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Verhärtete Fronten

„Problembären“ und furchtlose Wölfe: Zum Abschuss freigeben oder leben lassen?

Collage: Ein Braunbär in freier Wildbahn / Ein Jäger zielt
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Bären werden in manchen Regionen zunehmend zum Problem. (Montage)

Die tödliche Bären-Attacke in der norditalienischen Provinz Trentino sorgt für Entsetzen - und hitzige Debatten: Denn in letzter Minute hat das Verwaltungsgericht in Trient den Abschuss der Bärin gestoppt. Doch wie soll es nun weitergehen mit „Gaia“ und ihren Artgenossen?

Es war die Schwester eines alten Bekannten: Bruno, auch bekannt unter dem Code JJ1, hat einen 26-jährigen Mann bei einer Jogging-Tour attackiert und getötet. Das 17-jährige Bärenweibchen JJ4 ist im Trentino nicht unbekannt. Es hat laut Staatsanwaltschaft unter anderem bereits im Sommer 2020 zwei Menschen, einen Vater und seinen Sohn, auf dem Monte Peller angegriffen und schwer verletzt. Schon damals sollte sie eigentlich getötet werden, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Ein Verwaltungsgericht hob die Entscheidung jedoch auf, Tierschützer hatten Einspruch erhoben, weil die Bärin Junge hatte - aus heutiger Sicht scheint die Entscheidung fatal. Und obwohl Maurizio Fugatti, der Regionalpräsident von Trentino-Südtirol, die Bärin schon kurz nach Bekanntwerden der Umstände zum Abschuss freigegeben hat, kam die überraschende Wende: Das Verwaltungsgericht entschied erneut, dass die Bärin weiterleben darf.

Problembär

Bruno, auch bekannt unter dem Code JJ1, war in Bayern als sogenannter Problembär bekannt: Er riss Schafe, plünderte Bienenstöcke und Kaninchenställe. Seine Bezeichnung als „Problembär“ durch den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber wurde vor 17 Jahren zum geflügelten Wort, das noch heute für Bären gilt, die nicht scheu sind, Nutztiere, aber auch Menschen angreifen und sich generell in die Nähe von Menschen wagen.

Bären-Population außer Kontrolle?

In Italien hat seit der Attacke eine hitzige Debatte über das Zusammenleben von Mensch und Bär begonnen. Im Trentino leben derzeit um die 100 Bären. Gegenüber der italienischen Zeitung „La Stampa“ geht Bergsteiger-Legende Reinhold Messner noch einen Schritt weiter, als gegebenenfalls nur einen „Problembären“ zu töten. Er fordert in dem Interview, dass die Hälfte von Südtirols Bärenpopulation abgeschossen werden soll. „Bären und Wölfe können nicht gekeult werden, aber die Bären haben die Wälder übervölkert.“

Die Mutter des getöteten Joggers sieht die Schuld indessen beim EU-Projekt „Life Ursus“, das Bären in ihren früheren Heimatgefilden wieder ansiedeln soll. In einem Brandbrief an den den Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti schreibt sie: „Als Mutter kann ich einen so schrecklichen Tod nicht akzeptieren. Ich möchte eines klarstellen: Mein Sohn ist nicht schuld, und der Bär auch nicht. Die Schuld liegt beim Missmanagement derjenigen, die das Projekt „Life Ursus“ im Laufe der Zeit geleitet haben, das nun außer Kontrolle geraten ist“

Zur Einordnung: Das Wiederansiedlungsprojekt „Life Ursus“ setzte zu Beginn im Jahr 1999 mit Unterstützung zehn Bären aus Slowenien in der Region aus, weil damals das Aussterben der Bärenpopulation befürchtet wurde. So sollte die Population auf rund 50 anwachsen, derzeit sind es aber rund 100 Tiere im Trentino. Ist es also tatsächlich außer Kontrolle geraten? Probleme gab es immer wieder mit einigen Bären, die auch des öfteren Nutztiere gerissen haben.

Sorge auch in Bayern

Auch in Bayern geht nach der Bären-Attacke die Angst um. Es gibt hier zwar keine offizielle Bärenpopulation, dennoch streifen gerade junge Männchen auf der Suche nach einer Partnerin weit umher. Dabei wurden auch vereinzelt Braunbären im Gebiet um Garmisch-Partenkirchen und im benachbarten Tirol gesichtet. Das Bayerische Landesamt für Umwelt geht derzeit aber nicht davon aus, dass sich Bären hier dauerhaft ansiedeln. Dennoch ist es nicht gänzlich ausgeschlossen, einem Bären im Gebirge zu begegnen. Hier heißt es vor allem:

  • Ruhe bewahren und mit tiefer Stimme beruhigend auf sich aufmerksam machen und auf das Tier einreden.
  • Nicht wegrennen - stattdessen den Bär im Auge behalten und den Rückzug antreten.
  • Den Bären nicht zu nahe kommen, er könnte sich provoziert fühlen - immer einen Fluchtweg lassen.

Sorge bereiten den hiesigen Bergbauern vor allem aber die Wölfe. Einige Landwirte in den Ammergauer Alpen haben bereits beschlossen, ihre Tiere - Schafe und Rinder - in diesem Jahr nicht auf die Almen aufzutreiben. Zu groß ist die Angst, dass diese gerissen werden. In der Region um Garmisch-Partenkirchen sind derzeit offiziell vier Wölfe ansässig, der Bauernverband Oberbayern geht aber von deutlich mehr Tieren aus. Gegenüber unserem Schwesterportal Münchner Merkur äußert sich Vizepräsident Klaus Solleder: „Das sind nicht nur vier. Es ziehen Wölfe in einer zweistelligen Anzahl durch die Region. Daher haben wir so viele Risse.“ Hier fordern selbst Tierschützer eine Eindämmung der Population durch gezielten Abschuss. Doch das derzeit geltende EU-Recht macht es schwer, denn die Abschüsse müssen genau dokumentiert und gut begründet werden.

Etappensieg für Tierschützer

Italienische Tierschutzverbände haben Einspruch gegen die Tötung erhoben - und Recht bekommen. Das Verwaltungsgericht der Provinz hat den Abschussbefehl, den Regionalpräsident von Trentino-Südtirol Maurizio Fugatti in der vergangenen Woche erlassen hatte, vorerst ausgesetzt. Die Vereine LAV und LAC, die bereits zuvor den Abschussbefehl scharf kritisierten, hatten bei dem Gericht Berufung eingelegt. Die Schuld liege nicht bei der Bärin. Die Provinz Trient habe es versäumt, zum Beispiel darauf hinzuweisen, dass bestimmte Wälder nicht betreten werden sollten. Auch herumliegender Müll locke die Bären an und sorgt so für gefährliche Begegnungen.

Dem Dekret zufolge wird es am 11. Mai eine Anhörung vor dem Gericht in Trient geben. Der Tierschutzverein LAV kommentierte das Dekret des Gerichts bei Twitter so: „Die Bären und Bürger des Trentino haben das Recht, in Frieden zusammenzuleben!“

Eure Meinung ist gefragt

Für die einen gehört der Abschuss von Bären und auch Wölfen zu einem kontrollierten Wildtiermanagement, andere sehen das Problem beim Menschen und dessen Eindringen in den Lebensraum der Tiere. Wie seht Ihr das, gehört die Population von Bären und Wölfen begrenzt, weil das Leben eines Schafs oder Kalbs genauso viel wert ist? Gehört der Almauftrieb und der Sommer auf den Bergwiesen mit Nutztieren zu unserer Kultur? Oder muss sich der Mensch anpassen und den Tieren genug Lebensraum lassen? Schreibt uns einen Leserbrief an leserbriefe@ovb24.de (Stichwort Bär) Bitte sendet uns neben Euren Zeilen auch unbedingt Euren Namen und Euren Wohnort – und am besten auch ein Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt Namen und Wohnort anschließend in einem entsprechenden Artikel.

Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern.

si

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