Plötzlich bricht Orkan los
Frau tot, Region von Sturm überrascht: DWD erklärt, warum die Orkan-Warnung ausblieb
111 km/h hat die Feuerwehr in Goslar gemessen. Das wären orkanartige Böen, Warnstufe 3. Eine entsprechende Warnung gab es für die Region aber nicht.
Goslar – Eine Frau aus Bayern ist tot, sie starb beim Unwetter am Rammelsberg bei Goslar. Offenbar wurden die 46-Jährige und ihre Familie im Harz vom Sturm überrascht, denn eine Warnung des DWD oder der Feuerwehr gab es für den Wald nicht. Und das, obwohl ein Rekord-Sturm in Deutschland und Europa tobt.
Keine Orkan-Warnung: Sturm überrascht Region Goslar – „Von einer Sekunde auf die andere brach es los“
Das erklärte ein Sprecher des Kreisfeuerwehrverbands auf Nachfrage von IPPEN.MEDIA. „Es hat gewindet, aber nicht doll. Und von einer Sekunde auf die andere brach es los. Der Wind hat Türen und Fenster aufgeschlagen“, sagt er.
Der Orkan hat die Region völlig unvermittelt getroffen und das, obwohl sich die Feuerwehren im Raum Goslar von einem Experten beraten lassen, der auch mit Wetter-Fachleuten wie Jörg Kachelmann zusammenarbeitet. „Selbst den hat das Unwetter überrascht!“
Deutscher Wetterdienst gibt keine Orkan-Warnung heraus – Feuerwehr macht andere Messung als DWD
„Eine Wetter-Warnung war in der Tat draußen“, sagt ein Sprecher des Deutschen Wetterdiensts (DWD). Aber auch von der Behörde kam keine Warnung vor einem Orkan oder orkanartigen Böen. Was die Feuerwehr gemessen hat, entspräche Warnstufe 3. Der DWD warnte hingegen lediglich vor Windgeschwindigkeiten bis zu 80 km/h, Warnstufe 1.
Und der DWD hat bislang auch keine Windstärken gemessen, die der eigenen Warnung widersprächen. Die stärkste: 62 km(h in Northeim-Stöckheim.
Wie kommt dieser Unterschied zustande? Eine Station in Goslar hat der DWD nicht. Und außerdem misst er auf einer Höhe von zehn Metern, das ist EU-Richtlinie. Die Apparate der Feuerwehr befinden sich dagegen am Turm auf etwa 30 Metern, schätzt der Sprecher des Kreisfeuerwehrverbands.
Frau stirbt bei Sturm im Harz: „Warnung hätte keinen Unterschied gemacht“
Die ausgebliebene Warnung beschäftigt die Feuerwehr Goslar aber nicht: „Sie hätte keinen Unterschied gemacht“, sagt der Sprecher. Auch den Einsatz am Rammelsberg hat das nicht behindert. Die Feuerwehren in der Region seien sehr schlagkräftig und an Unwetter gewöhnt. Die DWD-Warnung bräuchte der Kreisverband Goslar ohnehin nicht, weil er einen eigenen Wetter-Berater hat.
Für die Familie hätte es allerdings vielleicht anders kommen können. Womöglich wären die Eltern mit ihren Kindern nicht in den Wald gegangen, wenn es eine Warnung gegeben hätte. Vorwürfe kann man aber niemandem machen, sagt die Feuerwehr. Der Sturm hat alle überrascht, Experten, DWD, Feuerwehr und leider auch die Familie. „Es ist großes Pech für die Betroffenen“, trauert der Feuerwehrsprecher, „sie waren zur falschen Zeit am falschen Ort.“
Orkan-Warnungen locken immer wieder Katastrophentouristen in den Harz
Zumal der DWD darauf hinweist, dass Bäume auch bei Windgeschwindigkeiten von 70 bis 80 km/h umstürzen können. Etwa, wenn der Boden weich ist, oder die Bäume krank.
„Wenn Warnungen rausgehen, wird es oft noch schlimmer“, merkt die Feuerwehr an. Meldungen über starken Wind locken immer wieder zahlreiche Katastrophentouristen in den Harz, vor allem auf den Brocken. Über den Berg fegten am Donnerstag Orkanböen mit 120 km/h. (moe)