„Jäger und Gejagte“
„Phänomen beobachte ich schon länger“: Kleidung für Kinder bei C&A erregt Unmut
Häschen statt Haifisch: Die Mädchen-Klamotten der bekannten deutschen Modekette unterscheiden sich stark von denen für Jungen. Das Unternehmen rechtfertigt sich.
Knallige T-Shirts mit Tiger-Aufdruck und pastellfarbene Rüschen-Kleider mit Häschen: In der Kinderabteilung vieler Klamottengeschäfte in deutschen Innenstädten ist es kunterbunt. Auf den zweiten Blick fällt auf: Zwischen der Kleidung für Jungen und der für Mädchen gibt es große Unterschiede. Nicht nur Farben und Schnitte, sondern auch die aufgedruckten Tiere unterscheiden sich elementar voneinander.
Evelyn Höllrigl, auf Instagram heißt sie @little.paper.plane, zeigt in einem Video auf Social Media, was sie beim Kauf von Kinderkleidung nervt. Sie filmt Jungs-Shirts mit Haien und Mädchenhosen mit Schmetterlingen, zu sehen ist ein Preisschild der Modekette C&A. „Während die Tierwelt in der Jungsabteilung primär aus ‚Jägern‘ besteht, besteht sie in der Mädchenabteilung aus möglichst flauschigen und süßen ‚Gejagten‘“, sagt sie. Dieses Phänomen beobachte sie schon länger. Anderen geht es ähnlich, zeigen die Kommentare unter ihrem Video.
„Auf jeden Fall gibt es sehr klare Unterscheidungen bei Kinderkleidung, welche sowohl das gestaltete Design als auch die Schnittkonstruktion und Konfektionierung betreffen“, sagt Mode- und Körpersoziologin Melanie Haller BuzzFeed News Deutschland, einer Marke von IPPEN.MEDIA. Sie hat schon „One Size“ scharf kritisiert und erklärt, warum die Unterschiede in der Kinderabteilung problematisch sind.
Dies ist ein Artikel von BuzzFeed News Deutschland. Wir sind ein Teil des IPPEN.MEDIA-Netzwerkes. Hier gibt es alle Beiträge von BuzzFeed News Deutschand.
Soziologin: Bekleidungsindustrie bedient „althergebrachte Stereotype“
Dass sich die Jungs- und Mädchenmode so sehr unterscheide, liege an einer „direkten Übertragung von erwachsenen Idealkörpern“ auf die Kinder. Dies führe zu „einer sehr frühen Differenzierung in verschiedene Geschlechter, obwohl diese in keiner Form notwendig sind“, erklärt die Soziologin. Auf diese Weise konstruiere die Bekleidungsindustrie Geschlechterbilder und bediene „althergebrachte Stereotype“, sagt Haller. Um gegen solche Klischees vorzugehen, hat etwa Spanien Gender-Marketing in der Werbung für Kinder verboten.
Neben den unterschiedlichen Tier-Aufdrucken, die auch Evelyn Höllrigl aufgefallen sind, gebe es teils drastische Unterschiede in der Schnittkonstruktion. „So sind etwa kurze Hosen für Mädchen extrem viel kürzer als für Jungen, ab circa Größe 86, da sind Kinder circa ein Jahr alt, und T-Shirts ab da bereits tailliert“, sagt Haller.
Infolgedessen könne es passiere, dass bei sehr jungen Mädchen bereits der Hosenbund nicht zugehe oder kneife. „Dies suggeriert bereits Mädchen im Grundschulalter, dass sie zu dick sind, obwohl sie problemlos in Hosen für Jungs hineinpassen würden“. Später verstärkt dann noch Social Media das Gefühl der Kinder, zu dick zu sein.
Problematische Kinderkleidung: C&A weist die Vorwürfe von sich
Da Höllrigl in ihrem Video Kleidung in einer C&A-Filiale zeigt, fragen wir das Unternehmen an. Auf Anfrage von BuzzFeed News Deutschland weist C&A die Vorwürfe und die Verantwortung von sich. Man würde immer wieder Kundenbefragungen und Analysen durchführen, „um zu verstehen, welche Themen, Farben, Muster, Schnitte und Größen im Design gefragt sind“.
Dabei falle laut der Modekette „eine sehr starke Präferenz zu klassischen und traditionellen Designs, was Farben, Motive und Sprüche etc. betrifft“ auf. Haller äußert die Vermutung, dass es vor allem ums Geld geht: „Diese Unterscheidung nutzt der Industrie insofern, als die stärkere Ausdifferenzierung in verschiedene Produktpaletten größere Profite verspricht.“
Rubriklistenbild: © Screenshots @little.paper.plane
