Frost in der Nacht
Abgeknickte Blüten, fehlende Insekten: Wintereinbruch hat für die Natur schwerwiegende Folgen
Nachdem am Sonntag viele Hessen vom Schnee kalt erwischt wurden, wird es nun trockener. Vor allem die Nächte werden dafür noch kälter. Es droht Frost und Glätte. Für die Natur hat der späte Winter-Einbruch nachhaltige Folgen.
Fulda - Dichter Schneefall bis in die tieferen Lagen hatte am Sonntag mit glatten Straßen, Unfällen und zahlreichen Astbrüchen in weiten Teilen von Hessen für ein spätes Winter-Chaos gesorgt. Während die weiße Pracht vielerorts nach wenigen Stunden bereits wieder verschwunden war, hat das winterliche Wetter für die Natur - und damit die Landwirte - Folgen, die sich wohl nicht innerhalb von ein paar Tagen erledigt haben.
Dass der zentimeterhohe Schnee auf so viele bereits voll in Blüte stehende Pflanzen und dicht belaubte Bäume getroffen ist, liegt vor allem an der ungewöhnlich warmen ersten April-Hälfte, als es mit Temperaturen jenseits der 25-Grad-Marke schon sommerlich warm war.
Schnee-Wetter im April hat für die Natur nachhaltige Folgen
So sind in Hessen etwa deutlich früher als üblich bereits viele Rapsfelder erblüht. Der nasse, schwere Schnee hat nun viele der Pflanzen umgeknickt. Dies sei vor allem dort der Fall gewesen, wo der Raps sehr dicht gestanden habe, berichtet Landwirt Gregor Röder aus Neunhards im Kreis Fulda. Ob die Ernte dadurch niedriger ausfällt, kann er noch nicht absehen. Er befürchtet es aber. „Das dürfte sehr unterschiedlich sein. Felder, auf denen der Raps zu dünn stand, haben weniger abbekommen, weil der Schnee dort weniger Auflagefläche hatte.“
Aber auch der Frost könnte problematisch werden: „Der Raps stand in voller Blüte: Insgesamt blüht er etwa vier Wochen. Das fängt am Haupttrieb ab und setzt sich dann nach unten und seitlich fort. Ich gehe davon aus, dass die Blüten, die jetzt tagsüber neu aufgehen, wenn es nachts friert, nicht bestäubt werden“, erklärt er. Die vor und nach dem Frost geöffneten Blüten seien davon nicht betroffen und würden Schoten bilden.
Die fehlende Bestäubung ist ebenso ein Problem für Obstbauern, etwa für Jürgen Krenzer von der Rhöner Apfelinitiative und Krenzers Rhön in Seiferts. „Die Blüte ist zwar intakt, es hat nicht reingefroren, aber sie kann im Moment nicht bestäubt werden, weil die Insekten nicht an die Blüten kommen. Ohne Bestäubung keine Äpfel.“
Das Problem sei nicht, dass der Winter zurück ist, das sei in der Rhön auch im April normal. Die frühe Blüte sei das Problem: „Ich habe es noch nie erlebt, dass die Bäume schon Mitte April in der Rhön so weit sind. Vor zehn Jahren war es Mitte Mai“, sagt der 59-Jährigeim Gespräch mit der Fuldaer Zeitung.
Erst wenn es wärmer wird, fliegen auch wieder die Insekten, um die Blüten zu bestäuben. Momentan haben die Bienen ihren Dienst erst einmal eingestellt: „Sie haben sich in ihre Bienenkästen zurückgezogen“, erklärt Matthias Müller, Vorsitzender der Nabu-Gruppe Hünfeld. Von einem Imker habe er erfahren, dass die Bienenkästen schon zur Hälfte gefüllt seien, weil bereits viel geblüht habe.
Den Insekten mache der Wintereinbruch an sich aber nichts aus. „Das hat keine Auswirkungen. Die Tiere kommen in solchen Zeiten auch mal zurecht. Sie ruhen sich irgendwo aus, warten ab, und sobald wieder mehr Sonne scheint, gehen sie ihrem Lebenszyklus nach. So ungewöhnlich ist Schnee im April auch nicht“, sagt der 59-Jährige.
Bestäubung der Blüten bleibt aus, weil Insekten dank Winter-Wetter nicht mehr ausfliegen
Wärmende Sonnenstrahlen sind allerdings in den nächsten Tagen weiterhin nicht in Sicht. Zwar lässt der Niederschlag laut Prognose des Deutschen Wetterdienstes vom Montag (22. April) erst einmal nach, die Temperaturen steigen jedoch kaum. Im Gegenteil: Weil der Himmel aufklart, wird es vor allem in den Nächten noch ein Stück kälter.
Im Laufe des Tages seien in Hessen vereinzelt weitere Schauer, auch mit Graupel oder Schneefall möglich. In der Nacht zum Dienstag sei es jedoch verbreitet nur gering bewölkt oder klar. Deshalb sei es verbreitet frostig mit Temperaturen zwischen minus 1 und minus 4 Grad. Vereinzelt ist dann Glätte möglich.
Video: Tief „Annina“ sorgt für Frost - Landwirte fürchten um Ernte
Hobbygärtner, die bereits Pflanzen im Freien stehen haben, sollten diese nachts abdecken, rät Nabu-Mann Matthias Müller: „Wenn etwa Salat draußen ist und Frost abbekommt, kann er zurückfrieren.“
In den Nächten auf Mittwoch und Donnerstag nehme die Bewölkung wieder zu, es gebe mehr Schauer, die in den Höhenlagen wiederum als Schnee herunterkommen können. Die Tiefstwerte liegen weiterhin unter dem Gefrierpunkt.
