So wütete Sturm „Zoltan“ in Bayern und Region
Gerüst begräbt Auto unter sich – Hochwasserlage angespannt – Suche nach Tourengeher abgebrochen
München/Landkreis – In den letzten beiden Tagen wütete „Zoltan“ in Bayern und der Region. Jetzt zieht das Sturmtief Richtung Baltikum ab – hinterließ allerdings unter anderem abgedeckte Dächer und umgeknickte Bäume. Skilifte standen still. In Tirol ging eine Lawine ab. Eine erste Bilanz:
Update, 18.30 Uhr - Skitourengeher gilt weiter als vermisst
Die am Sonntagmorgen gegen 9 Uhr fortgesetzte Suche im Bereich des Lawinenkegels am Rappenkopf im Pitztal – die abgegangenen Schneemassen stauten sich im Suchbereich bis zu zehn Meter hoch – wurde am frühen Nachmittag ohne Ergebnis und ohne Lokalisierung des abgängigen Skitourengehers abgebrochen. Dies teilte die Landespolizeidirektion Tirol soeben mit. Der Mann gilt seither als vermisst. Die Suche soll in den nächsten Tagen wieder aufgenommen und fortgesetzt werden.
Update, 16.45 Uhr - Hochwasserlage bleibt angespannt
In Bayern ist und bleibt die Hochwassersituation lokal teilweise sehr angespannt, vor allem in Franken und in Ostbayern: Hier galt bzw. gilt in einigen Landkreisen die Meldestufe 3, in den Landkreisen Coburg und Kulmbach sogar mancherorts Meldestufe 4. In der Nacht zum Sonntag liefen bereits einige Keller voll, mehrere Straßen wurden wegen des Hochwassers gesperrt. Bei Heustreu im Landkreis Rhön-Grabfeld rettete die Feuerwehr am Samstag eine 20-Jährige, die mit ihrem Auto in eine gesperrte überflutete Straße gefahren war, wie die Polizei mitteilte.
In Teilen Bayerns beeinträchtigte starker Wind an Heiligabend den Skibetrieb. „Außer Betrieb“ meldete die Bayerische Zugspitzbahn auf ihrer Homepage für die Seilbahn zu Deutschlands höchstem Berg. Auch ein Lift am Zugspitzplatt fuhr am Sonntag nicht. In Betrieb war aber die Zahnradbahn zur Zugspitze, die am Samstag nicht gefahren war. An der Alpspitze bei Garmisch-Partenkirchen musste erst die Lawinenkommission die Lage prüfen und die Pisten freigeben. Vielerorts herrschte am Sonntag oberhalb 1500 Metern weiter erhebliche Lawinengefahr.
Update, 15.15 Uhr - Bursche (16) bricht in Teich in Tirol ein
Am Samstagabend gegen 22.30 Uhr spielten zwei Österreicher im Alter von 16 und 17 Jahren auf einem Parkplatz in Imst (Tirol) Fußball. Dabei landete der Ball versehentlich in einem nahegelegenen zugefrorenen Teich. Als der 16-jährige Österreicher die Eisschicht betrat, um den Ball zu holen, brach er durch das Eis ins Wasser.
„Er konnte sich selbstständig aus dem Wasser bzw. auf das Eis retten, es war dem 16-Jährigen jedoch nicht mehr möglich selbständig die Eisfläche zu verlassen“, teilte die Landespolizeidirektion Tirol diesbezüglich mit. Sein 17-jähriger Bruder setzte einen Notruf ab. Schließlich konnte der Jugendlichen in einem gemeinsamen Einsatz von Feuerwehr Imst, Rettung, Wasserrettung und Polizei durchnässt, aber unverletzt geborgen werden.
Update, 14.05 Uhr - Fast 250 Einsätze in Stadt und Landkreis München
Am Samstag wurde auch die Feuerwehr München nochmal stark vom Sturmtief Zoltan in Beschlag genommen worden. In der Integrierten Leitstelle wurden 233 Unwettereinsätze für Stadt und Landkreis München erfasst. „Mit voller Wucht ist der Sturm nochmals durch München und das Umland gezogen. Die Einsatzkräfte in der Stadt hatten daher alle Hände voll zu tun. Mehrere umgestürzte Bäume, abgebrochene Äste, umgestürzte Bauzäune und lose Dachteile mussten von der Feuerwehr beseitigt oder gesichert werden. Etliche Bäume blockierten hierbei Straßen und Gehwege. Auch eine Kabelbrücke verlor die Standsicherheit und legte sich auf die Bodenseestraße“, schrieben die Floriansjünger auf ihrer Facebook-Seite.
Der wohl aufwendigste Einsatz ereignete sich in der Grünwalder Straße beim Einsturz eines Gerüstes (siehe Erstmeldung). Um die große Anzahl an Einsätzen abzuarbeiten, wurde um 12 Uhr eine erste Lagebesprechung abgehalten. Anschließend wurden zusätzlich zu den Fahrzeugen der Berufsfeuerwehr noch weitere Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr alarmiert. Diese unterstützen mit 24 Fahrzeugen bei der Beseitigung der Sturmschäden. Mit Nachlassen des Windes gegen 17 Uhr nahm glücklicherweise auch das Einsatzaufkommen deutlich ab.
Update, 11.25 Uhr - Großer Lawinenabgang in Tirol
Sturmtief Zoltan hat auch dafür gesorgt, dass die Lawinengefahr in den Bergen zuletzt deutlich angestiegen ist. Am Samstag kam es am Rappenkopf im Pitztal (Tirol) deshalb zu einem Unfall. Gegen 12.10 Uhr entdeckte ein Skitourengeher bei St. Leonhard in einer Seehöhe von fast 2200 Metern einen Lawinenkegel, in welchen eine Skiaufstiegsspur führte.
Der Skitourengeher verständigte die Bergrettung und eine Suchaktion unter Beteiligung der Bergrettungen St. Leonhard im Pitztal und Jerzens, Lawinenhunden der Bergrettung Tirol, zwei Notarzthubschraubern und dem Polizeihubschrauber, sowie der Alpinpolizei wurde eingeleitet. Um 18.45 Uhr wurde die Suche in dem etwa 400 Meter langen und etwa 300 Meter breiten Lawinenkegel wegen steigender Lawinengefahr unterbrochen. Die Suche wurde am Morgen des Heiligen Abends fortgesetzt.
Update, 10.20 Uhr – Baum stürzt am Attler Berg auf B15
In der Nacht von Samstag (23. Dezember) auf Sonntag (24. Dezember) stürzte auf der B15 am Attler Berg aufgrund des starken Sturms ein Baum über die komplette Fahrbahn. Wenige Minuten nach der ersten Meldung kam es auch schon zum ersten Unfall, bei dem ein Verkehrsteilnehmer mit seinem Auto gegen Teile des gestürzten Baumes fuhr. „Glücklicherweise wurde niemand verletzt. Es entstand lediglich ein kleinerer Sachschaden am Auto des Beteiligten“, teilte die Polizei Wasserburg mit.
Kurz danach trafen die Einsatzkräfte der Polizei Wasserburg und der Freiwilligen Feuerwehr Attel ein und sicherten gemeinsam die Fahrbahn ab. Anschließend verarbeiteten weitere Einsatzkräfte der Feuerwehr Attel mit einer Kettensäge die Verkehrsgefahr innerhalb von kürzester Zeit zu Kleinholz. Somit war die Verkehrsgefahr gebannt und die Fahrbahn nach einer 20-minütigen Vollsperre wieder frei.
Update, 9.35 Uhr - Mercedes fährt auf B20 über umgestürzten Baum
Auch in der Region kam es zu etlichen sturmbedingten Einsätzen – so unter anderem auf der B20 in der Nähe von Tittmoning. Eine 35-Jährige aus dem Landkreis Traunstein war dort am Samstagabend gegen 20 Uhr mit einem Mercedes in Fahrtrichtung Tittmoning unterwegs. Kurz vor Asten fiel ein Baum auf die Straße.
„Die Fahrzeugführerin konnte nicht mehr bremsen oder ausweichen, so dass sie über den Baum fuhr“, teilte die zuständige Polizei in Burghausen hierzu mit. Die Fahrerin blieb glücklicherweise unverletzt. Am Pkw entstand ein Sachschaden im vierstelligen Bereich. Der umgestürzte Baum wurde durch die freiwillige Feuerwehr von der Fahrbahn geräumt. Sie waren mit zwei Fahrzeugen und neun Einsatzkräften im Einsatz.
Die Erstmeldung:
„Es ist seit Jahren wie verhext, Schnee an Weihnachten scheint flächendeckend in Deutschland einfach nicht mehr möglich zu sein“, sagte ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD). In Bayern wird es an Heiligabend mild mit Höchstwerten von bis zu zwölf Grad und möglicherweise etwas Sonnenschein. Doch in einem kleinen Teil Bayerns ist weiße Weihnachten dann doch möglich: Neuschnee erwartet der DWD in den Mittelgebirgen oberhalb von 600 bis 800 Metern. In den Alpen kommt oberhalb von 1000 Metern bis zu zehn Zentimeter Neuschnee hinzu, in höheren Lagen des Bayerwaldes können es zwischen zehn und 20 Zentimeter sein.
Das Sturmtief „Zoltan“ hat sich laut DWD zwar mittlerweile ins Baltikum verabschiedet, doch der Tiefdruckeinfluss bleibt in Deutschland weiterhin bestehen. Das zeigt sich auch in Bayern: Im Flachland wird es immer wieder stürmische Böen oder Sturmböen geben, besonders am Mittag und am Nachmittag sowie generell im Bergland auch schwere Sturmböen. In den höheren Lagen der Alpen und des Bayerischen Waldes erwartet der Wetterdienst zeitweise auch orkanartige Böen, auf den Gipfeln zum Teil Orkanböen.
Flusspegel hoch, Lage angespannt
Angesichts kräftiger Niederschläge bleibt die Hochwasserlage in Bayern in den nächsten Tagen angespannt. Die Pegel nördlich der Donau seien verbreitet bereits kräftig angestiegen, teilte der Hochwassernachrichtendienst (HND) am Samstag (23. Dezember) mit. Niederschläge sollen vor allem in Oberfranken und in der Oberpfalz fallen - diese Regionen sind laut HND bereits von Hochwasser betroffen. Über das Wochenende werden die Wasserstände den Prognosen zufolge insbesondere dort und im Bayerischen Wald weiter steigen.
In Teilen Ober- und Unterfrankens sowie in der Oberpfalz wurde am Samstagmorgen Meldestufe drei (Warnung vor Überschwemmungen für bebaute Gebiete) erreicht. In Landkreis Lichtenfels wurde die Kreisstraße zwischen Wiesen und Döringstadt zeitweise wegen Hochwassers gesperrt, wie das Landratsamt Lichtenfels am Samstag mitteilte.
Skigebiete geschlossen, Märkte später geöffnet
Vielerorts blieben Skigebiete während Zoltans Stürmen vorübergehend geschlossen, etwa am Sudelfeld bei Bayrischzell und im Spitzingsee-Gebiet. Auch an der Zugspitze und in den umliegenden Skigebieten bei Garmisch-Partenkirchen standen die Lifte wegen des Sturms still.
In München mussten mehrere Weihnachtsmärkte ihre Öffnungszeiten ändern. Etwa das „Tollwood Winterfestival“ öffnete am Samstag erst um 15 Uhr statt bereits 11 Uhr. Der Winterzauber Gans am Wasser blieb komplett geschlossen. Zudem blieben städtische Friedhöfe gesperrt, wie die Stadt München mitteilte. Bestattungen wurden jedoch planmäßig durchgeführt. Das Baureferat München warnte davor, Parks und Grünanlagen zu betreten. Der Schlosspark Nymphenburg blieb aus Sicherheitsgründen bis Heiligabend geschlossen, hieß es in einer Mitteilung.
Lawinenrisiko hoch
Neuschnee und Orkanböen lassen die Lawinengefahr in höheren Lagen der bayerischen Berge steigen. Gebietsweise herrscht am Wochenende sogar großes Lawinenrisiko, teils mit Warnstufe vier von fünf, wie das Bayerische Landesamt für Umwelt mitteilte.
Konkret ist die Lawinengefahr in den hohen Lagen der Berchtesgadener Alpen, des Zugspitzgebiets und am Allgäuer Hauptkamm groß. In niedrigeren Gebieten herrscht ebenfalls erhebliche Gefahr und damit Stufe drei auf der fünfteiligen Skala. In niederschlagsreichen Gebieten könnten Lawinen große Ausmaße annehmen und exponierte Verkehrswege gefährden, so das Landesamt. Über die Weihnachtstage mit höheren Temperaturen bleibe die Lage in den gefährdeten Bereichen angespannt.
„Zoltan“ richtet Schäden an, viele Einsätze
Weitgehend überstanden hat Bayern das Sturmtief „Zoltan“. In der Nacht auf Samstag (23. Dezember) waren vielerorts Einsatzkräfte mehrfach ausgerückt, trotzdem sei sie im Großen und Ganzen ruhig verlaufen, wie die Polizeipräsidien im Freistaat mitteilten. Schwere Verletzungen im Zusammenhang mit dem Unwetter habe es nicht gegeben. Auch der Schaden halte sich in Grenzen.
In Mittelfranken kippte wegen starker Windböen ein Transporter mit rund 85 Schweinen um. Etwa zwei Drittel der Tiere seien dabei gestorben oder mussten von einem Tierarzt eingeschläfert werden, sagte eine Polizeisprecherin. Der Fahrer blieb bei dem Unfall in Windelsbach (Landkreis Ansbach) in der Nacht auf Samstag unverletzt.
Einen weihnachtlichen Schutzengel hatten ein Vater und sein Sohn in München: Über ihnen stürzte am Samstagmittag ein Gerüst ein. Der Vater verletzte sich leicht am Finger, der Sohn blieb sogar unverletzt, teilte die Feuerwehr mit. Der Mann hatte auf einem Parkplatz in seinem Auto auf seinen Sohn gewartet, der mit der U-Bahn kam. Der Sturm riss ein Gerüst ein, die Stangen trafen den Sohn und bohrten sich durch das Auto des Mannes. Das Gerüst begrub laut Informationen der Feuerwehr drei Autos unter sich und riss eine Oberleitung der Trambahn ab.
Auch Menschen in Bad Abbach im Landkreis Kelheim, die kurz vor Heiligabend noch einkaufen wollten, bekamen die Folgen des Sturms zu spüren: Starker Wind hatte große Teile eines Dachs eines Supermarkts abgetragen. Es entstand ein Schaden im sechsstelligen Bereich, teilte die Polizei mit. Einsatzkräfte waren für mehrere Stunden im Einsatz und das Geschäft blieb den ganzen Samstag über geschlossen.
Großeinsatz bei Grafing am 23. Dezember 2023




Zug mit 500 Passagieren bei Aßling evakuiert
Der Bahnverkehr lief in Bayern am Samstag trotz Unwetter zunächst weitgehend planmäßig an. Wegen umgestürzter Bäume musste die Deutsche Bahn aber im Laufe des Tages einige Strecken sperren. Dazu zähle die Strecke zwischen Nürnberg und Regensburg, teilte das Unternehmen auf X, ehemals Twitter, mit. Fernverkehrszüge werden umgeleitet. Außerdem könne es zu Verspätungen kommen. Grund der Streckensperrung sei ein umgestürzter Baum im Gleis bei Mausheim (Landkreis Regensburg).
Zudem kam es auf der Bahnstrecke Rosenheim - München zu einem folgenschweren Zwischenfall, als ein BRB-Zug bei Aßling am Samstagnachmittag gegen einen umgestürzten Baum fuhr. rosenheim24.de hatte bereits berichtet. Rund 500 Fahrgäste mussten evakuiert werden, verletzt wurde – ersten Erkenntnissen zufolge – glücklicherweise niemand.
Ein weiterer Baum sorgte auf der Strecke zwischen Marktschorgast (Landkreis Kulmbach) und Münchberg (Landkreis Hof) für Probleme, auch dort war die Strecke gesperrt. Im Landkreis Fürth zwischen Zirndorf und Cadolzburg mussten Züge aus Fürth vorzeitig in Zirndorf wenden - ebenfalls wegen eines Baums im Gleisbett.
mw (teilweise mit Material von dpa)