Höhlendrama: Verletzter Forscher ist ansprechbar
Marktschellenberg - Der Zustand des bei einem Steinschlag in der Riesending-Höhle schwer verletzten Höhlenforschers soll nicht so schlecht sein. Ein Arzt ist auf dem Weg zu ihm.
UPDATE 15.15 Uhr
Der Einsatz in der „Riesending“‐ Schachthöhle am Untersberg in den Berchtesgadener Alpen geht weiter. Ein sechsköpfiges Rettungsteam aus der Schweiz, Österreich und Deutschland ist derzeit am Unfallort bei dem Patienten, der sich rund 1000 Meter unter dem Berg befindet. Der Mann ist bei Bewusstsein und kann mithilfe der Retter auch gehen.
Momentan stehen die weitere medizinische Betreuung und Stabilisierung des Verunglückten im Vordergrund. Dazu bereitet sich ein weiteres Team auf den Einstieg in die „Riesending“‐Schachthöhle vor. Darunter ist auch ein höhlenerfahrener Arzt aus Österreich.
In der Einsatzzentrale sind außerdem 16 auf Höhlenbergung spezialisierte Retter aus Triest/Norditalien eingetroffen, die sich ebenfalls auf den Einstieg vorbereiten. Mittlerweile steht auch das Höhlen‐Kommunikationssystem „Cavelink“, eine auf Langwellen basierende Funktechnik, die Textnachrichten zwischen Höhleneingang und dem Unfallort ermöglicht.
Die Riesending Schachthöhle ist hochgradig komplex und technisch extrem anspruchsvoll. Bereits im Einstiegsbereich stürzt das Gelände über frei hängende und steinschlaggefährdete Abseilpassagen rund 350 Meter senkrecht in die Tiefe. Die Stollen setzen sich dann kilometerweit durch Schächte, unterirdische Bäche, Engstellen und Siphons fort. Auf dem gesamten Verlauf der Höhle haben die Retter mittlerweile mehrere Biwaks mit Trinkwasser, Verpflegung und Schlafsäcken eingerichtet.
Die Rettung kann sich noch über mehrere Tage hinziehen.
Pressemitteilung Bergwacht Bayern
Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse:
Am 7. Juni gegen 12 Uhr stieg eine dreiköpfige Forschergruppe in die Riesending-Schachthöhle ein. Die Höhle ist nicht nur die tiefste Höhle Bayerns, sondern sogar Deutschlands. Sie liegt im Untersberg an der deutsch-österreichischen Grenze. Unter Tage erstreckt sich das System auf vielen Kilometern im Berg. Ein riesiger Irrgarten, wie zum Beispiel das bereits mit über 30 Kilometer lang erforschte und kartierte "Gamslöcher-Kolowrat-System" auf der österreichischen Seite. Die deutsche Seite wurde erst vor circa 20 Jahren von der schwäbischen Arbeitsgemeinschaft "Höhlenkunde Bad Cannstatt" zur Erforschung in Angriff genommen. Im Jahr 2002 entdeckte eine achtköpfige Forschergruppe dann die tiefste Höhle, die jemals in Deutschland entdeckt wurde und benannten sie mit dem aussagekräftigen Namen "Riesending" aufgrund der enormen Größe.
Am 8. Juni gegen 1.30 Uhr nachts wurde gut 1000 Meter unter dem Eingang ein Höhlenforscher von einem fallenden Stein getroffen. Er erlitt eine Kopfverletzung und war kurzzeitig bewusstlos. Die Schwere der Verletzung machte es ihm unmöglich, den Rückweg aus eigener Kraft zu bewältigen. Bei dem Schwerverletzten handelt sich um den 52-jährigen Johann W. aus dem Raum Stuttgart. Er ist einer der Mitentdecker der Riesending-Höhle. Im Laufe des Sonntags und Montags soll der Verletzte abwechselnd Wach- und Schlafphasen gehabt haben. Nach Angaben eines Sprechers der Bergwacht Chiemgau soll es dem Verletzten nicht so schlecht gehen wie bisher vermutet. Der Mann sei ansprechbar und könne sogar kurzzeitig stehen.
Bilder vom Rettungseinsatz am Montag:
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Nachdem ein Melder der Gruppe nach zwölf Stunden den Aufstieg hinter sich brachte, konnte er im nahegelegenen Stöhrhaus einen Notruf absetzen. Sofort wurden die umliegenden Bergwachten und die Höhenrettung Salzburger Land alarmiert. Da es sich bei der Riesending-Höhle allerdings um eine für Höhlenforscher und Bergretter konditionell und technisch sehr anspruchsvolle Höhle handelt, sind nur wenige Personen überhaupt in der Lage, Ab- und Aufstieg zu bewältigen. Aus diesem Grund wird mittlerweile auf internationaler Ebene nach Rettungskräften gesucht.
Für den notwendigen Transport von Johann W. ist es zwingend erforderlich, dass zuerst ein Arzt eine genaue Einschätzung seiner Verletzungen vornimmt. Erst nach einer ärztlichen Begutachtung kann das weitere Vorgehen geplant und veranlasst werden. Ein Arzt, der sich am Montag auf den Weg zum Verletzten gemacht hatte, musste den Abstieg abbrechen. Er ist mittlerweile wieder über Tage. An seine Stelle rückt ein österreichischer Arzt, der im Laufe des Dienstags mit dem Abstieg beginnen wird.
Aufgrund des komplizierten Aufbaus der Höhle, dem tiefen Unfallort des Verletzten in rund 1000 Metern Tiefe und den langen Kommunikationswegen ist mit einer bis zu siebentägigen Rettungsaktion zu rechnen.
Die Höhenrettung am Unterberg könnte noch zusätzlich durch das Wetter erschwert werden, da aufgrund der momentanen Hitze mit Wärmegewittern zu rechnen ist. Dann besteht in der Höhle die Gefahr einer Überschwemmung.
Beeindruckende Bilder der Riesending-Höhle zeigte auch das ZDF im Mai 2014.
Zusammenfassung vom Rettungseinsatz am Montag:
Quellen: Bergwacht Bayern, Polizeipräsidium Oberbayern Süd, BRK BGL, Verband österreichischer Höhlenforscher, Bergwacht Chiemgau
