Nach Ergebnissen des Pisa-Tests
Kunst weg? Oder Religion kürzen? Streit um neuen Grundschul-Stundenplan für Bayerns Kinder
Im Stundenplan der Grundschulen in Bayern wird es nach den schlechten Ergebnissen beim Pisa-Test Änderungen geben. Über die Ausgestaltung ist schon jetzt eine heftige Diskussion entbrannt.
München - Noch ist offen, wie die Stundentafel an den Grundschulen im kommenden Schuljahr aussehen wird. Fest steht nur, dass das Kultusministerium Deutsch und Mathe stärken wird – eine Reaktion auf die schlechten Ergebnisse beim Pisa-Test. Die Schulen sollen selbst entscheiden, wo sie im Gegenzug streichen. Kultusministerin Anna Stolz (FW) möchte den Schulen einen „Rahmen der Flexibilisierungsmöglichkeiten“ vorlegen. Ergebnisse soll es in ein bis zwei Wochen geben. Nur Sport ist ausgenommen. Ob auch die drei Stunden Religion in der 3. und 4. Jahrgangsstufe bleiben, ist unklar. Stolz will auch „Flexibilisieren“ in Religion erlauben und kann sich „gut vorstellen“, auch in Religion „das Stundenmaß in einer Jahrgangsstufe flexibel von drei auf zwei Stunden anzupassen“. Die CSU ist strikt dagegen.
Mit Sorge beobachtet Franziska Seitz-Vahlensieck die Diskussion. Die Kunstlehrerin am Gymnasium München-Freiham ist Landesvorsitzende des Fachverbands für Kunstpädagogik. Zusammen mit dem Kunstrat Bayern hat sie eine „dringenden Appell“ an die Kultusministerin verfasst. „Sorgen Sie dafür, dass das Fach Kunst an Grundschulen im Kulturstaat Bayern eine wesentliche Säule der allgemeinen Bildung ist und bleibt“, heißt es darin. Es gehe um „Visual Literacy“: Bildkompetenz. „Kunst ist das Fach, in dem alle Kinder in der Grundschule lernen, Bilder zu lesen, selbst zu gestalten und damit kompetent zu kommunizieren.“ Außerdem führen die Verbände die Herausbildung von Phantasie und Kreativität als Argument für den Kunstunterricht an. Auch feinmotorische und handwerkliche Fähigkeiten der Kinder würden dort gefördert. „Wir sehen die Gefahr, dass Kunst aus dem Regelunterricht rausfällt und nur noch als Projekt am Ende des Schuljahres unterrichtet wird“, sagt Seitz-Vahlensieck.
Kunst ist Randfach
Um den Kunstunterricht an den Grundschulen ist es ohnehin nicht sonderlich gut bestellt. Es ist ein Randfach. In der 1. und 2. Jahrgangsstufe ist das Fach zusammen mit Deutsch, Mathematik, Heimat- und Sachunterricht sowie Musik als „grundlegender Unterricht“ definiert, mit 16 Wochenstunden insgesamt. Die Klassenlehrerin hat dabei einen Freiraum, wie viel der Unterrichtszeit sie für Kunst verwendet. In der 3. und 4. Jahrgangsstufe gibt es je eine Stunde Kunst in der Woche.
Hinzu kommt: Kultusministerin Stolz hatte angekündigt, die Zahl der Wochenstunden in den einzelnen Jahrgangsstufen zu harmonisieren. In der 1. und 2. Klasse soll es je 24 Wochenstunden geben, in der 3. und 4. Klasse je 28 Stunden. Wenn wie angekündigt Deutsch und Mathe um je eine Stunde in der 4. Jahrgangsstufe (bisher 29 Wochenstunden) gestärkt werden, müssen insgesamt drei Stunden an anderer Stelle gestrichen werden. Neben Kunst stehen dabei auch Religion (drei Stunden bisher), Englisch sowie Werken & Gestalten (je zwei Stunden) im Feuer.