EU regelt den Einsatz von künstlicher Intelligenz
Horrorszenario oder „reine Fiktion“? Gründer-Duo aus der Region über die Zukunft der KI
Selbstfahrende Autos, Chatbots, Playlists von Streamingdiensten, Gesichtserkennung – es gibt viele Bereiche, in denen künstliche Intelligenz bereits Verwendung findet. Die EU-Staaten haben sich nun auf Regeln verständigt, die den Einsatz von KI festlegen. Wir haben mit einem Start-up gesprochen, das mit intelligenter Software arbeitet. Werden wir bald von Maschinen überholt?
Traunreut - Der Passauer Student Max Adelheit und der Chiemgauer Lukas Auburger sind Gründer des Start-ups INQEE. Im Oktober haben sie den AI-Cup gewonnen. Das ist ein Wettbewerb, bei dem es darum geht, KI unternehmerisch einzusetzen. Das Team arbeitet an einer Software, die unter Verwendung von künstlicher Intelligenz für eine bessere Reputation von Unternehmen sorgen soll.
Wie funktioniert künstliche Intelligenz?
Der Einsatz von KI ist immer dann sinnvoll, wenn große Datenmengen verarbeitet werden müssen. Künstliche Intelligenz basiert auf Lernen. Es gibt hier auch die Unterbegriffe maschinelles Lernen, neuronale Netzwerke und tiefes Lernen. Auburger erklärt: „Ich teile meine Daten in Test- und Trainingsdaten auf. Die KI wird zunächst mit Testdaten gefüttert. Da sind Antworten und Lösungen schon vorhanden. Dadurch weiß die KI etwa, dass auf einem Bild ein Affe zu sehen ist. Nach einem gewissen Trainingsprogramm kann sie das Ganze schließlich auf unbekannte Daten anwenden.“
Die Datenmenge und -qualität sind hierbei entscheidend für die Ergebnisse. Kurz gesagt: Je mehr gut aufbereitete Daten, umso besser. Adelheit bestätigt: „Künstliche Intelligenz geht weit über den Algorithmus hinaus. Ein Algorithmus führt immer wieder das Gleiche aus. KI soll sich selbst weiterentwickeln und selbständig anpassen, auch wenn Daten sich verändern.“
KI-Modelle gibt es inzwischen sogar als Open Source, also als meist kostenfrei verfügbare Software. „Das Modell allein bringt aber nicht den Vorteil, sondern die besseren Daten. Daten sind das A und O“, so Adelheit. „Die Leute von Google benutzen die gleichen Modelle wie andere Unternehmen, sind aber besser als die anderen, weil sie einfach diese Unmenge an Daten und den unbegrenzten Zugang zu Daten haben. Das schafft den entscheidenden Vorteil.“
Sind Horrorszenarien wie in Filmen möglich?
Viele haben beim Gedanken an Künstliche Intelligenz bestimmte Filme im Kopf. Bereits 1968 entwarf Stanley Kubrick in „2001 – Odysee im Weltraum“ ein Szenario, bei dem der scheinbar perfekte Supercomputer HAL 9000 ein unberechenbares Eigenleben entwickelt. Er lässt die tiefschlafenden Astronauten sterben und sperrt ein Besatzungsmitglied aus dem Raumschiff aus, da er die Menschen plötzlich als Gefahr betrachtet. Vor weiterem Unheil kann er nur durch eine manuelle Abschaltung abgehalten werden. Bei „Blade Runner“ aus dem Jahr 1983 gibt es sogenannte Replikanten, ausgestattet mit real anmutenden Erinnerungen und dazu geschaffen, den Weltraum zu erforschen. Doch plötzlich töten diese Wesen Menschen. In der „Matrix“-Reihe haben Maschinen die Macht übernommen und nutzen die Menschen als Energiequelle. Ein weiblicher Roboter befreit sich in „Ex Machina“ von von seinem exzentrischen Schöpfer und kämpft mit allen Mitteln für seine Freiheit. - Aber: Sind solche Ereignisse im wahren Leben wirklich denkbar?
Lukas Aubuger sieht das Thema zum jetzigen Zeitpunkt noch sehr gelassen: „Das eine KI die Weltherrschaft übernimmt, ist für mich zu hundert Prozent ausgeschlossen. Das ist im Moment noch reine Fiktion. KI ist nur ein Werkzeug von vielen. In den letzten Jahren hat künstliche Intelligenz auch auf Konferenzen einen Aufschwung erfahren. Viele Keynote-Speaker verkünden schon eine Revolution, aber die ist wirklich noch nicht ausgebrochen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist mir noch keine KI geläufig, die ein Bewusstsein entwickelt hat, auch wenn ein ehemaliger Google-Mitarbeiter das behauptet. Aber in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren kann noch viel passieren.“
Max Adelheit hält es zwar „in der blanken Theorie nicht für unmöglich, dass sich KI eines Tages gegen den Menschen wendet. Aber dafür bräuchte es eine wahnsinnig hohe Rechenleistung. Es gibt nur ganz wenige Computer, die das stemmen können. Es ist schon noch Science Fiction, wenn man sagt, ein Computer könne sich selbst so weit entwickeln, dass er merkt, dass ihn der Mensch begrenzt. Dafür ist die Rechenkapazität einfach nicht da.“
In manchen Bereichen, etwa der Gesichtserkennung, performt künstliche Intelligenz schon ganz gut. Daher darf man auch nicht die potenziellen Gefahren übersehen, die die Entwicklung mit sich bringt. Regierungen wie die in China experimentieren schon damit und registrieren so Menschen auf öffentlichen Plätzen. „Das hat noch einmal eine ganz andere, ethische Komponente, die man separat diskutieren müsste“, so Auburger. Adelheit bestätigt, dass es wichtig sei, mit welchen Daten man KI füttere. So hätte es schon künstliche Intelligenz gegeben, die zum Beispiel sehr rassistisch war.
EU bringt rechtlichen Rahmen auf den Weg
In der EU existiert schon seit 2021 ein Gesetzesvorschlag mit dem Namen AI-Act. Die Europäische Kommission möchte damit einen rechtlichen Rahmen für künstliche Intelligenz schaffen. Beim AI-Act geht es um Produktregulierung. Die Anwendungen von KI sollen nach Risiken klassifiziert und geregelt werden. Das Gesetz könnte zum globalen Standard werden und sich über Europa hinaus auswirken.
Am 6. Dezember hat der EU-Kommunikationsrat eine „Allgemeine Ausrichtung zur Europäischen Verordnung zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz“ beschlossen. Bundeswirtschaftsminister Habeck lobte den Beschluss als „wichtiges Zukunftssignal“. Mit dem Gesetz soll gewährleistet werden, dass die Werte der Europäischen Union sowie die geltenden Rechtsvorschriften über die Grundrechte gewahrt werden.
Habeck denkt bei dem Gesetz auch an Gründer wie die von INQEE: „Gerade junge Unternehmen brauchen Unterstützung und zusätzliche rechtliche Möglichkeiten im Reallabor, um neue KI-Lösungen, zum Beispiel für Umwelt- und Klimaschutz, Gesundheitsversorgung oder nachhaltige Mobilität testen und entwickeln zu können. Das ist ein sehr wichtiger Schritt, der zugleich auch gut zusammenpasst mit unserer Start-up-Strategie in Deutschland.“
Künstliche Intelligenz wird bereits in vielen Bereichen eingesetzt und ist nicht mehr wegzudenken. Sie könnte den Menschen als Herr dieser Welt bald unwichtiger machen. Ob ein ethischer und rechtlicher Rahmen bei der Regulierung helfen kann, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.
mf