Trotz Eigentümer-Klage und beantragter Tennishalle
Wo gibt‘s das noch? Traunstein will alten Baugrund wieder der Landwirtschaft zurückgeben
Immer mehr versiegelte Flächen und immer weniger Wiesen für die Landwirtschaft? Die Stadt Traunstein will in einem Fall jetzt genau den entgegengesetzten Weg gehen - und das obwohl ihr der Grund nicht gehört, es einen Bauantrag gibt und juristischer Ärger droht.
Traunstein - Seit Martha Vogl 2016 ihre Tennisanlagen schloss, war die Daxerau immer wieder umkämpft: Was soll mit der Fläche passieren? Wie soll sie bebaut werden? Nachdem dort auch in den vergangenen Jahren immer wieder das Wasser stand, will die Stadt einen Schlussstrich ziehen - und das Areal der Landwirtschaft zurückgeben. Einstimmig war der Traunsteiner Stadtrat am Donnerstag (27. Juli) dafür, den Flächennutzungsplan wieder zu ändern und den Grund landwirtschaftlich auszuweisen.
Stadt bleibt hart: Weder Wohnungen noch neue Tennishalle in der Daxerau
Doch die Fläche gehört nicht der Stadt, sondern einer Rosenheimer Immobilienfirma. Die wollte dort ursprünglich Mehrfamilienhäuser bauen, gegen den Widerstand der Nachbarn. Sie befürchteten, dass sich die Hochwassergefahr dadurch noch mehr verschärft. Nach dem jüngsten bedrohlichen Starkregen und der Ahrtal-Flut im Juli 2021 hatte der Stadtrat dann ein Einsehen. Das Bebauungsplanverfahren wurde gestoppt. Demnach gelte nun wieder der alte Bebauungsplan von 1988, der eine Tennishalle erlaubt - und plötzlich will die Rosenheimer Immobilienfirma keine Wohnhäuser mehr bauen, sondern eine Tennishalle...
„Es liegt ein Antrag zur Neuerrichtung einer Tennishalle vor“, heißt es aus der Stadtverwaltung - doch auch diesen Plänen will man nun den Boden entziehen. Die Lärmbelastung für die Nachbarn müsste erst geprüft werden, aber ganz grundsätzlich wolle man wegen der Hochwassergefahr dort auch keine Tennishalle mehr. Die Klage der Rosenheimer Immobilienfirma auf Schadenersatz wurde schon vor einiger Zeit eingereicht, am 18. September soll am Landgericht verhandelt werden. „Ja, dem Eigentümer wird damit eine Baufläche entzogen. Aber man muss alle Belänge gegeneinander abwägen“, so Traunsteins Bauamtsleiter Bernhard Glaßl.
Neue Pläne, Proteste und Klagen schon seit sieben Jahren
Der Kampf um die Bebauung der Daxerau währt nun rund sieben Jahre lang. Nach dem Ende der Tennis-Anlagen brachte der damalige OB Christian Kegel (SPD) das Areal noch als möglichen Parkplatz für die Landesgartenschau ins Gespräch. Nach dem Bürgerentscheid schien die Richtung dann festzustehen: 120 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Weil die Traun dort zwischenzeitlich Hochwasserschutz erhielt, galt die Daxerau nicht mehr als Überschwemmungsgebiet - doch die angestammten Bewohner des Traunsteiner Ortsteils bekamen es trotzdem mit der Angst zu tun.
„Es ist doch weltfremd, in ein Überschwemmungsgebiet zu bauen. Alle die hier wohnen kennen die Gefahr. Wir wollen nicht absaufen“, so Nachbarin Evi Kern im Januar 2019 gegenüber chiemgau24.de. Der Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags wurde wachgerüttelt und kam im März 2019 zum Vor-Ort-Termin zusammen. Auch der Landtag war skeptisch. Dessen Forderung an die Stadt: Die wasserrechtlichen Gutachten sollten lieber nochmal überprüft werden. Denn es ging nicht nur um ein drohendes Hochwasser von der Traun, sondern auch des Röthelbachs und um herabfließendes Oberflächenwasser vom Hochberg.
Ein gänzlich neues Gutachten, wie es die rund 50 Bewohner der Daxerau und manche Landtagsabgeordnete forderten, gab es nicht. Aber das bestehende wurde von unabhängiger Stelle, von der TU München untersucht. „Für die Bewohner, wie auch für die Unterlieger der Traun bestehen keine Gefahren“, wurde dann erneut festgestellt. Ex-Oberbürgermeister Kegel blieb in der Sache hart: „Irgendwann muss akzeptiert werden, dass Dinge sind, wie sie sind.“ Auch Bürgermeister im weiteren Verlauf der Traun, aus Nußdorf, Traunreut und Altenmarkt, stellten sich gegen das Vorhaben. Doch vor allem mit der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal 2021 kippte dann auch in Traunstein die Stimmung.
xe


