze zwei Jahre und endeten letztendlich mit der Vereinbarung auf Entschädigungen für die Besitzer der Grundstücke, die vor, während und zum Teil auch nach dem Bau der Trasse nicht bewirtschaftet werden können. Naturschützer halten das Milliarden-Projekt allerdings weiter für überflüssig und fordern, den Strom dort zu erzeugen, wo er auch genutzt wird.
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