Thema sorgt für „Bauchschmerzen“ und „Magengeschwüre“
Stadtrat Freilassing entscheidet über Zukunft der Montagehalle: Das ist geplant
Der Stadtrat Freilassing hat in seiner letzten Sitzung über die Zukunft der ehemaligen Montagehalle der deutschen Bahn abgestimmt. Das Thema sorgt allerdings für „Bauchschmerzen“ und „Magengeschwüre“.
Freilassing - Die rund 1000 m² große, ehemalige Montagehalle der Deutschen Bahn an der Lokwelt soll zu neuem Leben erweckt werden. Schon 2017 wurde im Stadtrat über eine Zukunft als Stadthalle diskutiert, jetzt soll es eine Art „Kultur-Drehscheibe“ werden. Doch auch im Stadtrat am Dienstagabend (14. November) waren sich die Mitglieder alles andere als einig, viele sprachen von „Bauchgrummeln“ und „Bauschmerzen“ vor der Entscheidung, ein Stadtrat gar von einem „Magengeschwür“. Von einer Ertüchtigung mit Kosten von über zwei Millionen Euro mit Vermietung an einen „im Stadtgebiet ansässigen Konzern“ bis zu „nichts tun“ war alles möglich.
Gebäude gibt es seit über 100 Jahren
Die 1905 erbaute Montagehalle diente ursprünglich der Wartung und Reparatur von Lokomotiven, sie gehört zum 1902 bis 1905 erbauten Rundlokschuppen. Beides ist seit 2003 im Eigentum der Stadt Freilassing, nachdem die Deutsche Bahn in den 1990-er Jahren diese Einrichtungen in Freilassing aufgelöst hat. Der Rundlokschuppen wird seither als Lokwelt in Kooperation mit dem Deutschen Museum vermarktet. Das Dach der Montagehalle wurde 2007 vom Orkan Kyrill zerstört und danach im Auftrag der Stadt für 1,3 Millionen Euro erneuert, Lokschuppen und Montagehalle stehen unter Ensemble-Denkmalschutz.
Zur Frage, was könnte man mit der Halle anstellen, brauchte es eine Potenzialanalyse, diese zeigte, was man schon vorher wusste: in der Stadt gibt es mangels Stadthalle einen Bedarf an einer großen Halle für Kultur, Konzerte und andere Events. Die Analyse zeigte unter dem Punkt „Stärken“ auch, dass mit der Halle eine „Kulturdrehscheibe“ ins Leben gerufen werden könnte. „Wir haben hier ein kleines Juwel, das noch geschliffen werden muss“, kam Bürgermeister Markus Hiebl geradezu ins Schwärmen.
Es gibt Interessierte
Bis 2019 gab es in der Halle teilweise Veranstaltungen, zum Beispiel eine Hochzeitsmesse, allerdings brauchte es jedes Mal eine Einzelgenehmigung vom Landratsamt, anwesende Feuerwehrmänner mussten den Brandschutz sicherstellen. Jetzt hat ein Freilassinger „Start-up-Unternehmen“ (Unternehmen in Gründung. Anm.) Interesse, die Halle für maximal zehn Jahre anzumieten. Wer es ist, wurde in der öffentlichen Sitzung nicht verraten, aber dass an einer ehemaligen Bahn-Montagehalle möglicherweise ein Freilassinger Bahn-Bauunternehmen Interesse hat, liegt auf der Hand, zumal zumindest erwähnt wurde, dass es sich beim Interessenten um „einen großen Konzern handelt, der schon lange in Freilassing ist“.
Die Vermietung würde der Stadt Mieteinnahmen garantieren, allerdings müssten eben erst einmal 2,1 Millionen Euro für einen Mindeststandard investiert werden, also einen neuen Boden, Brandschutz, elektrische Einrichtungen, sowie Wasser und Heizung. Viel Geld für eine Zwischenlösung.
Entscheidet der Stadtrat oder die Fraktionssprecher?
Die Diskussion über die Kosten zeigte deutlich, dass die Haushaltslage der Stadt auch wegen zahlreicher Neubauten wie der Grundschule und der Mittelschule derzeit mehr als angespannt ist. Max Standl (CSU) eröffnete den kontroversen Wortregen erbost: „Uns wird jetzt schon wieder was anderes vorgelegt, wie zuvor in einer nicht-öffentlichen Sitzung beschlossen“. Als Hiebl meinte, es gebe zur Montagehalle keinen Beschluss, man habe sich lediglich in der Fraktionssprecher-Sitzung geeinigt.
Das reichte Standl. Mit der Hand auf den Tisch schlagend meinte er, die Beschlüsse würden immer noch im Stadtrat gefasst und nicht in einer Sitzung der Fraktionssprecher. Hiebl konterte daraufhin sinngemäß, dass es nicht seine Schuld sei, wenn Informationen aus der Fraktionssprecher-Sitzung nicht an die Stadträte weitergegeben würden. Das ließ den Blutdruck von CSU-Fraktionssprecher Hubert Kreuzpointner abrupt ansteigen, „Ich lasse mir nicht unterstellen, dass ich die Informationen nicht weitergetragen habe, das lass ich so nicht stehen, ich gebe alle Infos 1:1 weiter“. Der Bürgermeister konterte mit seiner neuen Lieblingsformel: „Alles gut“.
Öffentlicher Druck zur Sanierung?
Aber auch bei Stefan Standl (CSU) war kein Brennen für die Kultur und eine entsprechende Drehscheibe erkennbar. Er fühlte sich sogar unter Druck gesetzt, „es gibt seit Monaten nichts Neues, es gibt keine mehrheitsfähige Lösung und trotzdem werde plötzlich in einer öffentlichen Sitzung alles positiv dargestellt und die Risiken verschwiegen“. Es werde ein öffentlicher Druck aufgebaut und die CSU stehe am Ende als Verhinderer da. „Ich habe Bauchschmerzen bei einer Entscheidung, ich bin zwar dafür, aber Kosten und Risiko sind derzeit einfach zu hoch“. Hiebl meinte darauf nur, bei Bauten, speziell bei Sanierung von Altbauten, gebe es immer Risiken.
„Die Leute wünschen sich immer was“
Auch CSU-Stadtrat Josef Kapik begründete seine Ablehnung mit dem finanziellen Risiko, „denn die finanzielle Situation ist prekär, wir stehen mit dem Rücken an der Wand“. Die Stadt würde derzeit einen Bauhof, eine Grundschule und eine Mittelschule bauen. „Was schön ist (wie eine Kultur-Drehscheibe. Anm.) muss nicht immer nötig sein, Leute wünschen sich immer was“. Er habe „Bauchgrummeln“ wegen der finanziellen Lage der Stadt.
„Halle nicht nutzen ist wie Steuergeld verschwenden“
Lukas Maushammer von den Grünen bemühte den interessierten Mieter für seine zustimmende Haltung. Man sollte einem großen Konzern „die Hand reichen, um in Freilassing ansässig zu bleiben“, er sehe enorme Chancen für die Stadt. Auch Edeltraud Rilling machte keinen Hehl daraus, dass ihrer Meinung nach das Oberzentrum Freilassing eine entsprechende Kulturhalle brauche. „Für mich ist es eine Verschwendung von Steuergeld, wenn man die Montagehalle zusammenfallen lässt“.
Die Mitglieder von ‚Pro Freilassing‘ hatten schon 2017 in einem Antrag eine Stadthalle gefordert, klar, dass Robert Judl auch jetzt für die Investition stimmen würde, „dann steigen wir in der kulturellen Ebene auf das Niveau von Bad Reichenhall und Laufen, Freilassing hat sich das verdient“.
Mit 14 zu 11 Stimmen war schließlich eine knappe Mehrheit für die Zwischenlösung, also eine grobe Sanierung mit den nötigsten Einbauten für 2,1 Mio. Euro und die anschließende Vermietung an ein „Start Up-Unternehmen“.
hud
