„Lieferketten in Gefahr“
Marode NRW-Brücken und endlos-Staus bedrohen bundesweite Wirtschaft: „Wird noch schlimmer“
Eine Studie zeigt: 30 Prozent der NRW-Autobahnbrücken sind marode. Lieferketten sind gefährdet. Unternehmer haben Forderung an Bundesregierung.
Düsseldorf – Der Klang des Wortes Rahmedetal-Brücke sorgt bei Menschen in Westfalen für richtig schlechte Laune. Die völlig marode A45-Brücke musste 2021 erst gesperrt und dann abgerissen werden, seitdem gibt es eine der wichtigsten Nord-Süd-Achsen in NRW nicht mehr – und für Pendler bedeutet der Wegfall der Brücke stundenlanges Stehen im Stau.
Auch für die Wirtschaft seien marode Straßen und wegbrechende Verkehrsverbindungen fatal, sagte IHK-NRW-Präsident Ralf Stoffels am Montag bei einer Pressekonferenz im Düsseldorfer Landtag: „NRW ist Transitland, Lieferketten in ganz Deutschland und international geraten ins Stocken, wenn die Verkehrsinfrastruktur hier nicht funktioniert.“ Das Problem: Die Rahmedetal-Brücke ist kein Einzelfall. Das geht aus einer Untersuchung der IHK gemeinsam mit dem Center Building and Infrastructure Engnieering und dem Institut für Straßenwesen der RWTH Aachen hervor.
Marode Autobahnbrücken sorgen in NRW für Stau und lähmt Lieferketten
Demnach sind 2439 Brücken in NRW marode und müssen dringend saniert werden, am höchsten ist der Bedarf bei den Autobahnbrücken. Eine Karte zeigt das eindrücklich: Die Hauptverkehrsachsen sind durchzogen von roten Punkten, die jeweils für eine dringend sanierungsbedürftige Brücke stehen. Vor allem auf den Autobahnen in Richtung Niederlande und Belgien gibt es laut der Untersuchung besonders viele kaputte Bauten. Baustellen sorgen schon jetzt für Tausende Stunden Stau in NRW pro Jahr. „Das lähmt den Warenverkehr mit unseren Nachbarn massiv“, so Stoffels.
Ein Großteil der Brücken im Bundesland ist zwischen 1960 und 1991 erbaut worden, „sie haben das Ende ihre Lebenszeit erreicht, das heißt, das Problem wird in den nächsten Jahren noch schlimmer“, sagte der IHK-Präsident. Er beklagt, dass die Investitionen auch vonseiten des Bundes in den letzten Jahren ungleich auf die Bundesländer verteilt worden seien. So sind beispielsweise laut der Untersuchung in Rheinland-Pfalz 14 Prozent, in Bayern sogar lediglich 9,8 Prozent der Brücken Sanierungsfälle. Stoffels sieht die Verantwortung vor allem bei den letzten Bundesverkehrsministern: In den letzten zwölf Jahren kamen drei aus Bayern und von der CDU, der aktuelle Minister Volker Wissing stammt aus Rheinland-Pfalz.
Sperrung wie bei der Rahmedetal-Brücke: „Dann kommen auch keine Waren in Bayern an“
Wenn erneut eine Brücke wie die Rahmedetal-Brücke dauerhaft gesperrt oder abgerissen werden müsste, würden ganze Lieferketten ernsthaft in Gefahr geraten. „Dann kommen auch keine Waren mehr in Bayern oder den anderen Bundesländern an“, so Stoffels. Die IHK fordert deshalb, dass NRW vom 500-Milliarden-Investitionspaket, das Union und SPD gerade schnüren, einen besonders großen Anteil für Infrastrukturprojekte erhält.
Derweil gebe es Gerüchte, dass womöglich die Hälfte des Geldes in die Bahn gepumpt werden soll, heißt es bei der IHK. „Das halten wir für falsch“, sagte Werner Schaurte-Küppers, Chef der IHK Niederrhein. „Die Bahn muss einmal ihre Hausaufgaben selber machen, statt erneut gestützt zu werden.“ Ralf Stoffels ergänzte: „Für den Warenverkehr ist die Bahn derzeit nicht wettbewerbsfähig.“ Einerseits gebe es kaum genug Übergabepunkte für den Güterverkehr etwa von der Straße oder vom Wasser auf die Schiene. Zweitens sei der Transport via Bahn zu teuer. Die IHK in NRW fordert nun eine eigene Task Force Brückenbau sowie eine Beschleunigung von Planungsverfahren und Bauvorhaben.
Rubriklistenbild: © Markus Klümper/dpa, IHK NRW
