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Ex-Fußballer hat nun ein Buch

„Das war wie Einzelhaft“: Legende Klaus Augenthaler spricht im Interview über sein Leben

Er hat nun auch sein eigenes Buch: Klaus Augenthaler (rechts). Karlheinz Kas hat mit der Bayern-Legende über das Buch und sein Leben gesprochen.
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Er hat nun auch sein eigenes Buch: Klaus Augenthaler (rechts). Karlheinz Kas hat mit der Bayern-Legende über das Buch und sein Leben gesprochen.

Er wurde Weltmeister, bestritt 400 Spiele für den FC Bayern München, wurde siebenmal deutscher Meister – und nun hat Klaus Augenthaler auch ein eigenes Buch. Bei der Vorstellung gab die Bayern-Legende persönliche Einblicke in sein Fußballleben.

München/Vilshofen – Jetzt hat auch Klaus Augenthaler ein Buch herausgebracht. Es trägt den Titel „Immer nur Rot Weiß gedacht“ und ist im Arete-Verlag Hildesheim erschienen. Zur offiziellen Vorstellung war der gebürtige Fürstenzeller zusammen mit Autor Albrecht Breitschuh vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) in die Fußball-Kneipe „Stadion an der Schleißheimer Straße“ in die Münchner Innenstadt gekommen. Rund 100 Fans, bis aus Thüringen und Sachsen angereist, waren dabei, mehr hatten nicht Platz.

„Auge“ plauderte zwei Stunden lang über Buch, FC Bayern, Bundesliga, alte Zeiten und vor allem über seinen Wechsel von Vilshofen in die bayerische Landeshauptstadt. Wir sprachen mit dem Weltmeister, der in 17 Jahren über 400 Spiele für die Bayern absolvierte und sieben Mal deutscher Meister wurde.

Herr Augenthaler, Ihr Buch ist auf dem Markt. Wie kam es? Wieso ist ein Norddeutscher der Autor?

Klaus Augenthaler: Albrecht Breitschuh hat über Oliver Kahn schon ein Buch geschrieben, darin kommt mein Name mehrfach vor. Er hat mich vor über einem Jahr angerufen, ein Buch auch mit mir herauszubringen. Ich habe dann zugesagt. Ziemlich früh ist auch der Titel entstanden „Immer nur Rot-Weiß gedacht“. Die Worte hatte ich ihm bei einem unserer ersten Gespräche gesagt. Es war dann eine wunderbare Zusammenarbeit und ich glaube die Nord-Süd-Achse hat gut gepasst.

Das erste Kapitel heißt: „Du musst dich wehren“. Das ist wie zu verstehen?

Augenthaler: Na ja, beim Wechsel von Vilshofen zu den Bayern musste ich mich zunächst mal ganz hinten anstellen. Jupp Kapellmann, für 900 000 Mark, aus Köln zwei Jahre zuvor gekommen, war das exakte Gegenteil von einem stromlinienförmigen Profi. Er sah bei mir eine große Mängelliste, wobei mein niederbayerischer Dialekt noch das geringste Problem war. Beim Trainingslager in Herzogenaurach musste ich auch noch ein Zimmer mit ihm teilen. Das war wie Einzelhaft. Ich hatte großen Respekt vor ihm. Er war Stammspieler, hatte schon einige Titel geholt und gehörte zum Kreis der Nationalmannschaft. In seiner Gegenwart hatte ich mich kaum getraut zu atmen.

Augenthaler muss sich wehren

Das heißt, die ersten Schritte bei den Bayern waren echt schwer.

Augenthaler: Ja klar, auf einen wie mich hatte eigentlich keiner gewartet. Der Schritt von Vilshofen nach München war wie eine Weltreise. Ich bin Heimat verbunden und München war eine ganz andere Welt. Ich kannte ja bis dahin nur mein kleines Städtchen mit seinen 7000 Einwohnern. Ich kannte hier alle, mir hat es an nichts gefehlt, ich fühlte mich wohl. Und plötzlich war ich auf mich allein gestellt.

Werner Olk, unser Co-Trainer, sagte mir, ich müsste mich schon etwas wehren, sonst könnte ich gleich wieder nach Hause fahren. Als sich Kapellmann wieder einmal über mich lustig gemacht hatte, setzte ich im Training meinen Ellbogen im Zweikampf derart hart ein, dass er liegen blieb. Später folgte eine Grätsche, Kapellmann ging wieder zu Boden und bei Olk ging der Daumen nach oben. Ich habe da die vielleicht wichtigste Lektion im Fußball gelernt: Ellbogen ausfahren, sich wehren, nicht nur im Trainingslager, sondern immer.

Ist es richtig, dass Gerd Müller Sie für die Startelf gefordert hat?

Augenthaler: Ja, das war in Tegernsee im Trainingslager vor dem Spiel gegen Borussia Dortmund. Wir waren schon im Bett, da klopfte es, die Tür ging auf und Chefcoach Detmar Cramer kam herein und sagte, dass ich am nächsten Tag von Beginn an spielen werde. Natürlich hatte ich die ganze Nacht kaum geschlafen und auch geträumt, nämlich, dass ich ein Tor schieße. Und ich habe dann tatsächlich ein Tor gemacht und einen Elfmeter herausgeholt.

Wie war es überhaupt zum Wechsel von Vilshofen zu den Bayern gekommen?

Augenthaler: Ich war beim FC Vilshofen in der A-Jugend, wir haben in der Bayernliga Süd gespielt unter anderem gegen Bayern, 1860, Augsburg und Straubing. Wir hatten einen Zuschauerschnitt von 4500 und sind Meister geworden. Es war eine super Mannschaft. Zu viert sind wir dann zum Probetraining bei den Bayern eingeladen worden. Dann habe ich einen Vertrag unterschrieben mit monatlich 4000 Mark. In Vilshofen hatte ich als Bürokaufmann bis dahin 370 Mark verdient. Meine Eltern waren dabei, weil ich noch nicht 18 war. Die mussten mit unterschreiben.

Hatte es ein Bayernprofi früher eigentlich leichter als heute?

Augenthaler: Natürlich. Unter Pal Csernais Zeiten hatten wir mittwochs immer frei. Wir sind dann meistens zu viert oder zu fünft am Dienstagabend nach Schwabing in eine Kneipe gegangen, die um eins dichtmachte. Für uns hat der Chef aufgelassen und wir haben Karten gespielt. Aber um fünf mussten wir aufhören, weil einer noch bei der Post gearbeitet hatte. So etwas ging heute überhaupt nicht.

Was war Ihr größtes Spiel beim FC Bayern?

Augenthaler: Da hat es viele gegeben, gerade international. Aber als Gesamtpaket würde ich die Saison 1985/86 nennen. Wir waren 33 Spieltage lang nie Erster und haben am 34. den Titel geholt. Am vorletzten Spieltag spielten wir 0:0 in Bremen, wobei Kutzop kurz vor Schluss einen Elfer verschoss. Wäre der drin gewesen, wäre Bremen vorzeitig Meister gewesen. Am letzten Spieltag verloren die Bremer dann beim VfB Stuttgart 1:2 und wir besiegten Mönchengladbach 6:0. Wir waren punktgleich, hatten aber das bessere Torverhältnis. So eine Saison vergisst man nie.

Die Hölle von Madrid

Ihr liebster Gegenspieler?

Augenthaler: Es war Horst Hrubesch. Ich war immer zuständig für ihn bei Standardsituationen. Er war ein harter Spieler, aber immer fair. Ich war beeindruckt. Er hat immer genau gewusst, wann es sein Foul oder mein Foul war. Wir waren über Jahre auch befreundet, übrigens auch mit Uli Stein. Gegen ihn habe ich ja 1989 das Tor des Jahrzehnts geschossen, aber nur deshalb, weil ich nicht mehr laufen konnte (lacht).

Und ihr unfairster Gegenspieler?

Augenthaler: Da muss ich Hugo Sanchez aus Mexiko nennen, ein ganz linker Vogel. Es war im Europapokal-Halbfinale in Madrid. Wir hatten Real daheim 4:1 besiegt. Ich sah nach 20 Minuten im Rückspiel rot, die Unparteiischen sind auf seine Schauspielkünste hereingefallen. Ich hatte ihm lediglich einen Klaps gegeben. Das wertete der Unparteiische als Tätlichkeit. Sanchez wälzte sich auf dem Rasen. Der Teamarzt sprintete heran. Nach der roten Karte, sprang Sanchez auf und führte sogar den Freistoß aus. Ihm fehlte gar nichts.

Aber schon im Hinspiel hatte es ja einen Eklat gegeben.

Augenthaler: Richtig! Ein Spanier kam mit gestrecktem Fuß auf mich zu und rammte diesen in meine Brust. Ich hielt dann meine ausgestreckten Zeigefinger an die Schläfen. Ich wollte damit nur ausdrücken, dass wir hier beim Fußball und nicht beim Stierkampf sind. Dass die Geste in Spanien als schlimmste Beleidigung gilt, wusste ich nicht. Teamchef Franz Beckenbauer hatte hinterher gesagt, dass es in Madrid Kleinholz geben wird. Und so kam es. 90 000 waren gegen mich, ich brauchte hinterher Polizeischutz. Es war die Hölle von Madrid. Aber wir spielten 1:1, standen im Finale gegen Porto.

Fußballleben liegt blank

Sie sind heute noch beim FC Bayern unter Vertrag. Was genau machen Sie?

Augenthaler: Richtig, ich bin jeden Vormittag am Campus und trainiere im Rahmen der Global Academy mit U 17-Spielern, zumeist aus den USA. Sie kommen zwei Mal im Jahr für vier Monate. Training ist jeweils am Vormittag, Home-Schooling am Nachmittag. Ich spreche zwar schlecht englisch, aber es klappt offenbar. Wir hatten bislang zehn Spiele und alle zehn gewonnen. Ich bin für die Fußballschulen im Ausland und Kooperationen beim FC Bayern zuständig.

Hat es eigentlich mal Berührungen mit dem TSV 1860 gegeben?

Augenthaler: Tatsächlich, ja! Ich war Trainer in Graz und da war der damalige Löwen-Chef Karl-Heinz Wildmoser bei mir daheim auf der Coach im Wohnzimmer gesessen. Er wollte mich als Trainer haben. Aber nach 17 Jahren Spieler beim FC Bayern, dann Löwentrainer, die hätten mich doch gelyncht. Aber ich wäre sofort dafür, dass die Löwen in die Bundesliga aufsteigen. Das wären tolle Derbys, die Stadien immer voll und die Bayern hätten sechs sichere Punkte.

Abschließend, warum sollte man ihr Buch lesen?

Augenthaler: Ich werde oft noch angesprochen, beim Einkaufen, am Campus, beim Tanken und sonst wo, wie es mir geht und natürlich auf alte Zeiten als Spieler wie als Trainer. Und all das ist auf 270 Seiten nachzulesen. Es ist mein Berufsbild, also mein Fußballleben. Es liegt hier blank.

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