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„Mehr darüber sprechen“

„Für immer Influencerin“: Exklusive Zahlen zeigen, wie wir Unternehmerinnen diskriminieren

Influencerin, Unternehmerin, Mutter: Eine Recherche zeigt, wie wir Frauen in den Medien bezeichnen und wie es bei ihren männlichen Kollegen aussieht.

Madeleine Darya Alizadeh hat zwei Unternehmen gegründet und erzielt siebenstellige Umsätze. Trotzdem ist sie scheinbar „für immer Influencerin“, ganz im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen, kritisiert sie am 1. März in einem Instagrampost. Eine Recherche von BuzzFeed News Deutschland, von IPPEN.MEDIA, zeigt: Frauen aus der Social-Media-Branche werden in deutschen Online-Medien mehr als doppelt so häufig als Influencerin bezeichnet wie Männer.

Die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, sieht Handlungsbedarf: „Die BuzzFeed News-Recherche weist auf ein Problem hin“, sagt sie. „Ich würde mir wünschen, dass wir mehr darüber sprechen, wie Frauen und zum Beispiel auch queere Menschen als Expert*innen und Kompetenz-Inhaber*innen sichtbar gemacht werden.“

„Influencer“ und „Influencerinnen“ in deutschen Online-Medien

Das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) definiert Influencer als „Personen, die in sozialen Netzwerken viele Kontakte oder Abonnenten haben, sich an diese regelmäßig mit informierenden Beiträgen wendet und ihren Einfluss dafür nutzen, um (gegen Entgelt von Wirtschaftsunternehmen) Werbung für bestimmte Produkte, Dienstleistungen […] zu machen“.

Pamela Reif ist Unternehmerin und hat mehrere Marken wie „Naturally Pam“ gegründet. Trotzdem wird sie in 22 Prozent der Fälle als Influencerin bezeichnet – doppelt so häufig wie ihre männlichen Kollegen.

Die meisten erfolgreichen Influencer und Influencerinnen sind schon lange nicht mehr nur auf Social Media aktiv, sondern führen ein oder sogar mehrere Unternehmen. Pamela Reif, der auf Instagram derzeit 9,2 Millionen Menschen folgen, hat die Haarpflegemarke „éla“ und Lebensmittelmarke „Naturally Pam“ gegründet. Julien Bam, der auf Instagram und YouTube zusammen über zehn Millionen Follower hat, besitzt unter anderem die Kleidungsmarke „Eternal God“.

Um herauszufinden, wie diese Personen in deutschen Online-Medien bezeichnet werden, haben wir von BuzzFeed News Deutschland insgesamt 392 Artikel über zehn weibliche und zehn männlichen Personen analysiert. Schauspielerin, Mutter, Streamer, YouTuber, Influencer – als was und wie oft werden sie so bezeichnet? Ausgewählt haben wir die Testpersonen nach ihrer (Werbe)-Reichweite. Ausgeschlossen haben wir dabei jene, die hauptberuflich einer anderen Tätigkeit nachgehen, wie zum Beispiel Fußballer.

Lisa und LenaPamela Reif
Dagi BeeShirin David
Paola MariaCaro Daur
bibisbeautypalaceJulia Beautx
Mrs. BellaSarah Harrison
JuliencoYounes Zarou
Julien BamRezo
LaserlucaLionttv
Twenty4TimRewinside
Nic KaufmannJacob Rott

Unterschiede in den Medien: Pamela Reif in 22 Prozent der Fälle als Influencerin bezeichnet

Das sind die Ergebnisse unserer nicht repräsentativen Analyse: Von insgesamt 2518 Nennungen wurden Frauen 370-mal als „Influencerin“ bezeichnet, das entspricht knapp 15 Prozent. Bei den Männern kommt der Begriff nur halb so oft vor: Sie werden bei 2389 Nennungen 160-mal „Influencer“ genannt, das sind etwa sieben Prozent.

Besonders deutlich wird der Unterschied in der Berichterstattung über Caro Daur: Die 29-Jährige bezeichnet sich selbst als „Digital-Entrepreneurin“ und hat mit „Daurpower“ ein eigenes Fitnessprogramm ins Leben gerufen. Trotzdem: Von 208 Nennungen wird sie 52-mal als „Influencerin“ (25 Prozent) bezeichnet und nur einmal als „Digital-Unternehmerin“ (0,5 Prozent).

Ähnlich sieht es bei anderen Frauen in unserer Liste aus: Pamela Reif und Mrs. Bella werden in 22 und 20 Prozent der Fälle als Influencerin bezeichnet, aber nur zu drei beziehungsweise einem Prozent als Unternehmerin. Durchschnittlich fällt das Wort „Unternehmerin“ in weniger als einem Prozent der Fälle. Sogar weniger häufig als das Wort „Mutter“ oder „Mama“ (1,15 Prozent).

Younes Zarou und Pamela Reif sind beide erfolgreich auf Social Media. Trotzdem wird unterschiedlich über sie berichtet.

Younes Zarou wird in elf Prozent aller Fälle als Influencer bezeichnet

Auch Männer im Social Media Business werden selten als Unternehmer bezeichnet (ebenfalls weniger als ein Prozent). Sie werden jedoch fast genauso oft als YouTuber bezeichnet (6 Prozent) wie als Influencer (7 Prozent). Bei den Frauen, von denen auch die meisten YouTuberinnen sind, liegt der Wert bei 2,9 Prozent. Insgesamt lassen sich Journalisten und Journalistinnen für Männer 39 Alternativen für „Influencer“ einfallen, für Frauen mit 21 nur etwa halb so viele.

Was die Bezeichnung als „Influencer“ anbelangt, liegen Twenty4Tim (14 Prozent), Julienco (11 Prozent) und Younes Zarou (11 Prozent) vorne – aber immer noch unter dem Durchschnitt der Frauen (15 Prozent).

Gleichzeitig fällt jedoch auf, dass sich bei den Worten „Influencer“ und „Influencerin“ auch innerhalb der beiden Gruppen die Werte teilweise stark unterscheiden. Während es bei Caro Daur 25 Prozent sind, kommt Shirin David nur auf knapp fünf Prozent.

Influencerin oder doch Unternehmerin? So berichten die Medien über Caro Daur.

Sprachwissenschaftler ordnet BuzzFeed News-Analyse zu Influencerinnen und Influencern ein

Lars Sörries-Vorberger ist Junior-Professor für deutsche Sprachwissenschaften an der Universität Hamburg und forscht unter anderem zu Gender- und Queer-Linguistik. Ob die von uns untersuchten Frauen nur aufgrund ihres Geschlechts doppelt so häufig Influencerinnen genannt werden wie die Männer, da sei er vorsichtig, sagt er BuzzFeed News Deutschland. „Eine direkte Geschlechterzuordnung ist häufig zu einfach“, erklärt er.

Die Analyse sei dennoch „ein guter Anfang“, aus dem sich mehrere Forschungsfragen ergeben, sagt der Sprachwissenschaftler. Werden Leute, die im Beauty-Bereich tätig sind, weniger ernst genommen als beispielsweise Streamer und deshalb öfter unbewusst als Influencer und Influencerin bezeichnet? Spielt der Social-Media-Name eine Rolle bei der Bezeichnung?

Seit 2016 wird das Wort im Deutschen regelmäßig verwendet. Für sprachwissenschaftlich fundierte Aussagen fehlen noch Studien, aber: „‚Unternehmer‘ impliziert eine gewisse Seriosität, anders als ‚Influencer‘, was auch kein geschützter Begriff ist“, sagt Sörries-Vorberger. Außerdem sei das englische Wort „to influence“, was im Deutschen „beeinflussen“ bedeutet, „sicherlich kein durchweg positiver Begriff“.

Mrs. Bella und Twenty4Tim sind beide auf Social Media aktiv. Trotzdem wird unterschiedlich über sie berichtet. (Symbolbild)

Apropos Gleichberechtigung: Immer noch gibt es mehr Christians als Frauen in Vorständen.

Dies ist ein Artikel von BuzzFeed News Deutschland. Wir sind ein Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes. Hier gibt es alle Beiträge von BuzzFeed News Deutschland.

„Diskriminierungsfreie Sprache muss im Journalismus selbstverständlich sein“

Die Analyse von BuzzFeed News Deutschland ist nicht repräsentativ. Trotzdem spiegelt sie die wahrgenommene Lebensrealität von vielen Frauen, wie Unternehmerin Alizadeh wider. „Wichtig ist, dass wir uns des Problems bei unserer Berichterstattung bewusst sind“, sagt Mika Beuster, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) zu den Rechercheergebnissen.

Journalistinnen und Journalisten hätten maßgeblichen Anteil an der Wahrnehmung der Gesellschaft. „Diskriminierungsfreie Sprache muss im Journalismus selbstverständlich sein. Das steht schon im Pressekodex.“

Rubriklistenbild: ©  ABACAPRESS/Imago

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