Keiner muss, viele sollten
Neue Varianten und steigende Zahlen: Corona-Panikmache? Wer sich dennoch durchaus impfen lassen sollte
Die Zahl der im Labor bestätigten Corona-Fälle in Deutschland steigt wieder - zwei neue Varianten stehen unter besonderer Beobachtung. Und das, obwohl niemand zum Test verpflichtet ist. Wenngleich immer mehr Epidemiologen zu Selbsttests aufrufen. Mittlerweile lassen sich auch nur noch wenige Menschen impfen, derweil sollte dies vor allem eine spezielle Personengruppe dringend auch jetzt noch tun.
Die Corona-Zahlen steigen derzeit bundesweit auf relativ niedrigem Niveau. Diese Entwicklung halte seit etwa einem Monat an, berichtete die Arbeitsgemeinschaft Influenza am Robert Koch-Institut (RKI) in ihrem aktuellen Bericht zu akuten Atemwegserkrankungen.
Dieser bezieht sich auf die Woche bis 13. August. Demnach wurden bis dahin bundesweit rund 2400 nachweislich an Covid-19 Erkrankte gemeldet. Das ist mehr als eine Verdopplung im Vergleich zur Woche bis 9. Juli, als es rund 1000 waren. „Die Aktivität akuter Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung zeigt seit der 25. KW 2023 einen steigenden Trend“, heißt es zudem.
Der Anstieg der Meldezahlen geht laut Bericht einher mit einem steigenden Anteil der Variante EG.5. Diese war vorvergangene Woche von der Weltgesundheitsorganisation in die Kategorie „Virusvarianten von Interesse“ hochgestuft worden. Fachleute gehen jedoch nicht von einer besonderen Gefährlichkeit der manchmal auch Eris genannten Variante aus.
Gleichzeitig werde auch die neue Virusvariante BA.2.86 wegen der „hohen Zahl von Mutationen an ihrem Spike-Gen“ genauer beobachtet. Bisher wurden Infektionen mit der dieser neuen Virusvariante aus den USA, Dänemark und Israel gemeldet. Die möglichen Auswirkungen der Variante auf das Infektionsgeschehen seien noch unklar, erklärte hierzu die WHO.
„Wer Erkältungssymptome hat, sollte sich jetzt wieder testen“
Angesichts dieser zunehmender Corona-Infektionen hat der Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie zur Anwendung von Selbsttests aufgerufen. „Wer Erkältungssymptome hat, sollte sich jetzt wieder testen, um eine Corona-Infektion zu erkennen und möglichst niemanden anzustecken“, sagte Zeeb dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Mittwoch (23. August) „Die Tests funktionieren weiterhin zuverlässig, auch bei der neuen Variante.“
„Wir müssen davon ausgehen, dass sich viele Menschen gerade mit Corona infiziert haben und glauben, nur an einer Erkältung erkrankt zu sein“, sagte Zeeb. „Die Dunkelziffer ist sehr hoch, wir kennen die genaue Zahl der Fälle einfach nicht.“
Vermehrt Coronafälle
Auch der Hausärzteverband rief zu einem größeren Bewusstsein für eine mögliche Infektion mit dem Coronavirus auf. „Aktuell nehmen wieder vermehrt Praxen Coronafälle wahr. Patientinnen und Patienten raten wir daher, bei einem Infekt auch an eine mögliche Covid-19-Infektion zu denken“, sagte Verbands-Vizechefin Nicola Buhlinger-Göpferth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Gleichzeitig sei auffällig, dass sich nur wenige Menschen impfen lassen wollen. „Die Hausarztpraxen werden ihre Risikopatientinnen und -patienten insbesondere Richtung Herbst wieder intensiver auf die Impfung ansprechen, etwa gemeinsam mit der Empfehlung zur Grippeschutzimpfung“, sagt Buhlinger-Göpferth. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine Auffrischungsimpfung für Menschen ab 60 Jahren sowie ab sechs Monaten mit bestimmten Vorerkrankungen.
Impfstatus (bis zum 8. April 2023)
64,9 Mio. Menschen (77,9 % der Bevölkerung) haben eine Impfdosis erhalten. Davon sind 63,6 Mio. Menschen (76,4 %) grundimmunisiert. 52,1 Mio. Menschen (62,6 %) haben zusätzlich eine Auffrischungsimpfung erhalten. 12,7 Mio. Menschen (15,2 %) erhielten mindestens zwei Auffrischungsimpfungen.
18,4 Mio. Menschen waren nicht geimpft (22,1 % der Bevölkerung).
Der bayerische Hausärzteverband ist trotz dieses Anstiegs allerdings noch nicht alarmiert. Verbandschef Wolfgang Ritter empfahl Menschen mit Vorerkrankungen allerdings ebenfalls Auffrischungsimpfungen. „Wir haben derzeit eine gewisse Basisimmunität“, sagte er am Montag (21. August) im Bayerischen Rundfunk. „Derzeit arbeiten die Unternehmen an einem angepassten Impfstoff. Letztendlich ist es so, dass die vulnerablen Gruppen und Patienten ab 60 ihre Impfungen nochmal auffrischen sollten.“
Für die Sicherheit von Impfstoffen ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut zuständig. Laut diesem sind in der EU mehrere Impfstoffe gegen das Coronavirus zugelassen. Die Wirksamkeit dieser ist wissenschaftlich erwiesen.
mz