Dramatischer Lehrermangel
„Besorgniserregend“ – Forsa-Umfrage zeigt: an 3.500 Schulen fehlen mehr als 15 Prozent Lehrkräfte
Der Lehrermangel verschärft sich weiter: Zwei von drei Schulleitungen beschäftigen einer Umfrage zufolge Lehrkräfte ohne Lehramtsqualifikation.
Düsseldorf – In deutschen Klassenzimmern unterrichten immer mehr Lehrkräfte ohne Lehramtsqualifikation. Das geht aus einer aktuellen Forsa-Umfrage unter Schulleitungen hervor, die am Freitag (24. November) veröffentlicht wurde. Aufgrund eines eklatanten Lehrkräftemangels auch an hessischen Schulen beschäftigen mittlerweile zwei von drei Schulleitungen (66 Prozent) an ihren Schulen sogenannte Quer- und Seiteneinsteiger.
Forsa-Umfrage enthüllt: An 3.500 Schulen fehlen mehr als 15 Prozent der Lehrkräfte
Bereits im Januar hatten Deutschlands Schulleitungen Alarm geschlagen. Die Lage der Bildungseinrichtungen wurde im Deutschen Schulbarometer der Robert-Bosch-Stiftung düster gezeichnet, denn der Lehrermangel an deutschen Schulen ist dramatisch. Darunter leiden vor allem Kinder und Jugendliche, die ohnehin schon benachteiligt sind. Einer Umfrage des Redaktionsnetzwerkes Deutschland unter den Kultusministerien zufolge waren zu Beginn des laufenden Schuljahres bundesweit insgesamt 14.466 Stellen unbesetzt.
Umfrage zeigt: Dramatischer Lehrermangel besonders an Grundschulen und Förderschulen
Die im Auftrag des Verbandes Bildung und Erziehung VBE im Rahmen des Deutschen Schulleitungskongresses in Düsseldorf veröffentlichte Studie bestätigt diesen besorgniserregenden Trend. Der Anteil der Lehrkräfte ohne Lehramtsqualifikation ist danach in den letzten fünf Jahren erheblich gestiegen, wie die repräsentative Forsa-Befragung von über 1300 Schulleitungen deutschlandweit zeigt.
Dort, wo es die größten Herausforderungen gibt, fehlen die meisten Lehrkräfte. Das setzt eine Abwärtsspirale in Gang, die wir schnellstmöglich stoppen müssen.
An 3.500 Schulen fehlen sogar mehr als 15 Prozent der Lehrkräfte. Am stärksten betroffen sind ausgerechnet Grundschulen und Förderschulen.
Schulen setzen immer mehr auf Quer- und Seiteneinsteiger
Im Jahr 2018 gaben nur 37 Prozent der Schulleitungen an, Quer- und Seiteneinsteiger einzustellen. Dabei handelt es sich um Personen, die zwar ein Fachstudium wie beispielsweise Mathematik, Englisch oder Chemie abgeschlossen haben, aber keine ausgebildeten Lehrkräfte sind. Im Gegensatz zu Seiteneinsteigern haben Quereinsteiger zumindest ein Referendariat abgeschlossen.
Lehrermangel verschärft sich: Anteil der Seiteneinsteiger an Schulen deutlich gestiegen
Der Einsatz von Quer- und Seiteneinsteigern wird vor allem durch den Fachkräftemangel begründet. Der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern wird von 62 Prozent der Schulleitungen nach wie vor als das größte Problem betrachtet. An einigen Schulen ist das Problem jedoch besonders gravierend. Die Hälfte der befragten Schulleiterinnen und -leiter gab an, dass zum Beginn des laufenden Schuljahres mindestens eine Lehrerstelle unbesetzt blieb. Bei 17 Prozent von ihnen waren sogar drei oder mehr Stellen vakant.
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„Besorgniserregend“: Lehrkräftemangel vor allem an bestimmten Schulen ein Riesenproblem
Tomi Neckov, stellvertretender Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), erklärt: „Es gibt Schulen in bestimmten Vierteln oder Regionen, die beliebter sind als andere und vielleicht auch weniger Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen. Und es gibt Schulen, die starke Probleme bei der Besetzung ihrer offenen Stellen haben“. Neckov weiter: „Aus meiner Erfahrung behaupte ich: Dort, wo es die größten Herausforderungen gibt, fehlen die meisten Lehrkräfte. Das setzt eine Abwärtsspirale in Gang, die wir schnellstmöglich stoppen müssen.“
Forsa-Umfrage: Schulleiter vergeben miserable Noten an die Bildungsministerien
Die Schulleiter und -leiterinnen gaben weiter an, sich stark belastet zu fühlen von steigenden Verwaltungsarbeiten, dem stetig wachsenden Aufgabenspektrum und Entscheidungen der Politik, die nicht mit Blick auf den Schulalltag getroffen werden. Neckov warnt: „Es ist ein Fehler, die Expertise aus der Praxis nicht ausreichend in Entscheidungsprozesse einzubinden – oder Entscheidungen gar entgegen der Notwendigkeiten vor Ort zu treffen. Das rächt sich in der Zufriedenheit der Schulleitungen mit der Politik.“
Die Befragten bewerteten die Kultusministerien mit der Note 4,3, dem schlechtesten Wert seit Beginn der Befragungsreihe im Jahr 2018.
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