Prospekt bereits verschickt
Verwirrung um Märchenschloss: „Immobilie des Jahres“ sucht neuen Besitzer – oder etwa doch nicht?
Ein echtes Märchenschloss ist im Angebot: Schloss Bullachberg in Schwangau. Per E-Mail wurde ein Prospekt verschickt. Doch die Besitzerin lässt mitteilen, dass sie gar nicht verkaufen will. Was ist da los?
Schwangau – „Ein Schloss vor einer grandiosen Opernkulisse. Prachtvoll, spektakulär, verzaubernd“, so beginnt ein Immobilien-Inserat, das ein Starnberger Luxus-Makler gerade an ausgewählte, finanziell sehr potente Kunden verschickt hat. 32 Bilder von dem Schlösschen mit hellgrünen Fensterläden und Türmchen vor 180-Grad-Bergpanorama untermauern das Angebot. Wie es heißt, verrät der exklusive Newsletter nicht. Aber wohl, dass der Ausblick direkt auf die weltberühmten Schlösser Hohenschwangau und Neuschwanstein fällt.
Bayern: Märchenschloss zum Verkauf? Bürgermeister initiiert - „Muss eine Ente sein“
Der „Secret Sale“, das Geheimangebot der Firma Immovision, ist Schloss Bullachberg. Erst vor zehn Jahren erstand Elisabeth von Elmenau das Anwesen in Schwangau im Ostallgäu und zog dort ein. Sie restaurierte das Baudenkmal samt Kapelle, Reitplatz und Stallungen – dafür bekam sie 2017 und 2020 Denkmalpreise. Neben ihrer ökologischen Landwirtschaft vermietet sie vier Ferienwohnungen sowie Räume für Veranstaltungen wie Hochzeiten oder Theateraufführungen.
Auf Nachfrage zeigt sich Schwangaus Bürgermeister Stefan Rinke (CSU) irritiert. „Das muss eine Ente sein“, sagt er. „Frau von Elmenau hat mir versichert, dass sie das Schloss nicht verkaufen will.“ Sie sei eine „Stütze für die Gemeinde“. 2015 habe sie Geflüchtete aufgenommen, jetzt Ukrainer. „Wir arbeiten oft mir ihr zusammen.“
Verwirrung um Inserat von bayerischem Schloss – Prachtbau sorgte jahrelang für Ärger
Als von Elmenau das Schloss 2012 kaufte, war das für die Gemeinde ein glückliches Ende. Jahrelang gab es Ärger um den Prachtbau. Man führte unzählige Diskussionen mit den Vorgänger-Besitzern. Bürger wehrten sich gegen deren Pläne, das Schloss zum Luxus-Hotel auszubauen.
Schloss Bullachberg wurde 1904 erbaut. Es liegt je nur einen Kilometer entfernt von den Traumschlössern König Ludwigs II. und ist quasi als kleine Schwester von Hohenschwangau und Neuschwanstein konzipiert. Aus der Luft betrachtet, bilden sie ein Dreieck – und so fällt der Blick von der Terrasse des 18 Hektar großen Anwesens auf dem Bullachberg direkt auf die beiden Nachbarschlösser.
Das Schloss entstand nach Plänen des Architekten Eugen Drollinger (1858–1930), dem letzten Baumeister Ludwigs II. Treppengiebel, Fassadenturm, Erker, Querhaus und ein steiles Krüppelwalmdach: Der Münchner Unternehmer Emil Papenhagen nutzte den Prachtbau als Sommersitz. 1927 ging es in den Besitz von Raphael Prinz von Thurn und Taxis über, der dort bis zu seinem Tod 1993 lebte.
Seine Erben wollten es in ein Nobelhotel umbauen. Erst nach Jahren voller Auseinandersetzungen erteilte die Gemeinde Schwangau 2002 das Baurecht für ein kleines Luxus-Hotel. Das und ein angedachter Golfplatz entstanden aber nie. Das Schloss stand leer. Der Bebauungsplan bleibt rechtskräftig, betonte der Schwangauer Bürgermeister 2004. Erst 2006 schlug die Porsche AG für sechs Millionen Euro zu. 2011 inserierte diese wieder. Dann kaufte es von Elmenau.
„Immobilie des Jahres“: Besitzerin dementiert Verkauf von Schloss nahe Neuschwanstein
Jetzt, zehn Jahre später, wird wieder über einen möglichen Verkauf des Anwesens spekuliert – auch, wenn das Angebot nur einen kleinen Kreis als „Immobilie des Jahres“ erreicht hat. Ihr Preis? „Auf Anfrage gegen Bonitätsnachweis“, steht in der Hochglanzbroschüre, die per Mail verschickt wurde. Vielleicht entpuppt sich die aber wirklich als „Ente“. Denn: Die Eigentümerin lässt jegliche Verkaufsabsicht über ihre Anwältin dementieren.
Immovision-Chef Oliver Herbst erklärt: „Die Eigentümer denken zur Zeit nicht über den Verkauf nach, kamen aber mit der Bitte auf uns zu, den Markt mit dem Secret Sale einmal zu testen. Nur bei einem exorbitanten Liebhaberpreis würde man gegebenenfalls doch nochmals über den Verkauf nachdenken“. Trotz steigender Energiekosten würde sich wohl ein Käufer finden, da ist Herbst sicher. „Der Verkauf von Premium-Immobilien im Luxussegment läuft gut. Wir haben derzeit vier Schlösser und zwei Burgen in Bayern im Verkauf.“