Schuldfrage vor Rostocker Gericht
Landwirt verliert beide Beine bei Mähdrescher-Unfall: „Ich war noch 25 Minuten bei Bewusstsein”
Ein dramatischer Unfall auf einem Feld in Mecklenburg-Vorpommern endete für den Landwirt Adrian B. mit dem Verlust beider Beine. Trotz des tragischen Vorfalls zeigt er vor Gericht beeindruckende Stärke und Vergebung.
Rostock – Der dramatische Unfall im August 2023, bei dem ein 25-jähriger Landwirt im Landkreis Rostock beide Beine verlor, sorgte für Aufsehen. Die Polizei untersuchte den Vorfall intensiv und stellte die Frage: Hatte jemand Schuld an der Tragödie? Adrian B., der junge Landwirt, geriet während der Ernte mit seinen Beinen in einen Mähdrescher, was zu einer lebensrettenden Not-Amputation direkt auf dem Feld führte.
Der tragische Unfall im Detail: Adrian B. gerät in die Mechanik
Am 19. August 2023 arbeiteten Adrian B. und zwei Kollegen, eine Erntehelferin und ein weiterer Mitarbeiter, an der Ernte, als es zu einem folgenschweren Zwischenfall kam. Der Kornspeicher des Mähdreschers war durch feuchtes Unkraut verstopft, und gemeinsam beschlossen die Beteiligten, das Problem manuell zu lösen. Die Erntehelferin blieb auf dem Fahrersitz, um den Mähdrescher zu bedienen, während Adrian B. und sein Kollege versuchten, die Störung mit Schaufeln zu beseitigen.
Was dann geschah, ereignete sich in Sekunden: Adrian B. rutschte ab und geriet mit seinen Beinen in die Mechanik des Mähdreschers. Trotz sofortigen Stopps der Maschine war der Schaden angerichtet. Doch es ist zu spät. „Ich war, nachdem ich in die Schnecke eingezogen wurde, noch 25 Minuten bei Bewusstsein”, erinnerte sich der Landwirt vor dem Rostocker Gericht. Eine mehrstündige Notoperation noch im Mähdrescher bei Hitze, Dunkelheit und schwierigstem Zugang rettete den Mann. Ärzte und Blutkonserven wurden per Hubschrauber eingeflogen. Doch Adrian B. verlor beide Beine.
Der Prozess: Keine Schuldzuweisungen – Verfahren eingestellt
Gut ein Jahr nach dem Unfall wurde der Fall vor dem Amtsgericht Rostock verhandelt. Angeklagt war Jannik L., ein Kollege des Opfers, der der fahrlässigen Körperverletzung beschuldigt wurde. Er soll Adrian B. angewiesen haben, die Verstopfung im Kornspeicher zu beseitigen, was zu dem Unfall führte. Doch vor Gericht stellte sich heraus, dass die Entscheidung, die Verstopfung manuell zu beseitigen, gemeinsam getroffen worden war.
Adrian B. zeigte im Prozess keine Vorwürfe gegenüber seinem Kollegen. „Unser Verhältnis ist gut. Es hat sich nichts verändert“, erklärte er vor Gericht. Einen Strafantrag stellte er nicht, auch Schmerzensgeld forderte er nicht. „Ich habe kein Interesse daran, dass jemand durch diesen Unfall im Nachhinein Schaden nimmt.“
Die Staatsanwaltschaft beantragte schließlich, das Verfahren einzustellen, was der Richter akzeptierte. „Hier haben zwei Menschen etwas Hochgefährliches getan, und dann ist es zu dem Unfall gekommen“, resümierte der Staatsanwalt. Der Rechtsfriede sei hergestellt.
Adrian B. blickt nach vorne: „Das Leben geht weiter“
Trotz der gravierenden Folgen zeigt sich Adrian B. erstaunlich positiv. Er erklärte, dass es ihm psychisch gut gehe und er den Kopf nicht in den Sand stecken werde. „Es ist passiert, und ich kann es nicht ändern. Aber das Leben geht weiter.“ Heute ist Adrian B. weiterhin im selben Landwirtschaftsbetrieb angestellt, wo er vorwiegend im Büro arbeitet. „Die Arbeit macht mir Spaß“, sagte er vor Gericht. (mh)
