Greenpeace-Aktion in Allianz Arena
Zwischenfall vor EM-Spiel: Sturzpilot arbeitete in Rosenheim
Die Greenpeace-Protestaktion vor dem ersten EM-Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft sorgt für Aufsehen und Kopfschütteln. Mittlerweile ist bekannt: Der 38-jährige Pilot des Motor-Gleitschirm arbeitete einige Jahre in Rosenheim.
Rosenheim – Der Greenpeace-Aktivist, der vor Beginn des Europameisterschaftsländerspiels Deutschland gegen Frankreich mit einer riskanten Gleitschirm-Aktion für Aufsehen sorgte, kennt womöglich auch den Luftraum über der Region Rosenheim wie seine Westentasche: Kai S. arbeitete nach Informationen unserer Zeitung bis Anfang 2019 am Romed-Klinikum als Chirurg. Das Romed-Klinikum wollte diese Information mit Verweis auf den Schutz persönlicher Daten weder bestätigen noch dementieren.
Notlandung auf dem Spielfeld
Der 38-jährige Mann war am Dienstag unmittelbar vor dem Anpfiff mit einem Motorgleitschirm in die Allianz-Arena in München eingeschwebt. Im Dachbereich kollidierte er mit dem Drahtseil einer Spidercam und schoss in einer steilen Abwärtskurve auf die Tribüne zu. Im letzten Moment konnte er abdrehen und auf dem Rasen notlanden.
Außer dem Piloten, der sich ein Fußgelenk verstaucht haben soll, wurden zwei Menschen leicht verletzt. Dem Piloten steht Ärger ins Haus, wegen seiner Harakiri-Aktion droht ihm sogar Gefängnis.
Schon vorher aktenkundig geworden
Nach verschiedenen Medienberichten hatte Kai S. schon mehrmals mit Aktionen für Aufmerksamkeit gesorgt. So war er am 10. März mit einem Gleitschirm auf dem Dach der Europäischen Zentralbank in Frankfurt gelandet und hatte ein Spruchband enthüllt.
2013 war er offenbar in Frankreich zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden, nachdem er ein Atomkraftwerk überflogen und eine Rauchbombe abgeworfen hatte.
Aufzufinden in Online-Portalen
Spuren hat Kai S. nicht nur in Polizeiakten, sondern auch in diversen Online-Ärzteportalen hinterlassen. Dort fand man den 38-jährigen Aktivisten zumindest gestern noch als Chirurg in Rosenheim gelistet. Romed betont aber, dass der Arbeitgeber keinen Einfluss auf diese Online-Portale habe.
Die Landesärztekammer Bayern bestätigte, dass der Mediziner offenbar nicht mehr in Bayern beschäftigt sei.
Die Polizei entließ den Gleitschirmpiloten mangels Haftgründen. Das Polizeipräsidium München bestätigte Ermittlungen wegen Gefährdung des Flugverkehrs und wegen gefährlicher Körperverletzung.
Nach Medienberichten hält sich S. im Haus seiner Eltern in Pforzheim in Baden-Württemberg auf. Dort ist er nach Angaben der Polizei auch mit Erstwohnsitz gemeldet. Sein Auto allerdings trägt nach Informationen dieser Zeitung ein Rosenheimer Kennzeichen.
Ultraleichtflugzeuge: Die Piloten sind eigen
Reinhold Speidel von der Flugschule Fly Inntal ist der Greenpeace-Pilot unbekannt, was in der doch recht eingeschworenen Szene überrascht. Speidel macht aber auch darauf aufmerksam, dass es sich bei dem Fluggerät des 38-Jährigen um ein Leichtflugzeug handele. „Die sind etwas eigen“, sagt der Brannenburger.
Ein paar schnelle Schritte - und schon geht’s in die Lüfte
Für den Anflug auf die Allianz-Arena aber ist so ein propellergetriebener Gleitschirm nahezu ideal. „Eigentlich müsste der auf einem zugelassenen Platz gestartet sein“ sagt Speidel. Aber es genüge eben auch eine einfache Wiese: Einige schnelle Schritte, und schon schwebt man von dannen. Die Wiese kann sogar weit außerhalb der Stadt liegen. Denn mit so einem Motorschirm könne man schon „ein paar Stunden“ in der Luft bleiben.
Allerdings nicht ohne Risiko, wie der halsbrecherische Protestflug des 38-Jährigen zeigt. In einem auf Facebook geposteten Video sprach ein Greenpeace-Sprecher von technischen Problemen mit der Steuerung, der Pilot habe die Kontrolle über sein Fluggerät verloren. Ursprünglich sei die gegen Volkswagen gerichtete Protestaktion als Überflug des Stadions geplant gewesen, der Plan habe vorgesehen, dass Kai von S. über der Öffnung des Arena-Runds einen Ball abwerfe.
Greenpeace entschuldigt sich in dem Video für die Aktion und kündigte später auch Gespräche mit den beiden verletzten Männern an.
